Klingt im Vergleich zur Gießener Vorklinik (Regelstudiengang) recht unentspannt
Klingt im Vergleich zur Gießener Vorklinik (Regelstudiengang) recht unentspannt
Danke für den Bericht
Da ich etwas prokrastitatorische Züge habe wäre es für mich wahrscheinlich besser ständig druck zu haben und nicht nur zum Ende des Semesters ^^
Hallo, ich bin auch ehemalige Warterin, hatte vorher eine Ausbildung zur MTLA gemacht und komme jetzt ins 3. Semester in Aachen. Dort gibt es ja ebenfalls den Modellstudiengang, der sich allerdings komplett unterscheidet von anderen Modellstudiengängen wie z.B. dem in Köln, da wir in „Organblöcken“ lernen.
Ich persönlich bin bisher extrem zufrieden, hier an der Uni gibt es einen sehr großen Zusammenhalt zwischen den Studenten und den Jahrgangsstufenkoordinatoren und Dozenten, so dass man eigentlich mit allen Wünschen und Sorgen immer auf Hilfe stößt.
Wir hatten im ersten Semester erstmal ein mehrwöchiges Praktikum in Notfallmedizin und Erster Hilfe, also bereits direkt Praxis-Bezug. Danach lag der Fokus auf Chemie, Physik, Bio, Biochemie, Physiologie, Terminologie etc., also auch wenn es ein Modellstudiengang ist, wird man damit nicht verschont. Allerdings wurden hier bei uns Brückenkurse in Physik und Chemie angeboten, die von älteren Studenten gehalten werden, damit auch Studenten mit wenig oder keinen Vorkenntnissen die Klausuren gut bestehen können.
Zu der Frage mit dem Vorwissen: ich habe das Gefühl, bisher durch mein Vorwissen schon extrem profitiert zu haben. Klar musste ich einiges auch nochmal lernen (vieles sogar…), aber allein die Tatsache, dass man mit vielen medizinischen Fachwörtern bereits was anfangen kann ist schon eine große Hilfe. Ich weiß nicht wie es an anderen Unis ist, aber bei uns wurde direkt mit Fachwörtern um sich geschossen (was sich ja oft auch nicht vermeiden lässt) und wenn man da schon eine Basis hat ist das ein großer Vorteil. Ich habe nach meiner Ausbildung 5 Jahre lang gearbeitet und bin dementsprechend zum Fachidioten geworden und hatte unheimlich viele Dinge aus anderen Bereichen wieder vergessen, aber ich hatte schon das Gefühl, dass man, wenn man sich dann wieder mit bekanntem Stoff befasst, den besser und schneller wieder drin hat. Es gab auch einige Klausuren, in denen ich durch Vorwissen Fragen besser beantworten konnte. Das heißt aber nicht, dass man es ohne nicht auch schafft oder dass man mit Vorerfahrung automatisch alles immer besteht. Da ich MTLA bin und dadurch Patienten nur in Teilen zu Gesicht bekomme, kann ich nichts dazu sagen, ob man bei der praktischen Arbeit profitiert. Ich für meinen Teil sehe aber Berufserfahrung/Lebenserfahrung gerade in diesem Job als ganz großen Vorteil an, ich hätte das Studium vor 7 Jahren ganz sicher nicht so gut gemeistert wie jetzt.
Im kommenden dritten Semester beginnen bei uns auch schon die Untersuchungskurse, also kann ich zumindest was Aachen betrifft, bestätigen, dass man im Modellstudiengang schon früh praktische Erfahrungen machen kann. Wir haben ab dem 4. Semester die Möglichkeit uns schon in bestimmte Richtungen zu „spezialisieren“, d.h. es gibt in verschiedenen Bereichen (Unfallchirurgie, Transfusionsmedizin, Palliativmedizin, Ethik, Sportmedizin etc.) zusätzliche Veranstaltungen/Kurse, die man sich selbst aussucht. Pflicht ist nur, am Ende auf eine ausreichende Punktzahl zu kommen. Und auch hier gibt es super viele Angebote mit direktem Patientenkontakt, z.B. kann man einen Patienten palliativmedizinisch begleiten, einem Arzt einen Tag mal bei Allem über die Schulter schauen, Nahttechniken verbessern etc.
Tut mir leid, dass mein Text jetzt so lang geworden ist, ich könnte immer weiter schreiben, weil es einfach so viele Dinge gibt, über die man berichten kann.
