Einiges war gewöhnungsbedürftig
Somit war der diensthabende Arzt manchmal ziemlich überfordert oder gar nicht auffindbar und es gab einiges zu tun für Schwestern und Famulanten. Die häufigsten Diagnosen waren Verbrennungen, Frakturen und Schussverletzungen. Zudem waren die Patienten oft bewusstlos. Die Therapie bestand meistens nur in Basics, d.h. Wundversorgung, Volumenersatz und Tetanusimpfung, eventuell noch eine Schmerzmedikation. Das war für mich anfangs ziemlich gewöhnungsbedürftig, aber da es hier weder EKG noch Narkosegeräte oder ausreichend Medikamente gab, lernte ich ziemlich schnell, die Patienten mit dem nötigsten adäquat zu versorgen und mich auf meine 5 Sinne zu verlassen, wenn es um die Diagnose ging.
Ein ähnliches Bild bot sich mir auch in der nächsten Woche als ich weiter zur Chirurgie / Urologie rotierte. So konnte aus Materialmangel nur an zwei Wochentagen operiert werden, obwohl das Krankenhaus zur Universität gehörte und rund 1000 Betten hatte. Die Ausstattung im OP-Trakt war ebenfalls sehr spartanisch und schon ziemlich alt. Dafür sieht man hier Krankheitsausprägungen, insbesondere bei Tumoren, die in Deutschland nicht mehr auf den Tisch kommen. Allzu viel zu tun gab es hier für mich nicht, denn an Personal mangelt es nicht und die nigerianischen Studenten und jungen Ärzte sind sehr froh, wenn sie einmal selbst praktisch tätig werden dürfen.
Die letzte Woche verbrachte ich in der University of Lagos, wo sich der Streik inzwischen gelegt hatte und die ersten Patienten wieder eintrudelten. Hier schaute ich mich in Gynäkologie und Geburtshilfe um und durfte auch relativ viele Patientinnen untersuchen. Da der Professor Ajayi, der in Deutschland studiert hat, vornehmlich in der Pränataldiagnostik tätig ist, war dies eine sehr interessante Woche in Hinblick auf wissenschaftliches Arbeiten in Afrika und das Umsetzen der gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis.
In dieser Zeit hatte ich auch viel Gelegenheiten, das studentische Leben und Lernen kennenzulernen und habe die eine oder andere Unterrichtsstunde mitgemacht. Diese hat Seminarcharakter und nachmittags sind die Studenten meist auf die Stationen verteilt, wo sie allerdings oft nur zugucken dürfen. Ansonsten läuft das Studium relativ gut durchorganisiert nach britischem Vorbild ab. Die Hierarchie ist jedoch sehr ausgeprägt und das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden ist äußerst distanziert. Inzwischen hatte sich auch die eine oder andere Bekanntschaft ergeben, so dass ich fast jeden Nachmittag zu einem anderen nigerianischen Highlight unterwegs war.
Die Universität war zudem etwas besser ausgestattet, als das staatliche Krankenhaus, das ich schon gesehen habe. Doch in privaten Häusern finden sich Ausstattungen, wie wir sie von Deutschland gewöhnt sind.
Da ich die Famulatur über den DFA organisiert habe, bin ich in der Annahme nach Nigeria gereist, nur Geld für den Eigenbedarf zu benötigen. Zum Glück habe ich diesen für sehr hoch eingeschätzt und somit am Ende noch einige Reserven gehabt, aber man muss sich darauf einstellen, dass man hier sehr schnell sein Geld los wird, weil einfach jede Bitte, jeder Gefallen und überhaupt alles bezahlt sein will. So reichte auch das Pocketmoney der DFA-Partnerorganisation für die Famulaturzeit nur gut eine Woche. Dafür hatte ich in den vier Wochen meiner Famulatur eine, für afrikanische Verhältnisse recht komfortable Unterkunft mit Klimaanlage und Fernseher im Lagos University Teaching Hospital. Das Problem war, dass es nur manchmal Strom und fließend Wasser gab, aber mit der Zeit kommt man überall zurecht.
