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Was raschelt unter der Bettdecke?

Der infektiologische Fall

Eva Krause

Jeden Donnerstag begibt sich im Uniklinikum Aachen eine leider noch kleine Gruppe von Studenten zusammen mit Prof. Dr. K. Ritter auf eine abenteuerliche Reise ins Land der infektiologischen Erkrankungen. Mit Prof. Ritter und seinen Mitarbeitern eine Stunde lang auf der Pirsch nach den virulenten Mikroorganismen zu sein, erspart einem manchen Gang ins Kino.

Krätzmilben unter der Bettdecke

Da rascheln Krätzmilben unter der Bettdecke, verstecken sich kleinste Bösewichte in den Schuppen der Zierfische, feixt der Fuchsbandwurm in der Leber, verbreitet das süße Mäuschen den Tod durchs Nierenversagen, schleicht sich das Verderben als Schwindsucht heran, lauern im Garten niederträchtige Nokardien und wird das Haschpfeifchen zur tödlichen Falle.

Prof. Ritter: Ein Lehrer mit Charisma und Humor

Medizinstudenten in Aachen ist Prof. Ritter für seine charismatische Art, seinen Humor und seine Fähigkeit, medizinische Zusammenhänge so spannend wie einen Krimi zu vermitteln, bekannt. „Der aktuelle infektiologische Fall“ nimmt unter den Veranstaltungen des Lehr- und Forschungsbereiches Virologie, dessen Direktor Prof. Ritter ist, eine besondere Stellung ein. Jede Woche wird ein Patient, der mit einer infektiologischen (Begleit-)Erkrankung im Klinikum liegt, von den Mitarbeitern aufgespürt und präsentiert.

Der infektiologische Fall

Beim infektiologischen Fall erhält Interdisziplinarität eine neue Dimension. Die anwesenden Studenten erheben eine gezielte Anamnese und überlegen gemeinsam Verdachts- und Differentialdiagnosen sowie das weitere Vorgehen, dabei begleitet und unterstützt von „ritterlichen“ Kommentaren und Hinweisen.
 Auf diese Art und Weise lernen wir dort lebens- und praxisnah und mit viel Spaß nicht nur das differentialdiagnostische, interdisziplinäre Denken in einem besonders spannenden Fachgebiet, sondern es werden uns auch Kern-Kompetenzen vermittelt zur Findung und vor allem Bestätigung einer Diagnose resp. Ausschluss der Differentialdiagnosen. Hier ist detektivischer Spürsinn ebenso gefragt wie pragmatisches Denken, Anmerkungen, welche Angaben bspw. dringend auf einem Laborschein gemacht werden müssen, können uns werdenden ÄrztInnen so manchen Fehler und Diskussionen mit Oberärzten, Laborärzten und Verwaltungschefs bezüglich fehlender oder überflüssiger Untersuchungen ersparen. Im Anschluss an Anamnese und diagnostische Überlegungen porträtiert Prof. Ritter kurz und knackig den ertappten Mikro-Übeltäter anhand von Dias o.ä., so dass auch eine gewisse Systematik nicht zu kurz kommt.

Diese Veranstaltung ist ein Leckerbissen

Nicht nur durch die besonderen pädagogischen Fähigkeiten von Prof. Ritter und der guten Patientenauswahl durch seine Mitarbeiter ist diese Veranstaltung im doch oft trockenen Einerlei des Studentenalltags ein echter Leckerbissen! Unverständlich ist, dass dennoch nur wenige StudentInnen dieses Angebot nutzen – deshalb sei hier eine ausdrückliche Einladung ausgesprochen, so oft wie möglich dieses gänzlich untheoretische und vollkommen sanktionsfreie Lernangebot wahrzunehmen. Die Fälle bauen nicht aufeinander auf, so dass ein Einstieg jederzeit im laufenden Semester möglich ist. Durch systematische Darstellung am Ende und die unterstützte Anamnese und Diagnosefindung ist die Veranstaltung für jedes Semester geeignet, Erstsemester profitieren genauso wie Examenskandidaten, und wenn man schon alles weiß, so kann man sein Wissen in einer vergnüglichen und außergewöhnlichen Stunde testen und teilen.
Fälle aus den vorigen Semestern behandelten u.a. folgende Themen:
• Gefahr im Waschbecken - CF und Pseudomonas aeruginosa
• Thailand-Reise – einmal und nie wieder! (Dengue-Fieber)
• „Mikro-Wolf“ im Schafspelz - M. Orf (Ecthyma contagiosa)
• Hunde, Füchse, Wurm und Mensch (Echinokokkus-Zyste)
• Mückenstich mit Folgen – Malaria
• Kind mit Fieber – nur eine Bagatelle? Kawasaki-Syndrom
• u.v.m.!!