Wichtig ist einfach, Vorerfahrung hin oder her, immer am Ball zu bleiben, es ist einfach eine Tatsache, dass es Studenten, die immer alles bis auf den letzten Drücker aufschieben, viel schwerer haben die Klausuren zu bestehen und nicht wenige von denen mussten in den Semesterferien einige Klausuren nachschreiben. Ich sage nicht, dass es nicht auch Ausnahmen gibt, aber gerade in einem Fach, wo man mit Wissen bombardiert wird, schafft man es einfach nicht (ohne fotografisches Gedächtnis) alles innerhalb von wenigen Tagen GUT aufzuarbeiten. Vielleicht reicht es dann so gerade für die Klausur, aber mal ganz im Ernst, man will doch später auch einen gewissen Grundstein an Wissen haben, man möchte (hoffentlich) ein guter Arzt sein und da ist jede Information mehr die man mitnimmt Gold wert. Gerade in Aachen lernen wir in einer „Lernspirale“, d.h. viele Inhalte werden im Laufe des Studiums irgendwann mal wiederholt und spätestens dann zahlt es sich aus.
Ich kann auch nur ganz deutlich dazu raten die Grundlagen der Chemie so zu lernen, dass man sie verstanden hat, das ist eine enorme Hilfe um später Biochemie und dann z.B. Krankheitsentstehungen etc. zu verstehen!!! Und auch wenn man manchmal aufgrund der Menge ums Bulimie-Lernen nicht drumrum kommt: versucht so viel wie möglich auf „Verstehen“ zu lernen, das ist anfangs dann zwar mehr Arbeit und investierte Zeit, aber es wird sich später auszahlen.
Was Lernmaterialien betrifft: bisher habe ich noch nie das Gefühl gehabt zu wenig zur Verfügung zu haben. Allerdings weiß ich nicht wie es später bei der Ersten Ärztlichen Basisprüfung (unser Physikum) aussehen wird, wobei es bisher immer so war, dass wir bis zum Erbrechen mit Lernmaterial der höheren Semester vollgestopft wurden. Und auch die meisten Dozenten bereiten einen sehr gut vor mit zusätzlichen Fragenkatalogen zum Durcharbeiten, an denen man die Schwerpunktsetzung erkennt. Das Staatsexamen am Ende ist dann ja wieder einheitlich .
Falls noch Fragen bestehen, immer her damit
Die Aussagen über Aachen kann ich so teils nicht bestätigen, wobei ich nicht weiß wie es früher war. Jeder Modellstudiengang muss sich natürlich auch erstmal etablieren und wird im Laufe der Zeit angepasst und verändert. Aber ich habe 2 Freundinnen, die beide im Regelstudiengang in Bonn sind und habe nicht das Gefühl, dass sich das Lernen der Naturwissenschaften groß unterscheidet (wie sollte das auch gehen!?). Dementsprechend waren unsere Klausuren auch ganz normale Chemie-/Physik-Klausuren. Biochemie fiel bei uns u.a. in das größere Fach Zellbiologie und hier gab es dann schon klinischen Bezug, was ich aber immer als Vorteil angesehen habe, da man bestimmte Dinge so besser verstehen kann.
Ebenfalls nicht bestätigen kann ich die Aussage, dass man klinisches Wissen aufgrund fehlender Anatomie-/Physiologie-Grundlagen nicht anwenden kann. Bereits im 2. Semester haben wir schon einen guten Überblick über die wichtigsten Organe und deren Funktionsweise/Aufbau erhalten. In den kommenden Organblöcken dreht es sich ausschließlich um Anatomie/Physiologie/Pathologie. Man lernt also beispielsweise im Organblock Herz-Kreislauf alles wichtige an Anatomie, Funktionsweise, Krankheitsentstehungen und Behandlungen, man setzt also alle Puzzleteile auf einmal zusammen (dieses System mag nicht für jeden etwas sein, es bietet Vor- und Nachteile, ich persönlich finde es aber gut so, wobei ich anfangs auch skeptisch war). Und auch unser Physikums-Äquivalent dreht sich nur um die Organblöcke, d.h. wir haben keine direkte Chemie-Klausur mehr oder sowas, aber Naturwissenschaften wird man im Studium immer mitschleppen, wenn auch nicht als eigenständiges Fach.
Also abschließend: Modellstudiengänge enthalten definitiv nicht weniger Naturwissenschaften, wir haben lediglich keine extra Klausur im "Physikum", dafür werden dort andere Inhalte abgefragt. Da kann ich also wieder zustimmen, nur weil es Modellstudiengang heißt, ist es nicht leichter, es gibt nur andere Schwerpunkte. Was Praxisbezug und Patientenkontakt angeht, habe ich ja oben schon was zu gesagt, kann ich also auch nicht bestätigen.