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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nachtdienst als Bereitschaftsdienst oder Nachtschicht?



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Ehemaliger User 20130505
01.02.2007, 13:54
Aus gegebenem Anlass ;-) würde ich gern mehr über Eure Meinung zu Nachtdiensten hören.

Dass man als Arzt in einem Akutkrankenhaus in vielen Fachbereichen auch nachts arbeiten muss lässt sich nicht vermeiden.
Aus Diskussionen in einigen anderen Threads ergeben sich für mich zwei Problembereiche:

1. Unnötige Beanspruchung der Notdienste durch unverschämte oder hypochondrische Patienten:

Welche Erfahrungen habt Ihr damit gemacht?

Wie könnte man den Missbrauch von Notdiensten eindämmen?

Meint Ihr, man könnte durch das Eindämmen dieses Missbrauchs die Anzahl an Ärzten reduzieren, die für den Notdienst gebraucht werden? Anders gefragt: Müsste der einzelne Arzt weniger oft Notdienst machen, wenn in den Nacht- und Wochenenddiensten wirklich nur Notfälle behandelt würden?

2. Einstufung und Bezahlung nächtlicher (Not)-Dienste

TV-Ä (TdL) (http://www.marburger-bund.de/marburgerbund/bundesverband/unsere_themen/tarifpolitik/tdl/TV-Aerzte.pdf):
Seite 11: Zuschläge für Überstunden, Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit
Seite 12: Zulagen für Schichdienst und Wechselschichtdienst
Seite 13: Einstufung und Bezahlung von Bereitschaftsdiensten

TV-Ä (VKA) (http://www.marburger-bund.de/marburgerbund/bundesverband/unsere_themen/tarifpolitik/vka/TV-Aerzte_VKA.pdf):
Seite 15: Einstufung und Bezahlung von Bereitschaftsdiensten
Seite 13f: Zuschläge für Überstunden, Sonntags- und Feiertagsarbeit

Wenn ich die Tarifverträge richtig verstanden habe, gibt es zwei Möglichkeiten:

a) Der nächtliche (Not)-Dienst gilt als Nachtschicht. Man arbeitet also maximal 12 Stunden (excl. Pausen) am Stück. Diese 12 Stunden werden mit vollem Stundenlohn (evtl. plus Schichtzulage und Zuschlägen für Nachtarbeit ) bezahlt.


b) Der nächtliche (Not)-Dienst gilt als Bereitschaftsdienst und wird entsprechend der jeweiligen BD-Stufe bewertet und bezahlt.
Bei dieser Variante wäre es nach den Tarifverträgen zulässig, im Anschluss an acht Stunden Tages-Volldienst noch bis zu 16 Stunden BD zu machen, sogar in der höchsten BD-Stufe. Man müsste also bis zu 24 Stunden am Stück arbeiten.


Nun mal ein fiktives Beispiel aus der Chirurgie bei BD Stufe 1:

Im Anschluss an acht Stunden Tag-Volldienst folgen 16 Stunden BD bis zum nächsten Morgen. Abends ist nicht viel los, der diensthabende Arzt macht vielleicht noch etwas Bürokram, kann sich aber auch hinlegen und versuchen zu schlafen. Um 23 Uhr wird ein Patient als echter Notfall eingeliefert. Der Arzt, der seit 8 Uhr im Krankenhaus ist, ist vielleicht gerade eingeschlafen, wird geweckt und operiert den Patienten. Dauer: etwa eine Stunde. Danach legt er sich wieder hin. Um 2 Uhr kommt der nächste Patient, der sofort untersucht und evtl. auch operiert werden muss.
Gegen 3 Uhr legt er sich wieder hin, schläft irgendwann ein, bis er um 6 Uhr zum nächsten Patienten geholt wird und wieder eine Stunde 'aktiv' arbeitet.
Insgesamt ist er dann zwar weniger als 20 Prozent seines BD aktiv gewesen, aber die Nacht ist trotzdem kaputt.

Meiner Meinung nach ist das sowohl gegenüber dem Arzt als auch gegenüber den Patienten unverantwortlich. Die Patienten sind von einem überarbeiteten Arzt behandelt/operiert und deshalb evtl. gefährdet worden. Der Arzt hat 24 Stunden am Stück gearbeitet, ganz egal wie hoch der aktive Anteil während des Bereitschaftsdiensts war, aber sein Stundenlohn für den Bereitschaftsdienst liegt unter dem normalen Stundenlohn, obwohl es potenziell gesundheitsschädliche Arbeit gegen den endogenen circadianen Rhythmus war.

