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whatever9999
22.04.2021, 14:31
Hallo zusammen,

Hätte mal eine ganz generelle Frage an die Ophtamologen unter euch:

Wie findet ihr denn euer Fach? Macht es euch Spaß? Ist die Arbeitsbelastung tragbar? Arbeitet ihr in einer Klinik oder in einer Praxis? Worin besteht euer hauptsächlicher Arbeitszeitvertreib? Ist es vergleichsweise leicht, eine Stelle zu finden? Müsst ihr Dienste leisten und wenn ja, wie viele, wie lang und wie stressig sind diese? Wie schätzt ihr eure späteren Karriereaussichten ein? Wie sind eure Pläne für die Zukunft? Würdet ihr das Fach einem fast fertigen Studenten empfehlen? Und welche Tipps würdet ihr ihm für den Einstieg geben?

Würde mich sehr über ausführliche, aufrichtige Antworten aus erster Hand freuen :)

Vielen Dank schonmal an alle im Voraus!!

Espressa
22.04.2021, 14:57
Ich würde es jederzeit wieder tun, angestellt in Praxis, fast ausschließlich Patientenuntersuchungen, keine Dienste.

whatever9999
22.04.2021, 16:08
Hey Espressa, danke für deine schnelle Antwort :) Aber du warst sicherlich auch erstmal in der Klinik oder? wie waren da so die Arbeitsbedingungen?

Feuerblick
22.04.2021, 16:25
Ist zwar schon ein paar Jahre her :-oopss, aber...

Klinik (zwei verschiedene Unikliniken): Arbeit auf Station (Aufnahmen, Entlassungen, Visite), Arbeit in der Ambulanz (alles, was reinkam plus Laserkram), später auch OP (kleinere extraokulare chirurgische Sachen und IVOMs). Dienste? Ja, logisch. Von gähnender Langeweile bis 24 Stunden am Stück gerödelt war alles dabei. Im Vergleich zu anderen Fachrichtungen aber dennoch gechillt, weil es einfach in der Augenheilkunde so wenig wirklich dringende Notfälle gibt.
Praxis (schon als FA): Irgendwas zwischen 60 und 75 Patienten pro Tag. Enge Taktung. Meist Routinerkram, selten spannende Fälle. Einmal im Jahr Wochenende/Feiertage. Sonst keine Dienste.

Würde ich es wieder machen? Ja, ich würde genau dieses Fach wieder wählen. Vielleicht würde ich mich mehr bemühen, doch OÄ zu werden. Der Praxisjob war definitiv nichts für mich, aber Dienste waren es halt auch nicht. Dennoch liebe ich mein Fach nach wie vor. Ich bin aber grundsätzlich auch mit meinem jetzigen Job sehr zufrieden.

Empfehlungen? Mach eine Famulatur und das PJ in der Augenheilkunde, wenn du wirklich dieses Fach machen möchtest. Dann bekommst du einen besseren Einblick und stehst als Anfänger-Assistenzarzt nicht komplett hilflos vor der Spaltlampe. Das geht zwar auch, aber fürs Gefühl ist es natürlich nicht so wirklich schön. Such dir die erste Weiterbildungsstelle bei einem Maximalversorger. Inzwischen gibt es ja nicht nur Unikliniken sondern auch gute städtische Häuser, die alles abdecken. Auf keinen Fall in der Praxis anfangen! Been there... und so... ;-)

Karriere? War nie mein Ziel. Aber alle aus meinem Umfeld, die Karriere machen wollten, haben es auch geschafft. Erfordert, wie überall, eben Engagement. Die meisten wollen aber nach dem FA entweder als OA in der Klinik bleiben (wirklich „Karriere“ ist das nun nicht...) oder sich irgendwo niederlassen.

Stellensuche? Meines Erachtens heute weniger schwierig als damals zu meiner Zeit, als die meisten Maximalversorger Unikliniken waren. Mit Famulatur und/oder PJ noch etwas einfacher. Örtliche Flexibilität ist allerdings ein Muss. Unter Umständen muss man sich auch mal mit einer weniger beliebten Örtlichkeit abfinden, bevor man die Wunschstelle bekommt.

HenrikNL
22.01.2022, 13:35
Wie kommt man an den chirurgischen Bereich als Assistenzarzt?
Kann man zB 1-2 Jahre im Krankenhaus machen und den Rest in der Praxis absolvieren und dazu bei den OPs helfen oder erst als Facharzt?

Feuerblick
22.01.2022, 13:45
Siehe Antwort auf deine Frage im anderen Thread.

