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Antonia_88
02.05.2021, 11:08
Hallo zusammen,

ich habe eine Frage an euch und hoffe, hier einige Vorschläge bekommen zu können.

Meine aktuelle Situation: ich bin 33 und habe 2013 meine Facharztweiterbildung Neurologie begonnen und immer in der Klinik 100% gearbeitet. Letztes Jahr habe ich die Facharztprüfung erfolgreich absolviert. Da die Klinik, in der ich mein Psychiatrie-Fremdjahr gemacht habe, mir ganz gut gefiel und ich keine besondere Leidenschaft mehr für Neuro hatte, bin ich dort geblieben und kann Ende 2022 meine Facharztprüfung für Psychiatrie machen. Psychiatrie ist voll mein Ding und ich gehe jeden Tag sehr motiviert arbeiten. Allerdings ist die Anzahl an dienstfähigen Assistenten dank Corona und Schwangerschaften zwischendurch von 23 auf 17 gesunken + 4 Fachärzte, die weniger Dienste machen. Außerdem sind die Bedingungen schlechter geworden - weniger Therapiemöglichkeiten auf Station, keine Präsenz-Weiterbildungen mehr, iR dessen ich mit den Kollegen Austausch habe usw.. Mein Oberarzt hat gekündigt und ab morgen werde ich die Station (die eine sehr unbeliebte Außenstelle ist) allein schmeißen müssen - mit telefonischem Hintergrund durch einen anderen Oberarzt. Dementsprechend sind die Anzahl an Dienste und meine (empfundene) Belastung großer geworden. Ich habe schon Reduktion auf 80% beantragt (mit einem freien Tag/Woche) und wechsele in Juli in die Institutsambulanz.
Zu beachten ist, dass ich nach der 2. FA-Prüfung (wenn Corona vorbei) gute Aussichten auf eine OA-Position hätte. Die Hintergrunddienste sind lt. Oberärzte voll ok. Ein Übergang in eine Praxis möchte ich auf keinen Fall, das würde mich inhaltlich überhaupt nicht reizen. Also bis Ende 2022 bleibt mir nichts Anderes übrig, als im Dienstsystem zu bleiben.

Hier die Problematik: jedes Mal, dass ich Nachtdienst habe, habe ich absolut keine Lust darauf. Insgesamt fühle ich mich unrecht behandelt, weil Funktionsoberärzte und Fachärzte in der aktuell schwierigen Situation auch mehr helfen könnten und schön wäre, wenn meine Funktion als OA-Vertretung durch eine kleinere Dienstbelastung "anerkannt" werden könnte. Die letzten Dienste waren völlig ok, trotzdem habe ich mir ständig gedacht "was mache ich hier? warum muss ich noch Nachtdienste machen?". Finanziell bin ich gut dabei und könnte schon jetzt von Renditen leben, das macht es mit der Motivation natürlich nicht einfacher. Mir ist es völlig bewusst, dass das Problem ausschließlich bei mir liegt - wir reden von nur 3 Nachtdiensten im Monat + 1 Tagdienst am Wochenende und es gibt vieeeel Schlimmeres. Ich habe mir sogar überlegt, ob ich eine Gleichstellung mit den Fachärzten beantragen soll, um weniger Dienste zu machen - ich bin ja Fachärztin, allerdings für eine andere Fachrichtung. Das fände ich allerdings ein bisschen unverschämt.

Die Frage: wie schafft ihr es, motiviert in die Nachtdienste zu gehen und sie nicht als maximales Übel zu nehmen? kennt ihr "Motivationsliteratur" oder so was ähnliches? wie gesagt, ich mag mein Job, nur die Nachtdienste nicht, und es ist mir völlig bewusst, dass es hier um "Jammern auf hohem Niveau" geht. Trotzdem möchte ich meine Motivation wiedergewinnen.

Vielen Dank fürs Lesen und für die Vorschläge!

daCapo
02.05.2021, 11:24
Als Motivation: man hat den nächsten Tag frei,wenn du denn echte Bereitschaft hast und nicht Rufbereitschaft.