Warum sind so viele bereit, 24 Stunden am Stück zu arbeiten?
Klar, es bringt im Vergleich zum Arbeiten nach einem Schichtdienstmodell am Monatsende evtl. ein höheres Einkommen, aber ist es die Gefährdung der eigenen Gesundheit und der der Patienten wert?

Doktor_No
01.02.2007, 15:06
kann nur das wiederholen was ich in x threads schon geschrieben habe: 24er sind finanziell attraktiver. ende, aus. und ich brauch die kohle. bei dem grundgehalt sowieso.

ich habe jetzt ein dienstmodell, das keine 24er vorsieht, finanziell ein herber rückschritt.

operativ ging es in den 24ern auch besser, weil einfach mehr notfälle für den einzelnen anfielen im laufe eines dienstes. das ist vielleicht nicht gesundheitsfördernd, aber weiterbildungsfördernd. und was ein anderer hier auch mal geschrieben hat: wenn ich schlafe, lern ich nix.

ich sehe den sinn im schichtmodell absolut, aber dann bitte ein vergleichbares gehalt für ein schichtmodell.

bis dahin: pro 24er von meiner seite.

und noch was: wer in ein operatives fach geht, sollte sich über die arbeitsbelastung im klaren sein, sonst muss man was anderes machen. just my 2 cents.

Ehemaliger User 20130505
01.02.2007, 15:27
Das heißt also, Du stimmst dieser Meinung (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=42006) zu ;-)? *sollkeinepolemiksein*

Zitat:
>>Dass nahezu alle klinisch tätigen Kolleginnen und Kollegen auf den Zusatzverdienst der Nachtdienste und Überstundenvergütung angewiesen sind, ist unbestreitbar. Und wer hat eigentlich die Klinikärzte in toto befragt, ob sie nicht durchaus bereit und willens sind, erheblich mehr zu arbeiten, als dies der Durchschnitt der Bevölkerung tut, aber auch hierfür besser bezahlt zu werden? Abgesehen davon, dass dies in den letzten 100 Jahren niemandem geschadet hat, erinnere ich an die Aussage eines weltberühmten britischen Chirurgen, der vor wenigen Jahren Folgendes formuliert hat: „A young surgeon should not work more than 80 hours a week,but not less.“ Dem ist wenig hinzuzufügen, man möge sich bei den großen Chirurgen von Sauerbruch über Barnard bis zu Allgöwer erkundigen, ob diese nach einem Nachtdienst nach Hause gegangen sind oder weitergearbeitet haben. (......)
Prof. Dr. med. Wolfgang Pförringer, Gesundheitspolitischer Arbeitskreis der CSU München, Theatinerstraße 1,
80333 München <<

condorito
01.02.2007, 16:28
kann nur das wiederholen was ich in x threads schon geschrieben habe: 24er sind finanziell attraktiver. ende, aus. und ich brauch die kohle. bei dem grundgehalt sowieso.

ich habe jetzt ein dienstmodell, das keine 24er vorsieht, finanziell ein herber rückschritt.

operativ ging es in den 24ern auch besser, weil einfach mehr notfälle für den einzelnen anfielen im laufe eines dienstes. das ist vielleicht nicht gesundheitsfördernd, aber weiterbildungsfördernd. und was ein anderer hier auch mal geschrieben hat: wenn ich schlafe, lern ich nix.

ich sehe den sinn im schichtmodell absolut, aber dann bitte ein vergleichbares gehalt für ein schichtmodell.

bis dahin: pro 24er von meiner seite.

und noch was: wer in ein operatives fach geht, sollte sich über die arbeitsbelastung im klaren sein, sonst muss man was anderes machen. just my 2 cents.

