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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Herzinfarkt durch schwimmen/baden begünstigt?



SaJa
21.07.2010, 18:23
Heute ist in einem See in meiner Nähe ein Mann ertrunken. Es wird vermutet, dass er einen Herzinfarkt erlitt. Ich habe schon öfter von ähnlichen Vorfällen gehört. Kann ein Herzinfarkt durch den Umstand ausgelöst werden, dass man sich ins Wasser begibt. Oder ist es nur ein großer Zufall, dass der Herzinfarkt ausgerechnet beim Schwimmen/Baden eintritt?

Relaxometrie
21.07.2010, 19:07
Kann ein Herzinfarkt durch den Umstand ausgelöst werden, dass man sich ins Wasser begibt.
Wenn das kalte Wasser den ohnehin schon geschädigten/verengten Koronargefäßen den letzten Rest gibt, sprich: sie nochmal ein Stück verengt, so daß dann die Grenze zum Infarkt überschritten wird, ist das kalte Wasser tatsächlich der Auslöser des Infarkts.
Mir schwirrt gerade die Prinzmetalangina durch den Kopf. Die kann durch Kälte ausgelöst werden. Aber eine "normale" KHK kann mMn auch schon reichen, um bei kalter Umgebung einen Myokardinfarkt auszulösen.


Oder ist es nur ein großer Zufall, dass der Herzinfarkt ausgerechnet beim Schwimmen/Baden eintritt?
Das ist auch vorstellbar. Ein arteriosklerotischer Plaque kann sich natürlich auch zufällig gerade dann lösen, wenn man (unabhängig von Kälte) gerade schwimmt.

Evil
21.07.2010, 19:16
Wenn das kalte Wasser den ohnehin schon geschädigten/verengten Koronargefäßen den letzten Rest gibt, sprich: sie nochmal ein Stück verengt, so daß dann die Grenze zum Infarkt überschritten wird, ist das kalte Wasser tatsächlich der Auslöser des Infarkts.
Mir schwirrt gerade die Prinzmetalangina durch den Kopf. Die kann durch Kälte ausgelöst werden. Aber eine "normale" KHK kann mMn auch schon reichen, um bei kalter Umgebung einen Myokardinfarkt auszulösen.
Erstens glaube ich nicht, daß bei den derzeitigen Außentemperaturen das Wasser in einem See derart kalt ist, und zweitens befindet sich das Herz normalerweise innerhalb des Thorax, und damit gut gewärmt und isoliert. Menschen sind als Säugetiere normalerweise Warmblüter mit einer konstanten Körperkerntemperatur, ein dadurch ausgelöster Koronarspasmus erscheint mir ausgesprochen unwahrscheinlich. ;-)



Das ist auch vorstellbar. Ein arteriosklerotischer Plaque kann sich natürlich auch zufällig gerade dann lösen, wenn man (unabhängig von Kälte) gerade schwimmt.
Das ist sogar die wahrscheinliche Ursache. Differentialdiagnostisch kann die körperliche Anstrengung und der dadurch erhöhte Sauerstoffbedarf das Herzens eine Infarzierung bei vorbestehender subtotaler Stenose auslösen. Sprich, der arme Kerl hat sich vielleicht überanstrengt und dadurch einen Infarkt ausgelöst.

Prinzipiell ist maßvolle körperliche Bewegung wie Schwimmen ausgesprochen günstig, deswegen wird das in Herzsportgruppen gern gemacht.

Flemingulus
21.07.2010, 19:53
Wenn das kalte Wasser den ohnehin schon geschädigten/verengten Koronargefäßen den letzten Rest gibt, sprich: sie nochmal ein Stück verengt, so daß dann die Grenze zum Infarkt überschritten wird, ist das kalte Wasser tatsächlich der Auslöser des Infarkts.
Mir schwirrt gerade die Prinzmetalangina durch den Kopf. Die kann durch Kälte ausgelöst werden. Aber eine "normale" KHK kann mMn auch schon reichen, um bei kalter Umgebung einen Myokardinfarkt auszulösen.

Dass eine (zentrale) Unterkühlung durch kaltes Wasser einen Koroanarspasmus auslöst (quasi in Analogie zu einem Raynaud-Anfall der durch Kälte provoziert wird oder einem Bronchospasmus durch kalte Luft) ist in der Tat ein sehr unwahrscheinliches Szenario.

