Geburtshilfe in Litauen
Famulatur in Kaunas
Hardy Koch
Hospitationen auf der Gyn
Wir hospitierten bei invasiven Untersuchungen wie Amniozetesen oder wandten fingerfertig die zuvor erlernten „Leopold Handgriffe“ bei den Patientinnen an. Leider oder „ Gott sei Dank“, je nach Philosophie konnten wir während der Famulatur nicht eine Anamnese am Patienten explorieren, da die eine Seite meist nicht die Sprache der anderen sprach.
Wenn es vorkam, dass es nichts zu sehen oder zu tun gab, scheute man auch keine Mühen und versüsste uns die Zeit mit einigen interessanten Videos, denen wir im Direktorzimmer fröhnten.
Es war unter den Studenten üblich, den Anfang des Tages bis auf 10.00 Uhr auszudehnen, abhängig davon wie intensiv die Party am Abend zuvor gewesen war.So bürgerte es sich langsam ein, dass wir den Tag gegen 9.30 Uhr mit einem Unterricht begannen, der von den unterschiedlichen Ärzten der Klinik, in den unterschiedlichsten Sprachen zu den unterschiedlichsten Themen extra für uns ausgearbeitet worden war. Ich möchte hier aber ausdrücklich erwähnen, dass hierbei alle mit dem grössten Engagement versuchten uns das Fach zu vermitteln und dazu auch speziell englische Literatur wälzten.
Eine besondere Freundschaft bauten wir zu einer Stationsärztin auf, die sehr gut deutsch sprach, und uns später viel bei der Erkundung der Stadt und der Umgebung zur Seite stand. Ihr Name war Vaiva und wir haben noch heute Kontakt mit ihr.
Vorlesungen fanden einmal in der Woche statt, völlig flexibel und mit den Studenten abgestimmt. Dafür sind es dann auch Marathonvorlesungen von 3,5 Stunden Dauer ohne Pause. Nach der oben beschriebenen Lehrstunde erwarteten wir meistens voller Ungeduld eine Geburt, die hier noch viel häufiger waren als in Deutschland. Deshalb konnten wir auch eine Reihe an natürlichen „labours“ sehen, wie auch komplikationsbehaftete, die dann meist in einer Sectio Cesarea endeten. Und da man die Frequenz der Geburten nicht steuern kann, kam es, wenn auch selten vor, dass wir bis in den Abend in der Klinik waren.Dies war aber nicht erschreckend, da man doch sehr oft schon kurz nach Mittag die Segel streichen konnte.
Freizeit
Die viele Freizeit nutzten wir neben den, wie fast alles in Litauen, sehr billigen kulturellen Höhepunkten, wie Philharmonie, Museen, Kirchen und Theater auch intensiv für das Verweilen in den Cafés entlang der „Láisves Aleja“, der Freiheitsallee, einer „der“ Sehens-würdigkeiten in Kaunas. Ebenfalls zu empfehlen waren die Internetcafés, die dort wie Pilze aus den Boden schiessen. Nebenher hatten diese noch den Vorteil, dass sie „schnellere“ Verbindungen anboten als jene Rechner, die man in der Uni nutzen konnte.
Ein natürliches Muss waren die Kinos in Kaunas - wegen der Nostalgie die sie umhüllte. Back to the roots! Und wie es sich für einen ordentlichen Studenten gehört, machten wir am Abend mindestens einen Abstecher in die etablierten Clubs der Stadt. Ganz oben auf der Liste stand bei uns das „American Pirtje“, gefolgt vom „Ciena“ und „Combo“. Natürlich sind wir auf diese Insider nur mit Hilfe der „altgedienten“ Studiosies gestossen, die wir inzwischen aus der Uni und vom Wohnheim her kannten und mit denen wir abends um die Häuser zogen.
Abschliessend dazu muss ich sagen, dass es nicht schwer ist, sich dort in das Studentenleben zu integrieren - und schon gar nicht eine schöne, angenehme und ruhige Famulatur zu verleben.Für den maximal interessierten Studenten, der nur des Lernen wegen, nach Kaunas kommt, kann es teilweise schwierig werden, genug Lernstoff zu finden. Dagegen ist für Otto-Normalverbraucher diese Art der Famulatur eine Chance, sich ein wenig von ewigen Unitrott abzunabeln und einige Wochen auch die Sonnenseite des Lebens zu geniessen.
Ich behalte die Litauer als ein sehr freundliches und hilfsbereites Völkchen in Erinnerung, zudem es sich wirklich lohnt nochmals einen Abstecher zu machen.
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