War in den Kliniken von mir auch so: Facharzte machen nur wenige Dienste/haben Sonderkonditionen und Oberärzte nur Hintergrund, alle etwas faul & bequem.... Belastung (zb wegen zahlreicher Kündigungen) von Ärzten in Weiterbildung interessiert niemand

Hoppla-Daisy
02.05.2021, 11:29
Fachärzte machen in allen Kliniken, in denen ich war, die gleiche Dienstanzahl wie die Weiterbildungsassistenten :-nix. Sonderkonditionen? Vergiss es.

Mano
02.05.2021, 11:34
Weniger Dienste auszuhandeln wäre zumindest ein Versuch wert.
Ansonsten gibt es ja vielleicht die Möglichkeit die Dienste am Stück - z.B. 9 Nachtdienste hintereinander - zu absolvieren und dafür dann drei Monate lang keinen Dienst mehr. Bis Mitte 2022 wären das dann noch genau 4-5 Nachtdienstblöcke - das motiviert dich ja vielleicht ;-)

daCapo
02.05.2021, 12:12
Fachärzte machen in allen Kliniken, in denen ich war, die gleiche Dienstanzahl wie die Weiterbildungsassistenten :-nix. Sonderkonditionen? Vergiss es.

Ist dann je nach Fach unterschiedlich: Entweder hatten sie weniger Dienste oder garkeine, oder Sonderkonditionen wie "nur freitags".
In der Inneren hatten FÄ tatsächlich weniger Sonderkonditionen.


Weniger Dienste auszuhandeln wäre zumindest ein Versuch wert.
Ansonsten gibt es ja vielleicht die Möglichkeit die Dienste am Stück - z.B. 9 Nachtdienste hintereinander - zu absolvieren und dafür dann drei Monate lang keinen Dienst mehr. Bis Mitte 2022 wären das dann noch genau 4-5 Nachtdienstblöcke - das motiviert dich ja vielleicht ;-)

Wir kennen ihr Dienstmodell nicht, bei 24h Bereitschafts geht 9x hintereinander nicht (wegen 24h frei danach).
Bei Rufbereitschaft ginge es, fände es aber extrem nervig, da man dann fast 10 Tage kaum zur Ruhe kommt...gerade für den Vordergrund ist Rufbereitschaft ja eher ungeeignet als Dienstform.
Wenn es wie in der Pflege wirklich nur Nachtschicht ab 22h ist, ist es ne gute Option das alles hintereinander zu nehmen.

Feuerblick
02.05.2021, 13:04
Bei uns haben Fachärzte auch normale Bereitschaftsdienste in gleicher Anzahl gemacht wie die Assistenzärzte.

Ich kann schon verstehen, dass einen Nachtdienste nerven. Andererseits sind 3 Dienste im Monat nicht viel und wenn das nur bei Jahresende geht, ist ein Ende absehbar. Ich habe mich immer mit „es ist ja nicht mehr lang“ motiviert. Sich bei jedem Dienst selbst zu ärgern, weil man Dienst machen muss, führt am Ende nur zu schlechter Laune und man hat noch weniger Lust…

rafiki
02.05.2021, 13:51
Warum jammerst du auf sehr hohem Niveau, anstatt dich zurück zu ziehen und von der Rendite zu leben?

Antonia_88
02.05.2021, 13:51
Vielen Dank an alle, die geantwortet haben! Unsere Dienste gehen von 19 Uhr bis 8 Uhr morgens ohne Möglichkeit zu schlafen ... an die Möglichkeit, alle Dienste in einem oder wenigen Monaten zu "packen" hatte ich nicht gedacht. Das ist in der Psychiatrie wegen der therapeutischen Kontinuität mit dem Pat. schwierig, allerdings in der Ambulanz vielleicht umsetzbar. Unsere Fachärzte machen keine Tagdienste am Wochenende und insgesamt 2 Nachtdienste. Also ein bisschen besser als die Assistenten. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es sich lohnt so eine Verhandlung zu beginnen, vor allem weil ich die Oberarztposition anstrebe.

Wahrscheinlich ist es für mich im Moment schwierig, weil die Problematik eindeutig durch Corona bedingt ist und es noch nicht absehbar ist, wann es zu einer Besserung kommen wird ...

Antonia_88
02.05.2021, 13:52
Warum jammerst du auf sehr hohem Niveau, anstatt dich zurück zu ziehen und von der Rendite zu leben?

Weil ich die Arbeit wirklich mag ...