Wie willst du denn bei Augen-OPs helfen? Die allerallermeisten Augenoperationen sind Einzelkämpfer-Sachen. Einen Assistenten (außer der instrumentierenden OP-Pflege) braucht man nicht.

Espressa
22.01.2022, 16:34
Es ist auch relativ unnötig alle Assistenten zu Augenchirurgen auszubilden, weil viele eh rein konservativ arbeiten werden.
Und da jeder eine Lernkurve hat und am Anfang nicht sofort perfekte Ergebnisse liefert, muss man dafür keine Patienten… ihr wisst schon.

][truba][
22.01.2022, 22:22
Wie lernt man dann operieren als Augenarzt ? An Modellen oder gibt es sowie wie duale Mikroskope wo der Ausbilder schritt für Schritt erklärt? War noch nie in nem Augen op. Wenn es reine Single Operateur Eingriffe sind, wie lernt man es dann?

Feuerblick
23.01.2022, 07:40
Katarakt/intraokulare Eingriffe etc. kann man am Schweineauge lernen. Simulatoren gibt es inzwischen auch. Allerdings weiß ich nicht, ob man so etwas inzwischen regelhaft an Kliniken hat oder ob man hierfür immer noch Wetlabs auf Kongressen/Fobis besuchen muss. Ich wollte das nie lernen, daher habe ich mich nicht damit beschäftigt.
Andere Sachen (intravitreale Injektionen, Lider, Augenmuskeln) lernt man unter Anleitung während man sie selbst durchführt. In aller Regel operiert man von den Standardsachen mehrere hintereinander, da klappt „See one, do one…“ ganz gut. Man lernt in der Augenheilkunde halt nicht (mehr) durch Assistieren.

Muriel
23.01.2022, 07:47
Durchs Lupehalten bei den ppVs früher hat man ja auch nichts gelernt. Dann lieber Beobachterokular am Biom, da kann man sich wenigstens auf das Gesehene konzentrieren und muss nicht schweißgebadet irgendwie diese Lupe auf dem Auge balancieren...
Letztendlich tastet man sich Stück für Stück an einzelne OP-Schritte heran, macht erst einmal nur den einen Schritt, bevor man den nächsten macht.

Feuerblick
23.01.2022, 08:34
Wobei heute doch schon die OPs auf den großen Bildschirmen im OP gezeigt werden, wenn nicht gar so eine hippe 3D-Apparatur vorhanden ist. Da braucht es kein Beobachterokular mehr.

Muriel
23.01.2022, 10:15
Bildschirm in 2D finde ich absolut nichtssagend. Ich brauche da, um was lernen zu wollen, den direkten Blick.

Thomas24
23.01.2022, 10:33
Bildschirm in 2D finde ich absolut nichtssagend. Ich brauche da, um was lernen zu wollen, den direkten Blick.

Funkel meint "Heads up" Surgery mit 3D Kanerasystem und Brille. Ist auch nicht für unbedingt jeden geeignet (und ich kenn auch niemanden, der vorhat sich das System für 90 K Extrakosten hinzustellen. Außer vielleicht Frankfurt Höchst).

Feuerblick
23.01.2022, 10:42
2D am Monitor sah für mich immer kaum anders aus als 3D am Mikroskop. Trotz normalen Stereosehens war ich beim Blick durch Okulare irgendwie gehandicapt. :-nix Das Vorgehen als solches konnte ich auch in 2D erkennen und wirklich lernen wollte ich das alles ja sowieso nicht. War angesichts der beschriebenen Problematik wohl auch besser so. :-))
Hat Höchst sich so ein System hingestellt? Nachdem dort ja ein neuer Chef am Werk ist, traue ich denen das zu. Aber es gibt ja auch einige technikverliebte Netzhaut-Chefärzte, die so etwas sicher gern hätten und irgendwann auch bekommen. Die teuren Femtolaser-Katarakt-Systeme wollte erst auch keiner, nun haben doch viele so ein Spielzeug. Hätte ich damals auch nicht gedacht.

Thomas24
23.01.2022, 10:58
Wobei die Femtolaser Assisted Cat Op derzeit ja ein totaler Krampf ist wegen des kürzlich ergangenen BGH Urteils, das formal juristisch durchaus korrekt und nachvollziehbar ist (sag ich mal als juristischer Laie). Nur der Rückzahlungsanspruch von Versicherten, Versicherungen usw. für die letzten drei Jahre Ist natürlich ätzend. Und dass du den Blödsinn derzeit nach Paragraph 1 der GoÄ abdingen lassen musst, um aktuell rechtskonform zu bleiben. Hoffe, da tut sich in Zukunft noch ne weniger umständliche Lösung auf.

