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Hallo Leute,
nach abgeschlossenem Studium Ende letzten Jahres habe ich im März meine erste Stelle in einer neurologischen Rehaklinik angetreten. Mein Berufsziel ist die Psychiatrie und ich dachte, es würde Sinn machen, das Neurojahr zuerst abzuleisten. Jetzt bin ich seit gut zwei Monaten dabei und meine Motivation ist auf dem Tiefpunkt. Ich bin seit der zweiten Woche alleinige Stationsärztin für 22 Patienten der Phase C. Es gibt bei den kleinen medizinischen Alltagsproblemen keinen Kollegen, den ich schnell mal was fragen kann. Mein Oberarzt ist super, aber oft nicht erreichbar. Und klar, es gibt Patienten, die machen auf der Phase C fast gar keine Arbeit medizinischerseits. Aber ich habe auch nicht wenige Patienten, die schon ziemlich krank sind, und das nicht nur neurologisch (Stichwort "critical illness PNP" nach intensivmedizinischem Aufenthalt). Selbst bei Notfällen ist tagsüber oft kein Facharzt erreichbar. Darüberhinaus stehe ich ständig vor dem Problem der eingeschränkten diagnostischen Möglichkeiten. Einen Röntgenthorax bekommen ist mühsam, Laborwerte kriege ich nur bis mittags, ein schnelles Konsil überhaupt nicht. Ich kann aber auch nicht jeden Patienten ständig verlegen, nur, damit sich ein Chirurg den entzündeten Zeh anguckt. Das ist gerade für mich als Anfängerin anstrengend. Die Schwestern sind nett, aber langsam sichtlich genervt von mir, weil ich oft Dinge vergesse oder ihre Probleme nicht sofort oder gar nicht lösen kann. Ich habe riesige Probleme, eine Station mit 22 Patienten alleine zu organisieren und alles im Blick zu behalten und ich habe schon das ein oder andere mal gravierendere Dinge übersehen oder zu spät gesehen. Ich habe das Gefühl, das meiste lernen ich, weil ich Fehler mache, die mir dann eben immerhin nicht noch mal passieren. WAS ich lerne ist gefühlt überschaubar und hauptsächlich Allgemeinmedizin (BZ, RR, HWI, Pneumonie, Antikoagulation, etc.), da man die Patienten ja über mehrere Wochen begleitet. Neurologisch lerne ich fast nichts. Hinzu kommt die uferlose Bürokratie, die in der Reha noch mehr Zeit einnimmt als im Akuthaus. Zu guter Letzt mache ich jeden Tag eine halbe bis manchmal auch zwei Überstunden, die weder in Freizeit abgegolten noch ausbezahlt werden.
Jetzt habe ich überlegt, noch vier Monate auszuharren und dann erstmal in die Psychiatrie zu gehen, um mir hoffentlich meine verloren gegangene Motivation wiederzuholen. Mein letztes halbes Jahr Neuro würde ich dann gerne in einem Akuthaus machen in der Hoffnung, mir da doch noch ein bisschen mehr neurologisches Fachwissen aneignen zu können. Eine Stelle in der Psychiatrie zu finden dürfte wohl nicht so schwierig werden. Ich habe nur Bedenken, ob ich später in der Neurologie noch genommen werde, wenn ich nur noch ein halbes Jahr brauche. Selbst wenn man nicht mit offenen Karten spielen würde wäre das aus meinem Lebenslauf ja ersichtlich.
Grüße
die Throni