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Auswahlgesprächsprotokoll Detail

 
Auswahlgesprächsprotokoll:
Protokoll eingefügt 17.09.2020
Ort/Uni:  Greifswald, Ernst-Moritz-Arndt-Universität
Semester:  WS 2020/21
Anzahl Prüfer:  2-4
   
Atmosphäre:  eher locker
Dauer:  1 Std.
Note:  100
Kleidung:  gehobene Freizeitkleidung
Gespräch: 
Hallo,

in diesem Protokoll möchte ich mit Dir teilen, wie ich mein Interview erlebt habe.
Vorab solltest du wissen, dass ich mich schon über Monate und z.T. Jahre auf diese Gesprächssituation vorbereitet habe, da ich unbedingt an der Universität Greifswald Medizin studieren möchte. Neben meinen Erlebnissen vor Ort möchte ich Dir auch ein paar Gedanken zur generellen Vorbereitung geben:

Bewerbung für das Interview:
Die Bewerbung erfolgt unkompliziert über einen Punkterechner auf einem speziellen Bewerbungsportal der Universität selbst. Ein großes Dankeschön geht dabei an Frau Turek und den anderen Mitarbeiter*innen des Studiendekanates, die auf wirklich jede Frage per E-Mail antworten und dieses Jahr trotz COVID-19 ein Gespräch vor Ort in Greifswald (nach mehrfachen Verschiebungen) ermöglicht haben.

Vor dem eigentlichen Gesprächstermin wird von Dir folgendes verlangt:
-ein eigenhändig handschriftlich geschriebenes Motivationsschreiben mit der Darstellung der besonderen Eignung des*der Bewerbers*in für das gewählte Studium und den angestrebten Beruf
-Biografischer Bewerbungsbogen, der auszufüllen ist
-Unbefangenheitserklärung, die auszufüllen ist

Bei vorherigen Auswahlverfahren wird von einem "handgeschriebenen Lebenslauf" gesprochen. Meiner Ansicht nach überschneidet sich beides sehr stark und macht am Ende keinen großen Unterschied. Das Motivationsschreiben bildet Deinen Lebenslauf ebenso ab.

Für mich persönlich sind beide Dokumente (Bewerbungsbogen und Motivationsschreiben) gleichwertig und beide wichtig für die Bewerbung. Das handgeschriebene Schriftstück dauert allerdings länger und erfordert mehr eigene "Präzession", da du keinen starren Rahmenbedingungen hast.


Ich habe mein Motivationsschreiben mit blauem Fineliner auf Büttenpapier geschrieben, da meine Handschrift objektiv betrachtet nicht sehr "elegant" ist, sondern eher etwas krakelig.
Zum Inhalt: Meiner Ansicht nach sollten folgende Gedanken/Fragestellungen klar beantwortet werden: Wieso Medizin? Wieso Greifswald? Lebenslauf -> medizinische Aspekte/Vorerfahrungen? Und ganz wichtig: Wieso sollten wir von allen Bewerbern gerade Sie nehmen?
Insgesamt sollte der Leser meiner Ansicht nach ein Gefühl dafür entwickeln, wer du bist und was Dich besonders auszeichnet für eine Zulassung. Stichwort: persönliche Ziele, besonderes Engagement verbunden mit Deinen Beweggründen für das Studium generell + dem Studienort Greifswald als solches.
Wie viel du schreibt bleibt Dir überlassen. Mein Schreiben hatte elf kurze bis mittlere Abschnitte auf insgesamt vier Seiten verteilt.
Eigentlich selbstverständlich und dennoch ganz wichtig: Schreibe keine Schachtelsätze, sondern komme kurz und knapp auf den Punkt! Bleib trotzdem menschlich und zeig Deinen Charakter. Stichwort: Optimistische Bescheidenheit.