Mr. Pink online
02.05.2021, 14:59
Was passiert denn bei euch nachts, dass es gar keine Möglichkeit zu schlafen gibt? Ich hatte immer das Gefühl den Psychiater aufgeweckt zu haben, wenn ich tatsächlich mal nachts einen angerufen habe.

_calendula_
02.05.2021, 15:01
Nur ums mal gesagt zu haben, du jammerst wirklich auf hohem Niveau.

freak1
02.05.2021, 15:35
Was passiert denn bei euch nachts, dass es gar keine Möglichkeit zu schlafen gibt? Ich hatte immer das Gefühl den Psychiater aufgeweckt zu haben, wenn ich tatsächlich mal nachts einen angerufen habe.

Hab ich mich auch gerade gefragt. Was für Notfälle gibt es denn für Psychiater die wirklich regelmäßig mehrfach in JEDEM Dienst auftreten?

Reflex
02.05.2021, 16:04
Das kommt erheblich auf das Einzugsgebiet an. Kliniken in strukturschwachen Bezirken oder mit einem großen Einzugsbereich haben schon recht viel Zulauf. Und Drehtürpatienten, Suchtpatienten oder Patienten, die einfach mal um 3h reden wollen, weil sie nicht schlafen können, gibt es auch zu Hauf. Psychiatrische Dienste sind zwar körperlich oft weniger anstrengend, aber das heißt noch nicht unbedingt, dass man auch schlafen gelassen wird. In meiner alten Klinik wurde eh jeder Furz telefonisch durchgestellt.

Antonia_88
02.05.2021, 16:07
Ich verstehe eure Kritik. Ich habe aber selber von vorne an gesagt, dass es um Jammern auf hohem Niveau ist. Genau darum kommt es mir seltsam vor, dass ich in der letzten Zeit die Dienste so schlecht vertrage - wobei sie im Vergleich mit meiner Neuro-Zeit echt wenig sind.

Wegen Schafen: ich arbeite in einer Großstadt, in der die Menge an Drogenkonsum und damit verbundenen Psychosen mit Zwangseinweisung sowie an "suizidale Alkoholintoxikierte" enorm ist. Außerdem sind wir für die Fremdversorgung (also Pat. ofW und nicht in der Stadt wohnend) auch zuständig, sodass wir ganz oft als Alternative zum Obdachlosenheim vom Rettungsdienst kommentarlos angefahren werden. Und auch wenn es ruhig wäre: wir dürfen nicht schlafen. Mit großem Vorsicht kann man zwei Stuhle zusammentun und dösen, es ist aber kein Schlaf. Vor einigen Jahren wurde jemand dabei erwischt und ist deswegen fast entlassen worden.

anignu
02.05.2021, 16:08
@Antonia: wenn man keinen Bock drauf hat sind Nachdienste sch... Ist so. Seh ich genauso, hatte auch irgendwann keinen Bock mehr drauf. Ich hab mir damals eine Liste gemacht mit den ganzen Vorteilen und Nachteilen und wahrscheinlichen Konsequenzen. Im Endeffekt geht es bei dir noch um eineinhalb Jahre Nachtdienste mit jeweils 1 Nachtdienst + 1 WE-Dienst mehr als die Fachärzte pro Monat. Komplette Befreiung wird man dir nicht geben. Wieso auch? Und diese beiden Dienste pro Monat sind nach deiner Aussage auch noch Corona-bedingt und könnten sich in paar Monaten wieder ändern... willst du dafür ein Fass aufmachen? Ganz ehrlich: Leute die bzgl. Dienste eine Sonderbehandlung haben wollen sind für mich ein grundsätzliches Ärgernis. Ich persönlich will gerne exakt null Dienste machen aber in der Klinik bleiben. Diese Kombination ist ein wenig schwierig. Wenn aber jetzt jemand kommt der weniger machen will, aus welchen Gründen auch immer, dann ist das immer ein Keil der zwischen die Kollegen getrieben wird. Wenn das zugelassen wird. Schwangere ausgenommen, die sind für mich völlig außen vor. Gegen bissl kombinieren oder rumschieben hab ich nix, wenn es fair ist und bleibt. Ich würd an deiner Stelle einfach durchhalten. Vor allem mit der Kombination eh schon wenig Dienste, Niederlassung nicht gewünscht, OA-Stelle in Aussicht etc...
Das große Problem ist: wenn einer eine Ausnahme bekommt wollen plötzlich alle anderen auch eine Ausnahme. Ich hab mal in einer Klinik gearbeitet in der gab es mehr Ausnahmen als "Normale". Ist die Hölle. Und ist jeder Mal ein riesen Kampf...

freak1
02.05.2021, 16:35
Vor einigen Jahren wurde jemand dabei erwischt und ist deswegen fast entlassen worden.