Feuerblick
23.01.2022, 11:23
Kommt drauf an, ob die Methode lange genug eingesetzt oder durch etwas anderes abgelöst wird. Die Mühlen in Abrechnungsfragen mahlen sehr langsam. Bis sich da etwas auftut, ist die Methode vielleicht schon wieder out. :-nix

HenrikNL
23.01.2022, 16:54
Es ist auch relativ unnötig alle Assistenten zu Augenchirurgen auszubilden, weil viele eh rein konservativ arbeiten werden.
Und da jeder eine Lernkurve hat und am Anfang nicht sofort perfekte Ergebnisse liefert, muss man dafür keine Patienten… ihr wisst schon.

wie denn unnötig?
zum einen hat man später als FA durch rein konservative Tätigkeiten einen sehr monotonen Alltag.
Zun anderen wird man dadurch monatlich bestenfalls auf das Gehalt eines Pflegers kommen, welcher Arzt kann sich das vorstellen?

Feuerblick
23.01.2022, 17:19
1. Wenn alle operieren (was einfach nicht geht, weil man nicht unendlich operativ tätige Praxen eröffnen kann), dann wird der Kuchen zu Krümeln. Patienten, die eine OP benötigen, wachsen nicht auf Bäumen.
2. Wie kommst du auf den Blödsinn? Die wenigsten Praxen bestehen aus konservativen Einzelkämpfern. Mischpraxen sind heute üblich. Und dann verdient man auch völlig ausreichend.
Es soll durchaus Augenärzte geben, die wollen gar nicht operieren. Ich verrate dir ein Geheimnis: Die nagen auch nicht am Hungertuch!
3. Auch chirurgische Tätigkeit kann SEHR monoton sein. Die Spannung lässt mit zunehmender Routine nach. Bei Niedergelassenen ist es ja auch nicht so, dass die alles operieren. Das scheitert einfach an den Abrechnungsmöglichkeiten. Und den ganzen Tag nur Katarakte oder IVOMS… naja, spannend ist das nicht.
Spannend wird auch die konservative Tätigkeit, wenn man nicht nur Sicca, Glaukom- und Diabeteskontrollen macht sondern tatsächlich echte Augenheilkunde betreibt. Sonst ist es in der Tat monoton. Aber da ist ja jeder selbst gefordert.

Thomas24
23.01.2022, 18:23
Auch chirurgische Tätigkeit kann SEHR monoton sein. Die Spannung lässt mit zunehmender Routine nach. Bei Niedergelassenen ist es ja auch nicht so, dass die alles operieren. Das scheitert einfach an den Abrechnungsmöglichkeiten. Absolut. Irgendwo ist das ganze nur Arbeit... Und man könnte seine Vormittag durchaus auch anders verbringen, als 20 eng getaktet Phakos zu schrubben.


Und den ganzen Tag nur Katarakte oder IVOMS… naja, spannend ist das nicht.
Spannend wird auch die konservative Tätigkeit, wenn man nicht nur Sicca, Glaukom- und Diabeteskontrollen macht sondern tatsächlich echte Augenheilkunde betreibt. Sonst ist es in der Tat monoton. Aber da ist ja jeder selbst gefordert.

Und auch da gilt: man muss immer im Rahmen des wirtschaftlich darstellbaren/EBMs bleiben. Klar kann man sich z. B. mit der Differenzialdiagnostik und Therapie einer chronischen intermed. Uveitis mit TNF Alpha Blockern, Sekundärglaukom etc. auseinandersetzen. Ist aber in einem eng getakteten 5- 10 min Setting (GKV) aber weniger befriedigend für alle Beteiligten, da macht eine Kooperation /Betreuung mit einer Schwerpunktklinik plus hausaugenärztliche Nachsorge einfach mehr Sinn, als "Husch, Husch, Husch" in nem ambulanten Setting ohne entsprechende Expertise, Zeit und Erfahrung.

Feuerblick
23.01.2022, 18:42
Alles eine Frage der Mischung. Die meisten Praxen finden halt die einfachen 5-Minuten-Kontrollen auch geil. Die kann man auf drei Minuten abkürzen, mäßig gute Augenheilkunde machen und gut. Und wenn sie die Leute von den Kliniken zur Nachbetreuung bekommen, müssen sie erstmal googeln, was da genau vorliegt und gemacht wurde. Been there…