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Trenn
01.11.2023, 14:55
Und Wielange will man das Spiel so mitspielen? Bis man jeden Tag 200 versorgt oder wann ist Schluss?

Das pendelt sich schon irgendwie ein. Viele Patienten können auch von den MFAs versorgt werden und der Arzt schaut kurz rüber beim unterschreiben, ob alles ok ist. Es ist alles eine Frage der Organisation. Zeitaufwendig sind Hausbesuchspatienten, Heimpatienten kann man mittlerweile auch an MVZs abgeben bei uns in der Gegend. Anträge und E-Briefe könnte man vorab bearbeiten, da ist man konzentrierter, wenn man nicht ständig gestört wird.

Wie läuft das eigentlich mit diesem Hausbesuche ablehnen ab? Ich höre immer wieder davon, was aber z.B. nicht wie das eigentlich rechtlich möglich ist. An sich sind Fachärzte auch zu HB verpflichtet....

Absolute Arrhythmie
01.11.2023, 19:27
Es geht halt nicht immer nur um Ziffern. Die Leute müssen halt versorgt werden. Da gibt es Gegenden, wo das wunderbar mit 15 Minuten Terminen klappt und anderswo stehen Montags morgens halt schon vor Öffnung 30 Leute ohne Termin da, da es schlichtweg keinen Alternativ-Hausarzt gibt.

Ist so!!!

Hier gibt's im Umkreis nur noch wenige HA Praxen, einer macht demnächst noch zu ohne Nachfolger... Wir sind schon sechs Leute in der Praxis und werden dem Ansturm kaum gerecht. Es gibt noch Luft nach oben was die baulichen Gegebenheiten und die Organisation angeht, aber am Ende des Tages bleibt ein großes, unterversorgten Gebiet in dem zusätzlich noch ein eklatanter Mangel an Fachärzten herrscht.

Fr.Pelz
05.11.2023, 06:19
Das mit dem Ablehnen frage ich mich auch. Ich mag Hausbesuche prinzipiell, ab er sie kosten viel Zeit und wenn ein ungeplanter dringender Hausbesuch verlangt wird, stresst mich das. Ablehnen würde ich sie deswegen nicht prinzipiell, aber mich würde auch mal interessieren, auf welcher rechtlichen Grundlage die Kollegen das machen. Schließlich wechseln häufiger ältere Patietnen zu uns, weil wir noch Hausbesuche machen (wir erlauben das aber nur in engem Rahmen).

JJ*
05.11.2023, 06:41
Ich würde fast tippen: einfach weil es keine Konsequenzen hat. Genau wie viele Facharztpraxen keine offenen Sprechstunden anbieten und ein örtlicher Orthopäde zum Beispiel für gewisse Leistungen fröhliche Mischabrechnung betreibt (Patienten müssen die Differenz zwischen Kassenleistung und GOÄ-Satz in bar bezahlen, Rechnung nach GOÄ gibt es nicht). Regeln interessieren da nicht.

Evil
05.11.2023, 09:52
Wobei im Sozialgesetzbuch ausdrücklich steht, daß Hausbesuche nur dann vergütet werden, wenn der Patient definitiv nicht die Praxis aufsuchen kann.

Was das dringend angeht, so haben einige Patienten durchaus eine ziemlich hohe Anspruchshaltung. Und wenn ich dann antworte, daß der Hausbesuch bis zum Folgetag warten kann, schaffen sie es plötzlich doch in die Praxis.
Oder so wie vorgestern das dicke rote Bein mit Thromboseverdacht, was sich 2 Stunden später, als ich da war, spontan abgeschwollen und wieder blass war und sich als jahrzehntealte aktivierte Gonarthrose entpuppte.

Fr.Pelz
05.11.2023, 20:26
Wobei im Sozialgesetzbuch ausdrücklich steht, daß Hausbesuche nur dann vergütet werden, wenn der Patient definitiv nicht die Praxis aufsuchen kann.

Demnach kommen dafür ja aber fast nur noch Palliativpatienten in Betracht oder? Wir haben einige, die den Facharztbesuch schon noch schaffen, aber eben nicht mehr zu uns in die Praxis kommen 'können'.
Zb Menschen mit Herzinsuffizienz - aber wie soll der Kardiologe auch sein Echo in der Häuslichkeit machen?