Essen, Reisen u.a. Empfehlungen
Genauso gewöhnt man sich auch an das afrikanische Essen, zu dem es kaum eine Alternative gibt, wenn man nicht den 5 – 10-fachen Preis, der sonst üblichen 1- 2 $ bezahlen möchte. „Cook it, peal it or forgett it“ ist allerdings das oberste Gebot bei jeder Mahlzeit und überall – Nichtbeachten wird postwendend quittiert. Ganz besonderen Wert auf seine eigene Gesundheit sollte man legen, wenn man sich entschließt, das Land zu erkunden. Vorsicht und allzeit ein waches Auge sind ebenso geboten, wie gesundes Misstrauen jedem anderen gegenüber. Besonders in Acht nehmen sollte man sich vor Polizisten und Taxifahrern. Dennoch hat Nigeria landschaftlich sehr viel zu bieten und abseits größerer Städte noch viel unberührte Natur.
Impressionen aus einem einzigartigen Land
Im Süden erstreckt sich nach dem Strand zum Atlantik ein fast unendlicher Regenwald, der dann gen Norden in Feucht-, Trockensavanne und Wüste übergeht. Eine Fahrt durchs Land in Public Cars ist somit landschaftlich reizvoll und vor allem lernt man das Völkchen der Nigerianer so richtig gut kennen, denn man ist allein unter den Schwarzen.
Ich traf in den 10 Tagen Rundreise nur eine Handvoll Holländer in einem Nationalpark – das waren weniger Weiße als ich Elefanten gesehen habe! Auffällig war jedoch, dass ich auf dem Trip mehr Herzlichkeit von den Menschen erfahren habe, die ich in der Finanz-, Handels- und Kriminalitätshochburg Lagos kaum spürte. Neben den Public Cars, welche die preisgünstigste Alternative für Inlandsreisen ist, kann man noch sehr komfortabel fliegen (70 – 100$ pro Flug) oder auch per Bus oder Bahn das Land erkunden. Als Reiseführer hat mir der ’Mai`s Weltführer Nigeria’ recht gute Dienste geleistet.
Informationen über Nigeria gibt’s auch im Internet, aber das meiste davon ist nicht besonders informativ.
Empfehlen kann ich Nigeria für jede / jeden, der Afrika erleben will, wie man es gewöhnlich nicht aus dem Fernsehen oder von Prospekten kennt und wer täglich einen hohen Unterhaltungswert braucht. Allein ist es allerdings nur etwas für ganz Harte, denn zu zweit ertragen sich Freud und Leid sowie ewige Warterei viel besser. Von allem gibt es genügend in Nigeria. Medizinisch gibt es sehr viel zu sehen, vor allem tropische Krankheiten und Tumore sowie Verletzungen, die in Deutschland eher Raritäten sind. Allerdings sind die Möglichkeiten selbst Hand anzulegen begrenzt.
Vorbereitung und Formalitäten
Als Vorbereitung empfehlen sich einige Impfungen gegen Typhus, Hepatitis A,B und Gelbfieber sowie eine Malariaprophylaxe (Mefloquin). Eine gut situierte Reiseapotheke mit Verbandsmaterial, Antibiotika, Magen-, Darmmittelchen und Desinfektionszeug sollte ebenso zum Gepäck gehören, wie Sonnencreme, Taschenlampe und Moskito-Repellentien.
Der Flug nach Nigeria kostet rund 700 € und ist auch noch kurzfristig zu diesem Preis möglich. In Nigeria selber kosten Unterkünfte in billigen Hotels oder auch auf dem Campus der Universität über 10 $ pro Nacht. Somit sollte man je nach eigenem Lebensstandard 20 – 40 $ pro Tag einplanen, wenn man im Land unterwegs ist. Geld sollte man nach Nigeria nur als Dollars in bar mitnehmen und dort auf dem Schwarzmarkt (wesentlich besserer Wechselkurs, als in Hotels) in Naira tauschen, denn Reiseschecks oder Kreditkarten werden nirgends akzeptiert! Allerdings hörte ich von den dortigen Ärzten, dass es insbesondere im Norden des Landes auch freie Unterkünfte und Verpflegung zur Verfügung stehen, wenn man dort famulieren möchte. Glücklicherweise liegen die möglichen Zeiträume für Famulaturen in West- oder Zentralafrika recht günstig. Zur Regenzeit April bis August verwandelt sich so manche Straße in einen Fluss und zum Ende des Jahres macht der Hamatan einem zu schaffen.
Ein Visum für 2 Monate Aufenthalt und gegen 55 € cash gibt es bei der:
- Botschaft der Bundesrepublik Nigeria
- Platanenstr. 98a
- 13156 Berlin
- Tel.: (030) 47 72 30-0 / -1
- Fax: (030) 477 25 55
- e-Mail:

- und:

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- Auswärtiges Amt
- Referat 040
- D-11013 Berlin
- Tel.: (01888) 17-0
- Fax: (01888) 17-3402