So schauts aus,ich hab den direkten Vergleich,zumindest in finanzieller Hinsicht.

merowinger81
01.02.2007, 18:26
Das heißt also, Du stimmst dieser Meinung (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=42006) zu ;-)? *sollkeinepolemiksein*

Zitat:
>>Dass nahezu alle klinisch tätigen Kolleginnen und Kollegen auf den Zusatzverdienst der Nachtdienste und Überstundenvergütung angewiesen sind, ist unbestreitbar. Und wer hat eigentlich die Klinikärzte in toto befragt, ob sie nicht durchaus bereit und willens sind, erheblich mehr zu arbeiten, als dies der Durchschnitt der Bevölkerung tut, aber auch hierfür besser bezahlt zu werden? Abgesehen davon, dass dies in den letzten 100 Jahren niemandem geschadet hat, erinnere ich an die Aussage eines weltberühmten britischen Chirurgen, der vor wenigen Jahren Folgendes formuliert hat: „A young surgeon should not work more than 80 hours a week,but not less.“ Dem ist wenig hinzuzufügen, man möge sich bei den großen Chirurgen von Sauerbruch über Barnard bis zu Allgöwer erkundigen, ob diese nach einem Nachtdienst nach Hause gegangen sind oder weitergearbeitet haben. (......)
Prof. Dr. med. Wolfgang Pförringer, Gesundheitspolitischer Arbeitskreis der CSU München, Theatinerstraße 1,
80333 München <<
Dann müsste man den "weltberühmten britischen Chirurgen" befragen, ob er Frau und Kind hatte...
Gesetzt den Fall, dass Obiges zutrifft:
Wie oft hat Ihn die Frau betrogen, weil er nie da war? ;-)

Ach ja:

Wegen Leuten wie Euch (bloss keine Schichtdienste), die auf alten verkrusteten Strukturen beharren, kann das mit dem Gesundheitssystem ja nix werden....
Ihr denkt sehr kurzfristig!
Auf den Stundenlohn gerechnet, sind auch die alten Vergütungen ein Witz. von wegen: "....bereit und willens sind, erheblich mehr zu arbeiten, als dies der Durchschnitt der Bevölkerung tut, aber auch hierfür besser bezahlt zu werden..."
Aber da Ihr das ja wisst und glücklich damit seid!
In anderen Ländern funktioniert Schicht und gute Bezahlung ja auch! Aber wenn man mit dem vorgeworfenen Knochen zufrieden ist...Bitte!!
Arbeitet Euch ruhig kaputt!!


So long

condorito
01.02.2007, 19:42
Wir sind hier aber nicht woanders,sondern in Deutschland.
Ich kann für mich behaupten,mitgestreikt zu haben,die fabelhaften Ergebnisse des Streiks sind ja hinlänglich bekannt...

Muriel
01.02.2007, 19:53
Ich bin jedenfalls sehr froh, in einer Klinik mit Schichtsystem zu arbeiten. Auf 24h hätte ich bestimmt keine Lust. Es funktioniert gut so, man arbeitet ein normales Pensum ab und h at noch was von seinem Leben. Und das ist mir mehr Wert als 200€ mehr :-meinung

Feuerblick
01.02.2007, 19:59
Sehe ich sehr ähnlich wie Muriel! Wir haben zwar am WE noch 24-h-Dienste, aber ich bin auch ein Freund des Schichtens. Mich interessieren weder OP-Katalog noch Kohle... ich hab genug zum Leben und noch ausreichend Freizeit, meine Kohle auch auszugeben.:-top

merowinger81
01.02.2007, 20:06
Wir sind hier aber nicht woanders,sondern in Deutschland.
Ich kann für mich behaupten,mitgestreikt zu haben,die fabelhaften Ergebnisse des Streiks sind ja hinlänglich bekannt...

Aus dem Streik ist u.a. auch deshalb nix geworden, weil bei der Bevölkerung nur angekommen ist: Ach so, die wollen eh nur mehr Kohle....(30 % mehr Gehalt usw.)
Das haben Montgomery und co. falsch aufgezogen. Hätte man gesagt:
Wir wollen einfach nur ne präzise Stechuhr(samt CA der die Geschichte nicht verwässert)
, wie jeder sesselpfurzende Finanzbeamte auch und die reele Zeit bezahlt- da wär die Zsustimmung weitaus größer...aber nunja

Somit hebt man lieber den vorgeworfenen Knochen (wo Pharmaindustrie, KV und Verwaltung schon alles abgenagt haben) auf, und sagt:

Lieber in der Klinik wohnen für ein paar Euro mehr, und alle 3 Schichten vom Pflegepersonal hintereinander begüßen, als den Kindern (soweit welche da) beim großwerden zusehen...JUHU :-top
Und wenn es nur noch Schichtdienste gäbe, würde der Markt die Bezahlung schon von allein lösen...vorausgesetzt pseudo-kommunisten à la Ulla S. haben nicht mehr so viel zu gackern...