Ich hab da auch so einen Spezi, der zu infizierten Atheromen neigt. Der Vorgänger in der Praxis ist nach der Sprechstunde, gegen 20 Uhr zu ihm nach Hause gefahren um ihm da die Abszesse aufzuschneiden... ich mache das aber nicht, nicht nur, weil mir meine Freizeit dazu zu schade ist, sondern weil ich es nicht einsehe, zwischen Ledercouch und Fliesentisch mit Eiter rumzuspritzen - und dann fehlt mir in der Tasche nachher der nötige Stapel Kompressen oder das Skalpell fällt auf den Teppich- bäh. Und dann müssen die Dinger ja eh exidiert werden und nicht immer bloss inzidiert.... aber das muss man dann erst mal erklären und Erwartungen enttäuschen.

Haffi
05.11.2023, 20:34
Was das dringend angeht, so haben einige Patienten durchaus eine ziemlich hohe Anspruchshaltung. Und wenn ich dann antworte, daß der Hausbesuch bis zum Folgetag warten kann, schaffen sie es plötzlich doch in die Praxis.
Oder so wie vorgestern das dicke rote Bein mit Thromboseverdacht, was sich 2 Stunden später, als ich da war, spontan abgeschwollen und wieder blass war und sich als jahrzehntealte aktivierte Gonarthrose entpuppte.

Erst am Freitag so erlebt: Heimpatient, den ich persönlich nicht mehr vor Augen hatte, bittet Pflegepersonal um dringenden Hausbesuch, da seit heute Dyspnoe. Als ich eintraf musste ich mich vertrösten lassen: Der Patient sei gerade beim Zahnarzt. Ob ich nicht drei Stunden später nochmal kommen könnte.

Fr.Pelz
05.11.2023, 20:43
Habe gerade etwas egoogelt und die explizite Gesetzesgrundlage zu den Hausbesuchen noch nicht gefunden - es steht aber überall, dass der Hausarzt nur zum HB verpflichtet ist, wenn a) wegen Krankheit keine Vorstellung in der Praxis möglich ist und b) eine ärztliche Behandlung notwendig ist.

Wir haben das in der Praxis so organisiert, dass wir die meisten HB-Patienten routinemäßig alle 8 Wochen sehen, meist im Wechsel Arzt/Verah und wir fahren auch hin um z.B Blutabnahmem für DMPs zu machen und zu impfen. Das ist ja aber dann eigentlich eher ein netter Service und gar keine Pflicht?
Diesen Herbst ist es besonders anstrengend, weil wir Grippe und Covid noch nicht gleichzeitig impfen, also zu jedem HB-Patienten zweimal müssen UND unsere Verah jetzt länger krank ist...

Choranaptyxis
05.11.2023, 21:32
Habe gerade etwas egoogelt und die explizite Gesetzesgrundlage zu den Hausbesuchen noch nicht gefunden - es steht aber überall, dass der Hausarzt nur zum HB verpflichtet ist, wenn a) wegen Krankheit keine Vorstellung in der Praxis möglich ist und b) eine ärztliche Behandlung notwendig ist.

Manche Praxen sind da auch sehr strikt und bieten einfach grundsätzlich keine Hausbesuche an (keine Ahnung, ob es da intern dann ne Grenze gibt, ab wann dann doch).
In der eigenen Familie gesehen, das brauchte 2 Leute um mit Patientin zur Praxis zu kommen, wobei die auf dem Weg fast kollabierte und die 2 Helfer gleich mit.

JJ*
06.11.2023, 07:25
Habe gerade etwas egoogelt und die explizite Gesetzesgrundlage zu den Hausbesuchen noch nicht gefunden .§17 Bundesmantelvetrag Ärzte:

(4) Besuche außerhalb seines üblichen Praxisbereiches kann der Vertragsarzt ablehnen, es sei denn, dass es sich um einen dringenden Fall handelt und ein Vertragsarzt, in dessen Praxisbereich die Wohnung des Kranken liegt, nicht zu erreichen ist.
sowie

(6) Die Besuchsbehandlung ist grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Hausarztes. 2 Ein Arzt mit Gebietsbezeichnung, der nicht die Funktion des Hausarztes wahrnimmt, ist unbeschadet seiner Verpflichtung zur Hilfeleistung in Notfällen auch zur Besuchsbehandlung berechtigt und verpflichtet:
1.Wenn er zur konsiliarischen Beratung hinzugezogen wird und nach dem Ergebnis der gemeinsamen Beratung weitere Besuche durch ihn erforderlich sind,
2.wenn bei Versicherten, die von ihm behandelt werden, wegen einer Erkrankung aus seinem Fachgebiet ein Besuch notwendig ist.
Aber wie gesagt: wo kein Kläger, da kein Richter (wer hat schon Lust, seinen behandelnden Arzt bei der KV anzuschwärzen). Und dann folgt mit Sicherheit auch die Diskussion, ob der Hausbesuch tatsächlich notwendig war.

