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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #1
    Registrierter Benutzer
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    Hallo,

    drastische Threadtitel, aber gerade fuer mich aktuell und ich wollte einfach mal andere Meinungen hoeren.

    Ich erlebe bei einem Praktikum auf einer internistischen Station gerade einen sehr alten lange bettlaegrigen Patienten der sich mal geweigert hatte zu essen und zu trinken. Mittlerweile isst und trinkt er wieder, aber sehr wenig. Ich fuettere ihn, und wenn er auf meine Frage ob er noch was essen will "nein" sagt, wirklich sagt, ich aber in dem Ein-und Ausfuhrprotokoll erkennen kann, dass er eigentlich zu wenig isst, bin ich hin und her gerissen das zu akzeptieren, oder ihm wenigstens noch mal die Schnabeltasse mit Suppe an den Mund zu halten (nicht in den Mund). Ich will mich hier wirklich nicht aufspielen, aber es ist halt Thema. Eine Schwester hat heute wie selbstverstaendlich die Schnabeltasse mit hochkalorischem Drink zwischen seine Lippen gesteckt und angekippt ohne zu fragen und obwohl der Patient das Gesicht verzogen hat. Ich fand das irgendwie ungeboten. Darauf angesprochen meinte die Schwester "man kann ihn doch nicht verhungern lassen". Aber vielleicht eben doch?

    Ich sehe natuerlich, dass die Pfleger Aerger bekommen koennten, wenn auf dem Ein-und Ausfuhrprotokoll zu wenig drauf steht. Der Patient ist sehr dement, er ist sicher nicht mehr einwilligungsfähige in dem Sinn, dass er Bedeutung und Tragweite, das Für und Wider einer medizinischen Maßnahme erfassen, die Chancen und Risiken abwägen und seinen Willen entsprechend bilden kann. Ueber eine PEG fuer ihn kann er sicher nicht mehr entscheiden.

    Auf der anderen Seite ist er zwar sehr dement, aber z.b. erkennt er noch einzelne Pfleger, seine Frau, die ihn oft besucht. Auch erinnert er sich sehr wohl noch an Ereignisse aus seinem Leben, sagt "kalt" und schaut aufs Fenster, wenn man das Fenster zu machen soll. Auf jeden Fall erkennt er Nahrung als solche, waehlt zwischen 2 Geschmacksarten, ... Gibt es eine Stoerung, bei der man keinen Hunger bekommt wenn man physiologisch Nahrung braucht? - so etwas ist auf jeden Fall nicht diagnostiziert.

    Ich nehme deswegen also an, dass er ab und zu Hunger und Durst hat und diese Signale "Hunger" und "Durst" auch richtig interpretieren kann. Ich nehme auch an, dass er noch weiss, das Suppe gegen Hunger hilft und was es bedeutet wenn man lange nichts oder zu wenig isst. Er kam nach Gewichtsabnahme in KH, dann nahme er zu, dann wars ein paar Wochen stabil, gerade nimmts wieder ab. OK, wenns stabil ist oder gar zunehmend eruebrigt sich die Frage, aber wenns bei kachektischem Ernaehrungszustand wieder ab nimmt? Ich nehme an, dass er dann zu trotz Hunger Nahrung verweigert. Was sollte man dann machen? Ich denke Schnabeltasse zwischen die Lippen und kippen geht einfach zu weit.

    Ich stelle die Frage hier auch, weil ich sie hypothetisch interessant finde. Nochmals, ich will mich wirklich nicht zum Herrscher ueber Leben und Tos aufspielen.

    Freue mich auf eure Beitraege!