Eher ist ein indirekter Effekt denkbar, dass das kühle Wasser eine Sympathikus-Aktivierung und Zentralisation bewirkt. Einen zusätzlichen Volumenshift von der Peripherie zur Zentrale gibts auch noch durch die relative "Schwerelosigkeit" im Wasser. In Verbindung mit der körperlichen Anstrengung beim Schwimmen könnte dann die Kombination aus Volumenbelastung, Tachykardie und erhöhter Nachlast ungünstig sein.

Die Datenlage zu Schwimmsport (vs. andere sportl. Betätigung) bei KHK ist aber m. E. nicht besonders reichhaltig.

Hoppla-Daisy
21.07.2010, 19:58
Öhm, gehen wir mal davon aus, dass der Herr ein ausgedehntes Sonnenbad genommen hat, was bei der derzeitigen Hitze den Kreislauf schon arg belasten kann. Wenn man dann in einen See springt, kommt einem auch ein noch so erwärmtes Wasser kalt vor, dass einem manchmal die Luft wegbleibt. Ich finde die Symphatikusaktivierung, und dass dadurch ein (eh schon lockerer) Plaque gelöst wurde, sehr wahrscheinlich.

WackenDoc
21.07.2010, 19:59
Letztendlich sind nun mal die Folgen eines Herzinfarktes im Wasser nun mal schlimmer als an Land. An Land muss ich als Patient nix weiter tun, um weiter atmen zu können. Im Wasser muss man sich weiter belasten- was den Sauerstoffverbrauch hoch hält. Und bei einer Bewußtlosigkeit kann ich an Land weiteratmen, während das im Wasser nicht so wirklich geht.

Zum Pathomechanismus, warum das evtl. häufiger beim Schwimmen passiert, hat der Flemingel ja schon was SChlüssiges geschrieben.
(Das aktuelle Wetter ist aber eh nicht so herzfreundlich)

Flemingulus
21.07.2010, 20:04
Ich finde die Symphatikusaktivierung, und dass dadurch ein (eh schon lockerer) Plaque gelöst wurde, sehr wahrscheinlich.

Ich bin zwar nicht sicher, ob der überaktive Sympathische gleich dazu führt, dass die Koronarplaques abgeribbelt werden, aber einem solchen Szenario wollten der Böse und ich - sofern ich uns da jetzt richtig verstanden hab - auch keine Widerworte leisten sondern nur der (gutmöglicherdings unsererseits falsch verstandenen) relaxometrischen Insinuierung , die Abkühlung könnte wahrscheinlicherweise auf direktem Wege zu einem Koronarspasmus führen.

Hoppla-Daisy
21.07.2010, 20:09
Hihi, ein typischer Flemingulus mal wieder :-))

Ich bin mal selbst (als Herzgesunde) total überhitzt nach Sonnenbad ins (relativ) kalte Wasser geworfen worden, so dass mir mal eben die Luft wegblieb und ich merkte, dass mein Herz das gerade gar nicht so lustig fand.

Dann strampelt man bei diesem Kältereiz noch wie blöde rum. Also ich fänd es nur ne logische Folge, dass sich eh schon instabile Plaques dabei schneller lösen als sonst. Aber direkt Koronarspasmus, neee. Ich schließe mich euch an :-))

Relaxometrie
21.07.2010, 20:10
relaxometrischen Insinuierung , die Abkühlung könnte wahrscheinlicherweise auf direktem Wege zu einem Koronarspasmus führen.
Mir ging bei der Entwicklung dieser These ein Bild aus einem der Netter-Atlanten durch den Kopf, welches mal in irgendeiner Vorlesung gezeigt wurde: ein Herr in den besten Jahren trat im Winter hinaus in die Kälte und fasste sich, nach Luft schnappend, an den Brustkorb. Ich meine, daß der Dozent und das als Prinzmetal verkauft hat.

Flemingulus
21.07.2010, 20:14
ein Herr in den besten Jahren trat im Winter hinaus in die Kälte und fasste sich, nach Luft schnappend, an den Brustkorb. Ich meine, daß der Dozent und das als Prinzmetal verkauft hat.

Hm... *auch dunkel ansowas erinner* Aber ich glaub, uns wurd das Bild in der Asthmavorlesung verkauft. Tss. Na... den Dozenten glaub ich eh nix mehr! :-)

Hoppla-Daisy
21.07.2010, 20:14
Aber ne Prinzmetal-Angina verläuft typischerweise doch eher belastungsunabhängig und tritt gerne in den frühen Morgenstunden auf.