MellowMed
07.11.2023, 19:03
Das heißt Ömchen mit Dyspnoe und dicken Beinen und jährlich beim Kardiologen darf ab jetzt der Kardiologe zum Hausbesuch :) Bin dafür.

Ohne Spaß die Hausbesuche sind finanziell so schlecht vergütet, niemand aus der Politik/Verwaltung sonst aws, wirklich niemand will dass die stattfinden...außer dem ömchen natürlich...

Frisko
08.11.2023, 05:45
Kann mir jemand erklären, welchen betriebswirtschaftlichen Vorteil es hat, die Praxisimmobilie zu kaufen, statt zu mieten?

Also, um das etwas mehr zu füttern. Zwei Kollegen übernehmen jetzt eine Praxis, insgesamt werden die nachher zu dritt oder viert sein. Bevo die Praxis aber überhaupt übernommen wurde, haben die eine Immobiliengesellschaft (?) gegründet und über diese Immobilie erworben. Businessplan sieht vor, den Kredit von knapp 600.000 Euro ihn 10-15 Jahren zu tilgen.
Auf meine Frage, was denn da der große Benefit sei, hab ich eher so schwammige Antworten erhalten.
Man wolle Sicherheit und nicht irgendwann wegen Eigenbedarf gekündigt werden.

Ich seh das dann ja eher als Investitition, die beim Eintritt in die Rente dann mal veräußert werden kann. Andererseits: Immobilien, die selbst genutzt werden, sind als Investition doch eher mau, oder?
Dem gegenüber steht ja aber eine riesige Rate. Einfach mal in den Rechner gegeben sind das über 15 Jahre und 6,5 % Zins ca. 5300 Euro im Monat.
Oder werden die speziell gefördert?

Thomas24
08.11.2023, 09:26
Kann mir jemand erklären, welchen betriebswirtschaftlichen Vorteil es hat, die Praxisimmobilie zu kaufen, statt zu mieten?

Also, um das etwas mehr zu füttern. Zwei Kollegen übernehmen jetzt eine Praxis, insgesamt werden die nachher zu dritt oder viert sein. Bevo die Praxis aber überhaupt übernommen wurde, haben die eine Immobiliengesellschaft (?) gegründet und über diese Immobilie erworben. Businessplan sieht vor, den Kredit von knapp 600.000 Euro ihn 10-15 Jahren zu tilgen.
Auf meine Frage, was denn da der große Benefit sei, hab ich eher so schwammige Antworten erhalten.
Man wolle Sicherheit und nicht irgendwann wegen Eigenbedarf gekündigt werden.

Ich seh das dann ja eher als Investitition, die beim Eintritt in die Rente dann mal veräußert werden kann. Andererseits: Immobilien, die selbst genutzt werden, sind als Investition doch eher mau, oder?
Dem gegenüber steht ja aber eine riesige Rate. Einfach mal in den Rechner gegeben sind das über 15 Jahre und 6,5 % Zins ca. 5300 Euro im Monat.
Oder werden die speziell gefördert?

Ich bin 1. kein Steuerberater und 2. ohne genaue Kenntnis des Sachverhaltes- also Grain of Salt.
Wenn ich raten sollte, geht es um die Ausnutzung eines Steuersatzgefälles aus verschiedenen Einkunftsarten.
A. Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit wird mit deinem persönlichen Steuersatz versteuert.
Die Miete ist eine Betriebsausgabe, die den Gewinn drückt (und damit deine Steuerlast bei der Einkommenssteuer).
B. die Miete fließt der Immobiliengesellschaft zu (wem gehört die?). Sollte die Immobiliengesellschaft den einzigen Zweck der Vermietung haben und nimmt nur Mieteinnahmen ein, hat Sie eine erweiterte Gewerbesteuerkürzung (Normalerweise Gewerbesteuer + Körperschaftssteuer), und versteuert die Mieteinnahmen ihrerseits mit ca. 15%.

Das heißt die Miete wird dann dazu genutzt den betrieblichen Gewinn steuermindernd wirksam zu werden und die Mieteinnahmen werden auf der Ebene der Immobiliengesellschaft mit ca. 15% (anstatt dem persönlichen Einkommenssteuersatz) versteuert.