Dann ist es aber Schichtdienst und kein Bereitschaftsdienst. Im BD kann dir dass dein Arbeitgeber nämlich überhaupt nicht vorschreiben. Falls dem wirklich so ist direkt an den Marburger Bund wenden. Eucht steht wahrscheinlich auch ein Bereitschaftsdienstzimmer etc zu.

daCapo
02.05.2021, 16:47
Ich verstehe eure Kritik. Ich habe aber selber von vorne an gesagt, dass es um Jammern auf hohem Niveau ist. Genau darum kommt es mir seltsam vor, dass ich in der letzten Zeit die Dienste so schlecht vertrage - wobei sie im Vergleich mit meiner Neuro-Zeit echt wenig sind.

Wegen Schafen: ich arbeite in einer Großstadt, in der die Menge an Drogenkonsum und damit verbundenen Psychosen mit Zwangseinweisung sowie an "suizidale Alkoholintoxikierte" enorm ist. Außerdem sind wir für die Fremdversorgung (also Pat. ofW und nicht in der Stadt wohnend) auch zuständig, sodass wir ganz oft als Alternative zum Obdachlosenheim vom Rettungsdienst kommentarlos angefahren werden. Und auch wenn es ruhig wäre: wir dürfen nicht schlafen. Mit großem Vorsicht kann man zwei Stuhle zusammentun und dösen, es ist aber kein Schlaf. Vor einigen Jahren wurde jemand dabei erwischt und ist deswegen fast entlassen worden.

Nee Bereitschaftsdienst ist immer mit Zimmer und maximal 50% Arbeitsbelastung im Bereitschaftsdienst (z.B. im Mittel über 3 Monate), ansonsten ist es keine Bereitschaft, sondern eine andere Arbeitsform.

Kann mir vorstellen, dass in der Akut-Psychiatrie viel los ist. Unsere Psychiater (Großstadt) hatten ein Bereitschaftsdienstzimmer und haben dort auch geschlafen..

Hoppla-Daisy
02.05.2021, 16:49
Das hat mich auch stutzig gemacht! Sehe es genauso wie du. Es klingt tatsächlich eher wie Schichtdienst. Im BD wäre das Verbieten von Schlaf in nicht aktiven Zeiten nämlich unbillig!

daCapo
02.05.2021, 17:51
Das hat mich auch stutzig gemacht! Sehe es genauso wie du. Es klingt tatsächlich eher wie Schichtdienst. Im BD wäre das Verbieten von Schlaf in nicht aktiven Zeiten nämlich unbillig!

Ganz nebenbei und Offtopic: Finde das furchtbar, wenn eine nicht passende Arbeitsform für die anfallende Arbeit gewählt wird.

escitalopram
02.05.2021, 19:48
Warum jammerst du auf sehr hohem Niveau, anstatt dich zurück zu ziehen und von der Rendite zu leben?

Warum ziehst du dich nicht zurück statt immer total übergriffig, aggressiv und unangemessen zu "antworten"? Wenn du OA gerade in Psychosomatik bist, tun mir deine Patienten leid.

Es soll ja auch Menschen geben, die auf die Arbeit finanziell nicht angewiesen sind, aber trotzdem gerne arbeiten.

Antonia_88 , erst einmal finde ich nicht, dass du auf "hohem Niveau" jammern würdest. Klar, im Vergleich zum Internisten/Chirurgen/Neurologen ist sicherlich deine Dienstbelastung rel. niedrig. Aber du bist auch kein Internist oder Chirurg. Ich drücke die Daumen, dass du eine Lösung findest! Ich würde zumindest versuchen, eine bessere Alternative bezüglich der Dienste zu finden. Als FÄ für Neurologie steht du viel besser dar, finde ich.