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Doc Bembelwood
20.05.2005, 19:39
Guten Abend,

hatte jemand von Euch schonmal einen Patienten mit Chorea Huntington?

Mir ist heute zum ersten Mal einer begegnet.

Symptomatisch zeigten sich Zuckungen der Gesichtsmuskulatur, sowie Schluckbeschwerden.

Pat. ist m,54, Diagnose wurde vor 4 Jahren mittels MEP und MRT sowie natürlich labortechnisch gestellt.

So tragisch die Krankheit auch ist, ich fands interessant mal etwas zu sehen, was die meisten nur aus dem Lehrbuch kennen...D:-)

RS-USER-Rippenspreizer
21.05.2005, 08:44
Sowas ist natürlich auch furchtbar selten. Und im KTP sicherlich noch einfacher zu managen als wenn es Dir im Rahmen einer kombinierten Notfallsituation aufgetischt wird: Patient mit CH, der vom Auto angefahren wurde. Stell da mal die Differenzialdiagnosen :confused:

Trotzdem sicherlich eine interessante Sache. Gibts noch andere seltene Erkrankungen/Syndrome, die euch im RD/KTP/Klinik begegnet sind?

David Seemayer
21.05.2005, 11:28
Original geschrieben von Rippenspreizer
Gibts noch andere seltene Erkrankungen/Syndrome, die euch im RD/KTP begegnet sind?

Wir hatten einmal ein Neugeborenes mit einem situs inversus totalis, ist zwar keine Krankheit, trotzdem faszinierend.
Ein anderes Mal hatten wir ein Neugeborenes (grade mal einen Tag alt) mit einem Aneurysma der a. pulmonalis, bei dem der trunc. pulmonalis unter der a. carotis durchging (oder so ähnlich, kann mich nicht mehr genau erinnern). bei der Übergabe stand schon der Kardiologe mit Sono da und wir konnten uns noch die Untersuchung ansehen (höchst interessant, mit Doppler und so).

Ach ja, ich ziehe Inkubatorfahrten an.D:-)

MatthiasKlemens
21.05.2005, 12:14
Original geschrieben von David Seemayer
...situs inversus totalis

wie ist das da mit ekg......und sag jetzt keiner einfach den monitor rumdrehen......:D

ich kenn ja nur den normalfall....

gibt ja noch andere geometrische veränderung, hat ja jemand erfahrung oder infos........

RS-USER-Rippenspreizer
21.05.2005, 12:31
Prinzipiell kannste natürlich die Ableitungen genau spiegelverkehrt aufkleben. Oder auch in den verschiedenen Ableitungen hin- und herschalten, bis Du ein verwertbares EKG hast.
Diese Situs inversus- Patienten sind erstmal nur eine Laune der Natur und nicht per se krank. Bei der Diagnostik ist das natürlich etwas tricky; man bedenke, dass Leber, Milz, Herz und Appendix alle auf der "falschen" Seite sind! So kann eine Milzruptur schnell als Appedizitis interpretiert werden...

Viele und gute Infos dazu findet ihr übrigens hier (http://www.kartagener-syndrom.de/situs_inversus.htm)!

Mäuschen
21.05.2005, 14:58
Öhm, jetzt muss ich mal kurz nachfragen.
Meine Schwester hat ihre Organe Seitenverkehrt.
Meint ihr das damit???

Intensivling
21.05.2005, 15:16
Chorea Huntington kommt so selten gar nicht vor ... habe schon 2 oder 3 gesehen ...

RS-USER-Rippenspreizer
21.05.2005, 16:28
Ich denke, das ist schon ziemlich selten.

1.hast Du sicherlich schon mehrere 1000 Patienten gesehen,
2.arbeitest Du auf einer neurochirurgischen Intensiv.

Statistisch ist das also sehr spärlich :D

RS-USER-Kermit
21.05.2005, 16:47
Hatte jetzt dreimal Patientinnen mit nem Morbus Meniére (bzw. zweimal V.a.)...
Außerdem wäre da noch ein dekompensierter Morbus Addison :)

Ute Rus
21.05.2005, 18:09
Spontan fällt mir eine Schwangere mit einem Tourette-Syndrom ein.
Allein das Syndrom find ich schon selten! Aber irgendwie interessant.

Eine Schwangere mit Contergan-Schäden (keine Arme), eine mit Kinderlähmung, eine mit Spina bifida. Diese "Krankheiten" sind vielleicht nicht so selten, aber in Verbindung mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett schon eine Herausforderung auch an meinen Berufsstand.