Das macht aber nur Sinn, wenn die Einsparungen höher sind, als die Strukturkosten um die Struktur erstmalig aufzusetzen und zu unterhalten. Das heißt: jährliche Bilanzierung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger, Steuerberatungskosten, Kosten für Notar, Gesellschaftsvertrag der Immobiliengesellschaft, Eigenkapital der Gesellschaft etc. Das macht in den meisten Fällen nur Sinn, wenn man die Einsparungen in eine Kapitalgesellschaft (z.b. in eine vermögensverwaltende Holding oberhalb der Immobiliengesellschaft) einbringt, dort über Jahre gewinnbringend thesauriert, um die Steuerersparnisse akkumulieren zu lassen. Denn bei der Entnahme aus der Immobiliengesellschaft an die Gesellschafter zahlt man kräftig Steuern nach.

Frisko
08.11.2023, 11:09
Danke!

Die Immobiliengesellschaft wurde neu gegründet, die Praxisinhaber sind also auch Inhaber der Immobiliengesellschaft.

Tom123321
09.11.2023, 02:45
Was ist eure Meinung über "HÄPPI": https://www.hausaerzteverband.de/themen/haeppi
Ich hoffe, dass es sich nicht in so was wie in Großbritannien entwickeln wird - zum PA wird "delegiert" und der Arzt unterschreibt ohne den Patienten gesehen zu haben, verantwortlich ist jedoch der Arzt falls etwas schief läuft.

OhDaeSu
09.11.2023, 08:22
Sobald das Reimbursement geklärt ist, wird es sich ganz zwangsläufig dahin entwickeln. Die Berufsverbände (bestehend aus arrivierten Hausärzten mit $$ in den Augen) werden dafür lobbiieren und die Politik und die Kostenträger sehen Sparpotential. Dann wird halt für ein paar fette Jahre wieder ein Stück Zukunft verspielt - wär ja nicht das erste Mal.

anignu
10.11.2023, 00:08
Die Immobiliengesellschaft wurde neu gegründet, die Praxisinhaber sind also auch Inhaber der Immobiliengesellschaft.
Bist du dir da ganz sicher?
Ich kenn auch Konstrukte bei denen die Immobiliengesellschaft dann den Ehefrauen gehört und so neben steuerlichen Aspekten auch die Vermögenshaftung interessant wird...

Und in Bezug auf Investition: ich würde es so sehen, der Vermieter will ja auch was verdienen. Wenn man selbst der Vermieter ist, hat man diesen Verdienst auch. Kann sinnvoll sein, muss nicht. Kommt einfach auf viele Dinge an. Man muss eine gut passende Immobilie ja auch erstmal finden oder ein Grundstück finden und bauen etc.

Haffi
10.11.2023, 16:07
Was ist eure Meinung über "HÄPPI": https://www.hausaerzteverband.de/themen/haeppi
Ich hoffe, dass es sich nicht in so was wie in Großbritannien entwickeln wird - zum PA wird "delegiert" und der Arzt unterschreibt ohne den Patienten gesehen zu haben, verantwortlich ist jedoch der Arzt falls etwas schief läuft.

Ich frag mich ehrlich gesagt immer, woher das nicht-ärztliche Team in diesen Konstrukten plötzlich kommen soll? Die Suche nach einer MFA gestaltet sich zumindest in unserer Region aktuell deutlich schwieriger als die nach angestellten Allgemeinmedizinern - hier kommen wenigstens immer wieder Bewerbungen aus einem riesigen Pool frustrierter internistischer Assistenten aus den Krankenhäusern.

freak1
10.11.2023, 22:28
Ich würde fast tippen: einfach weil es keine Konsequenzen hat. Genau wie viele Facharztpraxen keine offenen Sprechstunden anbieten und ein örtlicher Orthopäde zum Beispiel für gewisse Leistungen fröhliche Mischabrechnung betreibt (Patienten müssen die Differenz zwischen Kassenleistung und GOÄ-Satz in bar bezahlen, Rechnung nach GOÄ gibt es nicht). Regeln interessieren da nicht.

Ich glaube das Finanzamt würde sich über einen anonymen Tipp über diese Abrechnungspraxis freuen. ;-)

h3nni
11.11.2023, 05:53
Oder die Ärztekammer. Heißt zwar nicht, dass da was passiert, aber freuen tun die sich.