Muriel hat da wohl mehr weitsichtig als manch anderer hier...

condorito
01.02.2007, 20:24
Mich brauchste nich so anblarren,ich mach nämlich keine Dienste mehr

Doktor_No
02.02.2007, 07:25
jeder zimmert sich seine meinung so zurecht, wie er es braucht merowinger ;-)

ich hab doch geschrieben, dass ich den sinn des schichtsystems durchaus sehe. aber dann nur gegen vergleichbares gehalt, und da hakt es.
es sind in meinem fall auch nicht "ein paar euros", sondern fast 1000 euro netto.

und noch was: ja, ich hätte es ehrlicher gefunden, beim streik zu sagen: es gibt leute, die arbeiten gern viel, wollen das aber auch gut entlohnt haben.
ich habe kein problem mit 80h/woche für eine gewisse zeit, wenn ich gut ausgebildet und bezahlt werde. und es steht jedem zu, diese meinung auch zu vertreten. was hat das denn mit verkrustet zu tun?
vor nicht allzu langer zeit waren übrigens 36 stunden normal, so wie es auch in den usa in genügend residencies noch usus ist. 36 stunden dienst, ein tag frei, 36 stunden dienst.

außerdem habe ich mich explizit auf chirurgisch tätige bezogen. hätte es vielleicht noch mehr eingrenzen sollen: visceral, unfall.
in fächern wie auge, gyn usw läßt sich besser schichten...

Feuerblick
02.02.2007, 07:32
Hmmm, No, bei uns wurde auch chirurgisch geschichtet und keiner hat ein Problem darin gesehen. Im Gegenteil, MANCHMAL hatte man sogar mehr Freizeit dadurch...

Ganz ehrlich: Ich würde, sollte ich mal in den "Genuß" kommen, eine OP mit "Notfall-Indikation" vor mir zu haben und davor noch ansprechbar sein, den Operateur und seinen Assistenten fragen, wie lange sie schon im Dienst sind. Ich finde nämlich nichts unverantwortlicher, als übermüdete Assis, die jeden Dienst mitnehmen, um ihren OP-Katalog vollzukriegen. Sorry, aber diese OP-Geilheit geht voll auf Kosten der Patienten!

Feuerblick, über die Chirurgen-Mentalität trotz Erfahrungen in diesem Fach immer noch kopfschüttelnd

Christoph_A
02.02.2007, 07:45
Muß mich da Funkel anschliessen-werde die OP Geilheit mancher Chirurgen nie verstehen können. Wenn ich mir unsere Herzchirurgen ansehe-12 Stunden am Stück im OP, kaum mehr auf zwei Beinen stehehn können, aber dann noch schnell ne Klappe mitnehmen wollen-sowas ist unverantwortlich den Patienten gegenüber. Hab das, als es die 24her noch gab, ja schon bei so "kleinen" Sachen wie Herzkathetern gemerkt, daß man nach 20h einfach nimmer fit und konzentriert ist.
Und den will ich sehen, der nach 24h noch wirklich was für seine Weiterbildung lernt, das ist nix als Schönrednerei in meinen Augen.
Wir schichteln jetzt seit Oktober und ich hab a) weder weniger Geld und hab b) sogar etwas weniger zu tun, find das System also eher gut, wobei es natürlich ganz klar noch nicht das Allein Seelig machende System ist, auch das ist klar.
P.S.: Was die Amis angeht-deren Residency kommt für mich gleich nach nem Wochenendtrip nach Guantanamo-ich bin Arzt und über einen Beruf aus und bin kein Sklave oder Berufungsgutmensch!