Ein Kind mit Anenzephalus, eins mit Osteogenesis imperfecta, ebenfalls ein Kind mit situs inversus, leider diverse Kinder mit Chromosomenschäden von Down über Edwards bis Potter... :(

Soweit die traurige Zeit der medizinischen Sonnenseite...

Intensivling
21.05.2005, 18:32
Original geschrieben von Rippenspreizer
Ich denke, das ist schon ziemlich selten.

1.hast Du sicherlich schon mehrere 1000 Patienten gesehen,
2.arbeitest Du auf einer neurochirurgischen Intensiv.

Statistisch ist das also sehr spärlich :D

Da geb ich dir irgenwie recht Daniel :D

Intensivling
21.05.2005, 18:33
Also ich sah mal eine Patientin mit einer Haldol - Unverträglichkeit ... das war das schlimmste Krankheitsbild das ich je sah !

krumel
21.05.2005, 19:13
Wir haben gerade jemanden mit einem doppelten Arcus Aortae schlafen geschickt.. Auch eine sehr sehr sehr seltene Laune der Natur, zumindstens nach meiner Info..

Xaxis1
22.05.2005, 11:55
Wir haben ein Kind, das aufgrund diverser Gendefekte (Mama und Papa sind zu nah verwandt) neben dem Dandy-Walker-Syndrom KEINE Augäpfel besitzt - leider regelmäßig in der Schule auf den Kopf fällt :mad: Erleichtert die Diagnostik nicht wirklich...

Dann diverse Skoliosen, teilw. so arg, daß Wirbel für "festes, nicht verschiebbares unklares Gewebe" im Bauchraum gehalten werden und erst Sono etc gemacht wird. bi man das mit dem Wirbel glaubt.

Außerdem ein Mädel mit argen Schlundkrämpfen (sowas hab ich nie zuvor erlebt und auch nie davon gelesen oder gehört): Durch die Spastik fällt die unge zurück, sie würgte, ringt um Luft und läuft blau an - verwirrt anwesende Mediziner (v.a. wg Blutspuckens eines anderen Kindes) immer SEHR, wenn man sagt: Laßt die, das wird gleich wieder D:-)

RS-USER-Rettungsziege
22.05.2005, 14:58
Mein Bruder hat das Asperger-Syndrom (Form des Autismus).
Es war sehr schwierig erstmal eine vernünftige Diagnose zu bekommen, weil anscheinend auch unter Ärzten nicht sehr bekannt. Außerdem ist es furchtbar schwer Therapieplätze zu bekommen.

RS-USER-Schädelspalter
23.05.2005, 08:57
Am ersten Tag meiner ersten Famulatur hielt mir die Stationsärztin ein Serumelektrophoresediagramm unter die Nase: ein riesiger M-Gradient bei einem Patienten mit Anämie, die KM-Punktion bestätigte dann den Plasmozytomverdacht. O.K., ist jetzt nicht soooo selten, aber wenige Wochen zuvor habe ich mich noch aufgeregt, weil in meinem Klinische-Chemie-Kurs so auf Elektrophoresen "rumgeritten" wurde...
Im Zivildienst habe ich einen Mann gesehen, der während seines Aufenthaltes wegen einer Thrombose eine paradoxe Embolie (Gehirn) erlitten hat...
Als Sektionsgehilfe sah ich einen Mann, der eine zweizeitige Milzruptur hatte und durch seine KHK wegen seines Volumenmangelschocks Angina pectoris entwickelte, die das Ganze so verkomplizierte, dass er das leider nicht überlebte (habe ich hier leicht abgewandelt auch mal als Fallbeispiel gepostet).

Etwas wirklich seltenes habe ich im PJ gesehen: einen bedauernswerten Mann mit Morbus Chester-Erdheim . Weltweit sind erst wenige hundert Fälle seit der Erstbeschreibung 1930 bekannt.
Wer näheres wissen will:
Fortschr Röntgenstr 2003; 175: 992-993 ,
Die Erdheim-Chester-Erkrankung: Radiologisches Erscheinungsbild
S. M. Niehues, F. C. Riechert, A.-J. Lemke

daraus:

