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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #1
    Premium Mitglied Avatar von Paracelsus
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    Seit 01.10.2013 in der Praxis tätig
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    Hallo !

    Da ich generell der Auffassung bin, dass es gut ist, über eventuelle
    Fehler, die man gemacht hat, zu reden, stelle ich hier heute mal
    einen Bericht rein. Möglicherweise profitieren dann ja auch andere
    von meiner Erfahrung.

    Folgendes ist passiert:
    Vor 3 Tagen hatte ich als Internist an einem Kreiskrankenhaus Dienst.
    Dabei muß ich sagen, dass ich neben der Notaufnahme dann auch noch
    die Intensivstation (8 internistische Intensivbetten) mit betreuen muss.

    So gegen 18:30 Uhr bringt der RTW einen 85jährigen Mann. Angaben
    vom Notarzt: "Hat vermutlich Hämatin erbrochen, außerdem sieht es
    so aus, als ob der rechte Mundwinkel hängt."

    Ich mache eine ausgiebige Anamnese. Der Patient reagiert auf alle Fragen
    adäquat, das Sprechen macht ihm nur etwas Mühe, da er von den Bronchien
    her ziemlich verschleimt ist. In dem Gespräch ergeben sich KEINE Hinweise
    auf eine GI-Blutung, der Patient gibt an, er habe zwar 2 x erbrochen, aber kein Blut oder "schwarzen Magensaft", sondern "normalen Speisebrei".
    Das sei am Morgen gewesen. Schon da habe er sich sehr schlapp und schlecht gefühlt und habe aus eigener Kraft kaum das Bett verlassen können.
    In der Untersuchung fällt mir dann ein Abweichen der Zunge nach links auf,
    der Mundwinkel hängt eher nicht. Allerdings ist die Kraft in der linken Körperhälfte diskret gegenüber rechts vermindert. Beim Sitzen auf der Bettkante, neigt der Patient dazu, nach links zu kippen.

    Ich veranlasse dann ein CCT. Befund: Keine frische Ischämie, keine Blutung
    und kein Tumor erkennbar. Okay, denke ich, ein Infarkt demarkiert sich ja
    auch oftmals erst später, so nach 24 oder 48 h. Da die Symptomatik nicht
    frisch zu sein scheint (Schwächegefühl und Übelkeit mit Schwindel seit dem
    Morgen) ziehe ich eine Lyse erstmal nicht in Betracht. Ich gebe 500 mg
    Aspisol (ASS) und verordne dann 100 mg ASS täglich. Dann weise ich
    die Schwestern auf Station an, auf Temperatur, BZ und Blutdruck zu achten,
    ordne hierfür auch eine entsprechende Bedarfsmedikation (Insulin, Nitrospray
    und Paracetamol) an. Der Patient bekommt dann noch ein Rö-Thoraxbild,
    auf dem ich nichts Besonderes sehe (und auch der Radiologe später nicht).
    Dann kommt der Patient auf die Station und ich gehe um 20:00 Uhr nach Hause als meine Schicht endet. Den Patienten habe ich auf Station nicht
    mehr besucht, da es einen zweiten Diensthabenden gibt, der die peripheren
    Stationen betreut und ich auch von der Station selbst aus nicht mehr
    gerufen worden bin.

    Nun ja. Als ich am anderen Morgen zum Dienst komme, erfahre ich in der
    Frühbesprechung, dass der Patient dann nachts gestorben ist, offenbar
    an einem Schlaganfall.

    Früher habe ich ja selbst mal gesagt:
    EIN SCHLAGANFALL GEHÖRT NICHT IN DIE HAND EINES INTERNISTEN,
    SONDERN IN DIE DES NEUROLOGEN !!!

    Entsprechend mache ich mir nun irgendwie Vorwürfe, wenngleich
    mein Verhalten von keinem Vorgesetzten kritisiert wurde:
    Hätte ich etwas anders machen können bzw. müssen ?
    Den Patienten vielleicht doch in eine neurologische Klinik verlegen
    (wir haben keine Stroke Unit im Haus) ?

    Bin mal auf Eure Kommentare gespannt...

    Gruß Paracelsus
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  2. #2
    Platin Mitglied Avatar von tonexxx
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    18.08.2004
    Ort
    Köln
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    Als ich das Wort "Fehler" gelesen hatte, wollte ich dir noch empfehlen, den Fall auch mal in ein CIRS einzutragen. Nachdem ich dann deine Epikrise gelesen habe, kann ich allerdings kein offensichtliches Fehlverhalten mehr finden.

    Eine Frage bleibt für mich noch offen: musstest du das native cCT bei Aufnahme selbst befunden? Und wenn ja auch noch die Anschlussfrage: hat der Radiologie später mehr gesehen?

    Ansonsten halte ich den Fall für einen "schicksalhaften Verlauf", vorausgesetzt es ist von euren Chefs erwünscht, Strokes internistisch aufzunehmen.

    In meinen Augen einer der klassischen Fälle, wo man sich eine pathologische Sektion wünscht ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen, um eben aus möglichen Fehlern lernen zu können...

    Edit: Sehe genauso wie du das Lyse-Zeitfenster als verstrichen an.



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  3. #3
    Premium Mitglied Avatar von Paracelsus
    Mitglied seit
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    Seit 01.10.2013 in der Praxis tätig
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    Hallo !

    Danke für Deine Stellungnahme, das beruhigt mich etwas.
    Was das CCT angeht, so hat das ein Radiologe befundet, der
    Rufbereitschaft hat. Somit war der Befund auch valide.

    Strokes nehmen wir als Internisten hier generell auf.
    Nur bei Lyse-Indikation oder eben bei nicht eindeutigem
    Krankheitsbild (z.B. V.a. Meningitis) wird eine Verlegung
    in eine neurologische Klinik angestrebt, die etwa
    20 Auto-Minuten entfernt liegt.

    Gruß Paracelsus
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  4. #4
    verfressen & bergsüchtig Avatar von Evil
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    15.951
    Ich kann da kein Fehlverhalten sehen.
    - das Lysefenster war längst verstrichen
    - Du hast eine Thrombozytenaggregationshemmung in die Wege geleitet
    - Lyse und/oder Vollheparinisierung sind eh kritisch zu hinterfragen, wenn eine GI-Blutung im Raum steht

    Was hätte eine Stroke Unit anders gemacht?

    Und, seien wir mal ehrlich, Du wirst es noch häufiger erleben, daß Dir 85jährige Patienten versterben...
    Weil er da ist!
    George Mallory auf die Frage, warum er den Everest besteigen will



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  5. #5
    Platin Mitglied Avatar von tonexxx
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    Gerne.

    Nachdem meine letzten Fragen beantwortet wurden und Evil die Fakten nocheinmal so schön zusammengefasst hat, kann ich bei meiner Einschätzung bleiben: ein schicksalhafter Verlauf.



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