Feuerblick
02.02.2007, 07:54
*nick* Sehe ich genauso! Warum muss man als Arzt eigentlich zwangsläufig Überstunden, Stress und Co. in Kauf nehmen, um als interessierter Mediziner zu gelten? Sorry, aber für mich ist dieser Beruf nichts anderes als für jeden Schreibtischtäter, jede Verkäuferin etc. Mein Beruf... Nichts sonst. Meine Freizeit ist mir absolut heilig, Kohle muss nur insofern vorhanden sein, dass es zum Leben reicht. Was hab ich von nem dicken Konto, wenn ich täglich meine diversen Magenulzera pflegen darf, die Pumpe nicht mehr so will und meine Kollegen mir Antidepressiva aufschreiben müssen???

Doktor_No
02.02.2007, 13:44
gebe euch recht. wenn man sich dadurch in seiner lebensqualität eingeschränkt fühlt und fertig ist und es sich gleichzeitig anders regeln läßt dann sollte man das natürlich tun.

ich kann ja nur für mich sprechen, und ich habe bisher damit einfach kein problem gehabt. natürlich war ich öfter mal fertig nach den diensten, da freut man sich dann auch nicht wenn der 6te bauch nachts um vier an den start geht und mann schon 22 stunden am start ist...

das wusste ich aber vorher, und ich bin mit der prämisse an den start gegangen, vollgas zu geben.
wie jemand seine karriere plant, muss jeder eben selbst entscheiden.

nichtsdesdotrotz hab ich meinen katalog in der zeit gut füllen können. das kann man op-geil nennen, ich nenne es pragmatisch.
der finanzielle aspekt ist für mich aber wesentlich entscheidender. ich sehe meinen beruf nicht als einem geregeltem schreibtischjob vergleichbar, und deshalb will ich auch mehr kohle, wenn ich nachts ran muss, jedes 2te wochenende und an feiertagen.
das ist in jedem anderen beruf auch so, also warum soll ich mich dann mit weniger zufrieden geben? ich habe frau und kind, da braucht man mehr patte, und wenn ich dann 80h die woche in der klinik bin, will ich nicht darauf angewisen sein, in der knappen freizeit noch die sonderangebote durchforsten zu müssen.

ich sage es gern noch einmal: schichtsystem gern, aber dann für vergleichbares gehalt.

kleines beispiel: im dezember habe ich nur durch dienste 1700 euro dazuverdient. NETTO. noch fragen?

tarumo
02.02.2007, 14:37
..und genau das ist das Problem. Die 1700 netto mehr sind ziemlich genau der Betrag, der uns von anderen Berufsgruppen bzw. dem Ausland unterscheidet...
Wenn das Grundgehalt angemessen wäre, würde die Dienstgeilheit sicher abnehmen (und anderswo in Europa werden die Patienten auch nachts versorgt, dann aber nicht von einem potentiell übermüdeten Arzt, der nur soviele Dienste machen muß, weil er mit dem Grundgehalt nicht über die Runden kommt).
Das ganze System erinnert an frühkapitalistische Akkordarbeit bzw. die Entlohnung bei Fernfahrern etc. Hier bremst aber die Polizei den Tatendrang nach einer vollen Lohntüte...
Zweitens sind die in den Katalogen bisweilen geforderten Fallzahlen schlicht indiskutabel hoch gegriffen

Ehemaliger User 20130505
02.02.2007, 14:49
..und genau das ist das Problem. Die 1700 netto mehr sind ziemlich genau der Betrag, der uns von anderen Berufsgruppen bzw. dem Ausland unterscheidet...Dafür unterscheidet sich die Arztdichte bei uns auch sehr stark von der Arztdichte der Länder, die wesenrtlich höhere Ärztegehälter zahlen.;-) Da könnte man als naiver Mensch einen Zusammenhang vermuten ;-)

Hellequin
02.02.2007, 15:01
Dafür unterscheidet sich die Arztdichte bei uns auch sehr stark von der Arztdichte der Länder, die wesenrtlich höhere Ärztegehälter zahlen.;-) Da könnte man als naiver Mensch einen Zusammenhang vermuten ;-)
Deswegen warten bei uns Patienten dann aber auch nicht monatelang auf eine OP oder sonstige klinische Maßnahmen.