Biografischer Bewerbungsbogen: Ein ganz wichtiger Teil, in dem nochmal du besondere Aspekte Deiner Biographie und Deines bisherigen "Wirkens" hervorheben kannst. Besonders gewürdigt wird meiner Meinung nach soziales und gesellschaftliches Engagement. Dies kann schon zu Schulzeiten beginnen und auch über die Dauer des Gespräches hinaus "wirken". Ich persönlich habe viele zusätzliche Aspekte erwähnt, die noch nicht in meinem Motivationsschreiben explizit standen. Insgesamt war dieser Bogen bei mir bis auf die letzte Zeile komplett ausgefüllt. Ich denke, dies unterscheidet viele Bewerber und trennt ein Stück weit auch das Bewerberspektrum.

Die Unbefangenheitserklärung ist nur eine Formalie.


Nun zum Gespräch:
Jeder würde jetzt denken, dass dies der "schlimmste" bzw. anstrengendste Teil der Bewerbung ist. Ich persönlich sehe dies ganz anders. Wenn man die Vorbereitung sehr ernst nimmt, dann kann einem nicht mehr viel passieren. Die Gesprächspartner sind in der Regel nett und wollen einem nichts "Böses". Aus persönlichen Gesprächen vor Ort geht hervor, dass ein Großteil der Professor*innen diese Gespräche schon jahrelang führt und jeder auch ein persönliches Interesse daran hat, dass dieses doch sehr aufwendige Bewerbungsverfahren als eines der wenigen in Deutschland weiter bestehen bleibt.
Das Einzige, was in diesem Jahr meine Nerven etwas angespannt hat war im Vorfeld die COVID-19 Pandemie. Die Gespräche sollten eigentlich im März stattfinden. Durch die rasante Entwicklung des Infektionsgeschehens wurde mein Gesprächstermin kurzfristig abgesagt und dann mehrmals verschoben. Letztendlich hatte ich mein Gespräch am 23. Juni.
Seitens des Studiendekanates war die Organisation am Interviewtag sehr gut. Zudem waren die Mitglieder des FSR sehr nett und haben uns ein wenig mit Getränken und Obst versorgt. Die Stimmung war gut. Ich habe mich sehr nett mit Teilen des FSR und anderen Bewerbern unterhalten.

Zu Beginn gab es eine kleine Einführung in den Tag durch Frau Meiering, der Leiterin des Studiendekanates, und anderen beteiligten Personen. Danach wurden die Gesprächszeiten & Prüfungskommissionen zufällig verteilt. Über die Sitzverteilung im Raum kann man viel spekulieren. Ich saß in der Mitte und war mit als Erster dran. Persönlich empfand ich diese Zeit als sehr gut, da es an dem Tag relativ warm war.

Als es für mich losging, war ich etwas angespannt und gleichzeitig voller Freude auf das Gespräch. Ich würde dies jedem zukünftigen Bewerber ebenfalls so empfehlen. Dies ist eine Frage der inneren Einstellung bzw. auf schlau gesprochen: des Mindsets.
Im Raum war man von den Prüfern von einer Plexiglasscheibe getrennt, wodurch man glücklicherweise seine Maske absetzen konnte. Es sind immer zwei Gesprächspartner, bei mir war es eine Institutsdirektorin und ein Klinikdirektor von der Medizinischen Fakultät.
Vorab: Das Thema Kleidung sollte nicht unerwähnt bleiben. Ich habe an dem Tag von kurzen Hosen bis Anzug alles gesehen. Ich sage mal so: Es ist ein Auswahlgespräch zur Vergabe eines Medizinstudienplatzes. Ich persönlich finde, man sollte dies ernst nehmen, sich entsprechend kleiden und sich gleichzeitig trotzdem wohlfühlen. Du musst für Dich den Mittelweg bei der Wahl der Kleidung finden.

