Dann will ich auch mal. 33 Jahre alt, mit 30 angefangen, Klinikfrischling.
1. Welche Motivation treibt dich zu der Entscheidung noch "so spät" Medizin zu studieren?
Alter Berufswunsch Arzt. Liess sich durch verschiedentliche Umstände in der Jugend nicht realisieren, hat aber nie locker gelassen, ich wollte einfach noch mehr. Irgendwann war klar: entscheide Dich, und da ich an meinem Brotberuf nicht sehr hing und sich brauchbare Rahmenbedingungen eingestellt haben, fiel die Entscheidung dafür - unter schlechteren Umständen wäre sie dagegen ausgefallen!
2. Welche Vorteile hast du gegenüber jüngeren Kommilitonen?
Ich schätze das Studium mehr, weil es ein langer Weg hierher war. Das befreit einen nicht völlig von den ätzenden Seiten der Sache, gibt aber einen grundsätzlich positiv gestimmten Rahmen, den manche jüngere nicht so sehen können. Ausserdem generell eine grössere Ruhe und Methodik, was ich früheren Jobs anrechne - ich guck mir erst mal genau an worauf eine Sache abziehlt und gehe viel geordneter an den Stoff als ich es früher konnte.
In praktischen Abschnitten, manchen Prüfungen und vielleicht später im Beruf(?) ist es gelegentlich ein Vorteil, erwachsen auftreten zu können. Und das berufliche "Drumherum" ist eher zu durchschauen und zu bewältigen wenn man bereits ein berufliches Vorleben mit Verantwortung hatte.
3. Welche Umstände, die ein 20-jähriger nicht zu berücksichtigen hat, spielen bei dir in der Studienplanung eine Rolle?
Ganz klar Geld. Vergünstigungen fallen Ü30 meist weg, BAFöG bei den meisten auch, gleichzeitig hat man erhöhten Finanzbedarf wegen Verbindlichkeiten. Bestimmte "Sparlösungen" wie Wohnheimunterbringung / WG sind für viele erwachsene Menschen ausserdem schwerer auszuhalten. An anderen Punkten kann man vielleicht eher verzichten als die "Konsumjugend" ;) aber die teuren Basics wie Wohnen sind für Oldies wiederum wichtig.
Dann war bei mir ein Punkt, dass ich mit dem Gedanken gekämpft habe, ein "Zuspätkommer" zu sein, aus dem Rahmen zu fallen. Das ist aber eher was persönliches, was mit meiner Vorgeschichte zu tun hat. Mein Leben vor dem Studium konnte ich über manche Strecken nicht als gelungen empfinden, weswegen eine erneute "was macht der denn da"-Phase mir etwas Angst gemacht hat. Hier gehört auch der Druck hin, sich ein Scheitern noch viel weniger leisten zu können als ein 20jähriger, dem ein Abbruch oder Fachwechsel ja durchaus gegönnt wird.
4. Was hält dich gedanklich manchmal doch davon ab, den Studienwunsch umzusetzen?
Siehe 3. speziell zweiter Absatz, hat mich zweifeln lassen und wäre bei schlechteren Rahmenbedingungen vielleicht zum no-go geworden.
5. Über welche Dinge machst du als "Oldie" und Studienbewerber in Bezug auf dein Studium besondere Sorgen/Gedanken?
Siehe wieder 3. Absatz 2, allerdings hat mich das ja nun nicht aufgehalten. Für die Zukunft kommen noch Gedanken über meine Möglichkeiten hinzu. Punkte wie "ungeschriebene Altersgrenzen" oder auch die Entwicklung meiner eigenen Belastbarkeit lassen mich in Sachen Facharzt und Arbeitgeber kompromissbereit denken. Zuguterletzt ist vielleicht auch was dran an "weniger formbar": Ich würde mich wohl eher mit weniger Traumjob zufrieden geben, als mich auf langjährigen Karrierepfaden auf Kosten meiner Lebensqualität verheizen zu lassen. Ich bin durch Lebenserfahrung heute einfach weniger tolerant was schlechte Bedingungen angeht, wo ich als Jungspund eher noch stolz auf "Härte 12" gewesen wäre.