Das von dir Beschriebene find ich für ne stinknormale (sorry für die flapsige Ausdrucksweise) AP eher typisch. Und das wurde uns in Innere auch immer so verkauft (und auch gerne so abgefragt ;-)).

Relaxometrie
21.07.2010, 20:21
Ok, an die körperliche Belastung habe ich nicht wirklich gedacht, da ich mit Badesee eher allgemeines Rumplantschen assoziiere. Aber auch das kann -je nach Konstitution- natürlich schon anstrengend sein und tachykard machen. Vielleicht hat der Arme auch irgendeine holde Maid entdeckt, die kaum bekleidet in seiner Nähe schwamm, und ist deswegen in Herzklabaster verfallen. Aber ich will nicht pietätlos sein.

Hoppla-Daisy
21.07.2010, 20:23
Ich denke, wir haben es hier mit einer multifaktoriellen Genese zu tun ;-).

Aber nicht umsonst hab ich als Kind im Schwimmverein immer eingehämmert bekommen: "Kinder, und kommt nicht auf die dämliche Idee, euch ohne vorheriges Abkühlen einfach so ins Wasser zu hüpfen! Da ist schon so mancher bewusstlos geworden und untergegangen!"

heart
22.07.2010, 13:28
Vielleicht hat der Arme auch irgendeine holde Maid entdeckt, die kaum bekleidet in seiner Nähe schwamm, und ist deswegen in Herzklabaster verfallen.

Oder er hat seit ewigen Zeiten (in langjährigen Ehen soll das möglich sein ;-)) wieder mal seine eigene Angetraute im FKK-Dress gesehen und ist dann mit den letzten Worten "WAAAAAHHHHH! DAS HABE ICH VOR 20 JAHREN TATSÄCHLICH GEHEIRATET?!?!" an einer Tako-Tsubo-Kardiomyopathie mit Kardiogenem Schock von uns gegangen...;-)

Heartie, die noch auf ihren ersten männlichen Tako-Tsubo wartet...

Relaxometrie
22.07.2010, 13:33
An die Tako-Tsubo-Kardiomyopathie habe ich differentialdiagnostisch nicht sofort gedacht :-D
@heart: Auf eine Antwort von Dir habe ich tatsächlich gehofft. 6tes Weiterbildungsjahr und kardiologisch angehaucht? Was sagst Du denn zu unseren diversen ernst gemeinten Theorien?

Evil
22.07.2010, 18:50
Am Rande sei noch angemerkt, daß die Prinzmetal-Angina zwar in allen Lehrbüchern steht, in der Realität aber eine absolute Rarität darstellt.

heart
23.07.2010, 01:13
"Es wird vermutet, dass ... Herzinfarkt..." - klingt mal nicht so, als ob das der Pathologe festgestellt hätte, sondern vielmehr einer der Bystander, der einen Cousin 3. Grades hat, der jemanden kennt, der schon mal beim Arzt war...

Letztendlich hätte die Diagnose natürlich aber nur durch Obduktion gestellt werden können, ob hier ein

- klassisches Ertrinken: erschöpfter Schwimmer, C2, Husten oder Lachen während des Schwimmens...

- Badetod im weiteren Sinn: Infarkt, Lungenembolie, Insult,... die zufällig beim Schwimmen auftreten

- Badetod im engeren Sinn: durch vagale Reflexe ausgelöst, z.B. Laryngeus-Reflex (Vagusreizung durch Kontakt von kaltem H2O mit der Kehlkopfschleimhaut) oder Goltz-Reflex (durch Druck auf den Solarplexus - "Bauchklatscher") (- hierauf beziehen sich im Übrigen auch die Empfehlungen, nicht unabgekühlt ins H2O zu springen)

vorlag.

Ad KHK - Zitat meines OA: "KHK ist wie Akne - man weiß nie, wann und wo es wieder ausbricht" - auch wenn Schwimmen für das Patientenkollektiv grundsätzlich sehr empfehlenswert ist, trägt man als KHK-Patient nun mal eine Art Bombe im Körper, wo prinzipiell durch jede physische oder psychische Anstrengung ein Plaque dem Gefäß den Garaus machen kann...