Doktor_No
02.02.2007, 15:06
naja, es geht ja hier um klinisch tätige, und da ist der unterschied zu bspws frankreich ja nicht so groß, und da verdienst du wesentlich besser.

es gibt aber auch genug länder, in denen man besser verdient und auch insuffiziente zeitbelastungen hat, die vielfach gelobte schweiz mit ihrem 55h max gesetz stelle ich mal in den raum (wobei das auch noch oft genug durch interne kungelei unterlaufen wird)

skandinavien ist vielleicht von den arbeitszeiten humaner, viel mehr geld bleibt da aber auch nicht hängen, wenn man die lebenshaltungskosten usw sieht.

es sagt sich auch immer so leicht "dann geh ich weg aus deutschland", aber assistenten suchen eben auch nicht so viele im ausland, als facharzt sieht es schon anders aus, und den muss man dann in deutschland machen. was nützt mir eine rotations-assi stelle nach der anderen in der schweiz, wenn ich vielleicht viel sehe und lerne, den von mir angestrebten facharzt aber nicht machen kann?

was nützt mir die tolle anästhesiestelle in frankreich, wenn ich meinen facharzt da praktisch auch nicht voll bekomme?

sicher, auf dauer kann die lösung nur sein, aus deutschland wegzugehen oder daran zu glauben und zu arbeiten, dass sich hier etwas ändert, ab das ist in grossen teilen anscheinend nicht gewollt und auch nicht absehbar.

beschweren kann sich jeder, aber wenn es ums ändern geht trennt sich die spreu vom weizen.

Ehemaliger User 20130505
02.02.2007, 15:08
Hier ist ein Bericht über das niederländische System. Man hört zwar auch einige Horrorstories darüber, aber die Niederländer scheinen trotzdem nicht sooo schlecht versorgt zu sein, und Beweise über massenhafte Flucht von Niederländern nach Deutschland zwecks schnellerer und besserer Behandlung sind mir auch nicht bekannt.

Schaut mal das Video an:

http://www.heute.de/ZDFmediathek/inhalt/17/0,4070,3970321-5,00.html

Dort wird das niederländische System aus folgenden Gründen als kosteneffizienter bezeichnet:

1. Wesentlich niedrigere Arztdichte (Arztdichte ist in Deutschalnd sei 2,5 mal so hoch wie in NL):

Fachärzte gibt es in den NL nur in Krankenhäusern => geringerer Bedarf an Fachärzten Bei uns machen niedergelassene Fachärzte teilweise das, was in den NL gut ausgebildete Allgemeinmediziner machen.

In den NL werden im Krankenhaus mehr Arbeiten, die in D von Ärzten gemacht werden, von spezialisiereten Pflegekräften übernommen: Beispiele: Anästhesiepfleger, OTAs.

Wenn man davon ausgeht, dass die Arztdichte in den NL wesentlich niedriger ist als in D, evtl. auch der relative Anteil an Fachärzten in den NL niedriger ist als in D, kann man nachvollziehen, weshalb Fachärzte in den NL deutlich besser bezahlt werden können als in D.

Außerdem sprechen die Ärzte in dem Video von fehlenden Hierarchien. => Evtl. gibt es an ndl.Krankenhäusern auch keine Unterschiede zwischen den Fachärzten; d. h. jedes Facharztgehalt im KH bedeutet dann Oberarztgehalt oder sogar Chefarztgehalt?

2. Das andere Krankenversicherungssystem


Pflicht-Basisversicherung mit begrenztem Leistungsumfang für alle, Eigenanteile für alle, eingeschränkte Arztwahl bei der günstigeren Versicherungsvariante (eine Art Hausarztmodell)

http://www.denieuwezorgverzekering.nl/NR/rdonlyres/4B984730-4FEB-472D-B985-73EBA81860F4/0/VWS01709brochureGER.pdf


3. Apotheken geben nur die verordnete Anzahl anTabletten ab. Bei uns muss die ganze Packung gekauft werden, auch wenn nur eine Tablette benötigt wird.

4. Die "Dichte" an teuren Großgeräten ist lt. diesem Videobericht in den NL wesentlich niedriger als in D und die vorhandenen Geräte werden dort wesentlich effizienter genutzt.

Edit:
In dem Video wird gesagt, D hätte pro Einwonher 2,5 mal so viel Ärzte wie die Niederlande. Nach den Zahlen, die ich gefunden habe, wären es nur gut 1,5 mal so viel. siehe Seite 18
(http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-BU-05-001/DE/KS-BU-05-001-DE.PDF)