Ein Fallbeispiel aus diesem Semester:

Männlicher Patient, Mitte 50, Z.n. Umstellungsosteotomie am linken Knie vor 1 Jahr mit Fixateur externe, komplikationslose Ausheilung, postop. schmerzfrei. Nichtraucher, keine Vorerkrankungen. Seit einem dreiviertel Jahr zunehmend schlimmer werdender Husten, v.a. morgens, wenig produktiv, einmal geringfügiger Blutsauswurf. Intermittierendes Fieber, Nachtschweiß, kein Gewichtsverlust. Vorstellung beim Hausarzt, dieser veranlasst ein CT zur Tumorsuche. Tumorverdacht kann nicht bestätigt werden, aber am Lungenhilus ist ein ‚unklarer Schatten‘ zu sehen. Zur Abklärung wird der Patient ins Universitätsklinikum verlegt und dort mit V.a. auf Tb infektiologisch untersucht und betreut. Die Laborparameter weisen auf einen entzündlichen Prozess hin. Zur Abklärung der Verdachts- und Differentialdiagnosen (Tb, Ca., Pertussis, atyp. Pneumonie) werden eine Bronchoskopie durchgeführt und mikrobiologische Untersuchungen eingeleitet. Alle Kulturen sind nach 6 Wo. negativ auf Mykobakterien.

Gelauscht (Foren)

Fachsimpelei
Im Rahmen des Krankenhausaufenthaltes bildet sich bei dem Mann am linken Oberschenkel eine überwärmte, schmerzende Raumforderung, die auf ‚Brötchengröße‘ anwächst. Zunehmend Fieberschübe. Gemäß dem Spruch ‚ubi pus, ibi evacua‘ wird die abszessverdächtige ‚Beule‘ chirurgisch saniert und vom eitrigen Punktat werden erneut Kulturen angelegt. Hier wachsen gram-positive Stäbchen, die Histologie bestätigt einen entzündlichen Prozess. Es wird eine antibiotische Therapie eingeleitet, unter der der Patient nach wenigen Tagen symptomfrei ist und unter oraler Antibiotikagabe nach Hause entlassen werden kann.
Die Familie des Patienten nimmt ihn in den folgenden Wochen als verändert wahr. Eines Tages bemerkt der Patient starke, stirnbetonte Kopfschmerzen und fällt am folgenden Tag beim Arbeiten im Garten von einer Leiter. Er ist mehrere Stunden bewusstlos und kann nicht erinnern, wie es zu dem Sturz kam. Er bleibt nach Wiedererlangen des Bewusstseins leicht benommen und entwickelt zunehmend eine Sprachstörung, so dass er erneut ins Krankenhaus eingeliefert wird. Im CCT zeigt sich eine Raumforderung links frontal. Eine Biopsie bestätigt den Verdacht auf einen Hirnabszess. In der mikrobiologischen Kultur des gewonnenen Materials zeigt sich nach 1 Woche Wachstum von grampositiven, langen, verzweigten Stäbchen...

Na, schon eine heiße Spur?

Die Bösewichte heißen Nokardien und leben im Erdreich. Die möglichen Übertragungswege sind nicht im Detail bekannt, am häufigsten erfolgt die Infektion jedoch inhalativ und ruft die in der Kasuistik beschriebenen respiratorischen Symptome hervor. In bis zu 50 % der Fälle sind immunkompetente Personen von der Nokardiose betroffen. Eine antibiotische Therapie kann mit einer Kombination aus Carbapenemen und Aminoglykosiden erfolgen und muss ausreichend lange durchgeführt werden, d.h. über mehrere Wochen i.v. und anschließend über Monate p.o.

Weitere Infos zur Veranstaltung
Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung, die jeden Donnerstag von 13.30 h bis 14.30 h im Hörsaal 5 des Universitätsklinikums in Aachen stattfindet, stehen auf der Webseite des Universitätsklinikums der RWTH-Aachen: http://www.ukaachen.de unter ‚Unsere Einrichtungen‘ -> ‚Institute mit Lehr- und Forschungsgebieten‘ -> ‚Institut für Medizinische Mikrobiologie‘ -> ‚Lehr- und Forschungsgebiet Virologie‘ -> ‚Lehre‘ -> ‚Veranstaltungen im Sommer- und Wintersemester‘

Autorin: Eva R. Krause - [email protected]