Die Erdheim-Chester-Erkrankung (ECD) stellt eine seltene Form der multisystemischen Lipoidgranulomatose unbekannten Ursprungs dar, die normalerweise Erwachsene jenseits des 40. Lebensjahres befällt
(...)
Manifestationsorte der ECD sind Knochen, Lunge, Haut, ZNS, Retroperitoneum und Orbita. Eine typische Befundkonstellation umfasst einen schmerzhaften, symmetrischen osteosklerotischen Befall der langen Röhrenknochen, Xanthome um die Augenlider, Exophthalmus und/oder Diabetes insipidus. Ungefähr 35% der Patienten haben begleitend eine interstitielle Lungenerkrankung.
(...)
Die ECD wird zusammen mit dem eosinophilen Granulom, der Langerhanszellhistiozytose, der Hand-Schüller-Christian-Erkrankung und dem Morbus Abt-Letterer-Siewe zu der Gruppe der Histiozytose X gezählt. Das klinische Bild der ECD ist oft schwierig und beinhaltet viele Überschneidungen mit den weiteren Erscheinungsformen der Histiozytose X

RS-USER-Katja
27.11.2006, 18:53
Ich hatte letztens mal wieder so ein Problem... Alarmmeldung "Kind mit Atemnot", naja, zu dieser Jahreszeit läuft man da auf der geistigen Schiene "Pseudokrupp", besonders in den Nachtstunden. Dem war aber nicht so, daß war schnell klar. An der Straße standen wartens Mutter mit Kind auf demArm und diverse Familienmitglieder, von denen die Mutter glücklicherweise am besten deutsch sprach.
Kind war 2 Jahre alt, der Kopf viel zu groß, der Körper winzig und schlaff. Den Stridor hörte man schon beim Aussteigen aus dem NEF. Wir wurden begrüßt mit "Er hat ein Syndrom, damit gibt es nur 91 Kinder auf der Welt" (ja und ICH soll jetzt wissen welches???). Leider war der Name des Syndoms nicht rauszukriegen (nicht daß es mir weitergeholfen hätte, ich bin ja nun kein Neuropädiater...), aber geschlagen war der Kleine mit Blindheit, Taubheit, Retardierung, fokalen epileptischen Anfällen - und einer Trachealstenose. Er habe sich heute übergeben, der Beschreibung nach tat er das öfter, fraglich aspiriert und nun im Lauf des Abends diesen Stridor entwickelt.
Was tut man da? Hacken in die Hand, Sauerstoff mit Supravernebelung auf die Nase (und siehe, die SaO2 stiegt darunter von 78% auf 98, wenn man den Kopf ein bißchen unterstützend lagerte, um die Atemwege weitestgehend zu öffnen), Kinderklinik anrufen und sagen "Wir kommen!". Besonders die fast halbminütigen Atemaussetzer machten mich unglücklich (Beutel lag bereit, aber auf Intubation bei bekannter Trachealverengung war ich auch nicht echt scharf...).
Für die fand die KiKli dann aber auch bald eine Erklärung, als wir da ankamen: Das initiale pCO2 war 149 (!!!) mmHg. Die haben ihn dann intubiert und runterventiliert, antibiotisch abgedeckt und eine Woche später wieder nach Hause entlassen, den armen kleinen Wurm :(
Nur mit dem Syndromnamen kann ich leider nicht dienen; es klang wie "Sheehan", aber das ist ja nun ganz was anderes ;)

RS-USER-Rugger
27.11.2006, 19:49
Das hört sich mal so RICHTIG unangenehm an...
Original geschrieben von Katja
Nur mit dem Syndromnamen kann ich leider nicht dienen; es klang wie "Sheehan", aber das ist ja nun ganz was anderes ;) Vielleicht findest Du ihn ja hier (http://www.answers.com/topic/list-of-rare-diseases#wp-S)...

R.

RS-USER-Claudi
28.11.2006, 11:14
Ein Freund hatte SLE - systemischen Lupus erythematodes. Das Schlimmste an der Sache war, dass er wirklich lange Zeit von Arzt zu Arzt gepilgert ist, bis endlich einer des Pudels Kern fand.
Er ist übrigens letztes Jahr an einer Meningitis gestorben.

Schätze, das ist das Hauptproblem bei nicht ganz so häufigen bzw. seltenen Erkrankungen: Der Arzt guckt einen groß an - und hält dich für einen Simulanten...

divemedic
29.11.2006, 09:18
... es klang wie "Sheehan", ...

Ein Sheehan-Syndrom kann's wirklich kaum gewesen sein. Möglicherweise war es aber ein Arnold-Chiari-Syndrom?
Der Typ III des ACS ist sehr selten.

http://www.gesundheitstrends.de/service/selbsthilfe/acm.php

Gruß

Andi