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  2. #2
    Krüppelkatze
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    Der Mann kann natürlich nicht über die Anlage einer PEG entscheiden, dafür sind Betreuuer/Vormund zuständig und je nach seinem Zustand muss das mit demjenigen auch besprochen werden.
    Aber in der Situation, dass man ihn füttert/ihm zu trinken gibt, und er lehnt ab, sollte man es lassen. Allein schon deshalb, weil man im Zweifelsfall ne Aspiration provoziert, wenn man nem unwilligen Dementen irgendwas in den Mund kippt (insofern ging das, was die Schwester da gebracht hat, garnicht).
    Es ist generell so, dass ältere und insbesondere demente Patienten weniger Hunger- und Durstgefühle haben. Sollte man sich darüber hinwegsetzen? Abgesehen vom Aspirationsproblem (das dem Patienten über eine Pneumonie ganz flott den Garaus machen kann) denke ich, dass man auch bei Dementen in einem gewissen Rahmen körperliche Autonomie zulassen muss. Natürlich kann man jemanden nicht in seinen Exkrementen liegen lassen, weil er das Waschen doof findet. Aber warum soll ein Dementer nicht entscheiden können, was er wann isst und trinkt?
    Im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz ist das Verabreichen von Nahrung und Flüssigkeit (und besonders die Anlage einer PEG) gegen den Willen des Dementen meiner Meinung nach eine lebensverlängernde Maßnahme und man muss schon überlegen, ob das dem mutmaßlichen Patientenwillen entspricht oder nicht.
    I explained that the difference in being sick and being healthy is having to make choices or to consciously think about things when the rest of the world doesn’t have to. The healthy have the luxury of a life without choices, a gift most people take for granted.



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  3. #3
    Diamanten Mitglied Avatar von Relaxometrie
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    Da eine dementielle Erkrankung (zumindest derzeit noch) irreversibel ist, muß man meiner Meinung nach die Frage stellen, wieviel "Medizin" zu welchem Zeitpunkt noch sinnvoll und menschenwürdig ist.
    Dem widerwilligen Patienten eine Schnabeltasse in den Mund zu stecken geht mMn zu weit. Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, ab dem man "nur noch" (in Anführungsstrichen, da auch diese Aufgabe anspruchsvoll ist) palliativ tätig sein sollte. Und das beinhaltet, daß der Patient eine grundlegende Körperpflege erhält und weder Durst/Hunger/Schmerzen hat.
    Allein bei Flüssigkeitsmangel würde ich aufgrund des verringerten Durstempfindens alter Menschen ein wenig bestimmter vorgehen und auch öfter versuchen, Flüssigkeit zu geben. Aber Ernährung gegen den Willen des Patienten halte ich bei einer fortgeschrittenen irreversiblen Erkrankung für falsch.



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  4. #4
    Registrierter Benutzer
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    Zitat Zitat von Keenacat Beitrag anzeigen
    Aber in der Situation, dass man ihn füttert/ihm zu trinken gibt, und er lehnt ab, sollte man es lassen. Allein schon deshalb, weil man im Zweifelsfall ne Aspiration provoziert,
    Mmh... ich weiss, dass mit seinen Entzuendungswerten was nicht stimmt, dass er Schleimloeser bekommt, und das er vor 5,6 Tage mal 2 Tage Fieber hatte. Der Rest ist aber wirklich Spekulation.



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  5. #5
    Herzschamane
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    Ganz abgesehen davon, dass das "reinkippen" von Nahrung meines Erachtens nach gar nicht in Ordnung ist, ist das ja auch nicht die Lösung des Problems. Wenn du dir jetzt Zeit nimmst, ihm das Essen zu reichen, dann ist das super, aber leider haben Pflegeheime nicht die Zeit dazu - das könnte eventuell nur klappen, wenn der Pat. zu Hause versorgt wird. Und dir ist ja selbst aufgefallen, dass er zu wenig Kalorien zu sich nimmt. Also steht hier eigentlich ein Gespräch mit den Angehörigen an, es sollte bei der fortgeschrittenen Demenz einen Betreuer für den Pat. geben. Vielleicht hat sich der Pat. ja in einer Patientenverfügung gegen eine Ernährung über Sonde erklärt, dann würde man sich auf eine palliative Versorgung mit einer unterstützenden Therapie (etwas Flüssigkeit i.v., Schmerzmedikation gegen Durst und Schmerzen und Luftnot, ...) zurückziehen. Ebenso sollten Vorerkrankungen nicht ausser Acht gelassen werden. Wenn der AZ sonst noch ganz gut war, es aktuell nur am Essen hapert und die Angehörigen belegen können, dass eine Ernährung über Sonde im Sinne des Patienten gewesen wäre, dann könnte man zunächst mit einer nasogastralen Magensonde beginnen und ihm darüber Nahrung zugeben - im Verlauf steht dann die PEG-Anlage an. Aber man muss das im Einzelfall entscheiden - das "reindrücken" von Nahrung ist sicherlich kein Lösung.



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