Im Gespräch haben die Prüfer versucht meinen Lebenslauf und zusätzliche Informationen genauer zu erfragen. Dabei wurde viel Bezug zum Motivationsschreiben und Bewerbungsbogen genommen, es empfiehlt sich diese beiden Sachen davor nochmal selbst durchzulesen.
Insgesamt war die Atmosphäre sehr locker und man konnte sich gut präsentieren. Ich wurde nicht unterbrochen und beide Prüfer haben interessiert zugehört und ggf. Nachfragen gestellt. Ich konnte alle Fragen problemlos beantworten. Insgesamt war die Zeit von ca. 25min für mein Empfinden sehr schnell vergangen. Ich konnte immer so viel Erzählen, dass das Gespräch ohne Zeitbegrenzung wahrscheinlich sehr viel länger gedauert hätte. Deswegen mein Tipp: Fasse Dich kurz und versuche innerhalb kurzer Zeit sehr viel zu Erzählen. Das heißt also: Wieso Medizin? -> Dann geht im Gehirn die "Schublade" zu dieser Frage auf, und in 5-6 Sätzen erzählst du kurz Deine Gedanken dazu. Bitte lerne keinen Text auswendig! Das wirkt gestellt und nicht authentisch. Es sollte so sein, dass ein neutraler Beobachter nicht merkt, dass du die ganze Zeit gedanklich "abliest".
Dies ist bei solchen Fragen wie warum Medizin, warum ausgerechnet Medizin in Greifswald notwendig, damit man im Gespräch nicht ins "Grübeln" kommt und immer gedanklich weiter weiß. Zugegebenerweise ist die Frage "Warum Medizin" pauschal sehr schwierig zu beantworten. Ich habe deswegen diese Frage etwas ausführlicher beantwortet und bin dabei auf Details aus meinem Lebenslauf eingegangen.
Ich würde mich auf folgende Themen vorbereiten:
-Warum Medizin?
-Warum unbedingt in Greifswald? -> wichtige Frage, keine "Floskeln" als Antworten geben, sondern sich ernsthaft mit der Stadt, der Universität und der Region beschäftigen.. einen kleinen Vorteil haben sicherlich Bewerber aus der Region bzw. die Greifswald gut kennen. Wenn du Greifswald wirklich gar nicht kennst und auch Probleme damit hast, es auf der Landkarte zu finden, dann würde ich Dir dringend empfehlen dies nachzuholen. Eine gewisse "Identifikation" ist meines Erachtens wichtig. Sachen wie die Gründung der Universität 1456 durch Heinrich Rubenow, dem ehemaligen Bürgermeister von Greifswald -> Rubenow-Denkmal, werden nicht explizit abgefragt, wenn man dies jedoch weiß, dann kann man die lange Tradition der Universität im Gespräch erwähnen. :)
-Was mache ich, wenn es nicht klappen würde -> schwierige Frage. Ehrlichkeit ist hier sehr wichtig, dann ist die Antwort auch gar nicht mehr so relevant.
-Vorstellung über die Zukunft -> Interessiert Dich eine bestimmte Facharztrichtung usw. Man muss nicht vom Fachgebiet der Prüfer schwärmen, eine gewisse Offenheit ist dennoch wichtig. Es ist sicherlich auch okay, wenn du noch keine wirklichen Vorstellungen hast. :)
-Kenntnisse über inhaltliche & strukturelle Merkmale des Medizinstudiums + im Speziellen in Greifswald -> der allgemeine Aufbau des Medizinstudiums sollte kein Problem sein, explizit abgefragt wurde dieser bei mir nicht. Hingegen die Besonderheiten in Greifswald sind wichtig: Begriffe wie GANI_MED, SHIP, Community Medicine, Molekulare Medizin usw. sollten kein Problem sein und auch an klinisch praktischen Beispielen erläutert werden können.
-Interesse an Forschung? -> Jeder Professor/jede Professorin hat zur Erlangung seines/ihres akademischen Grades geforscht. Viele Professor*innen forschen auch immer noch sehr aktiv an der Uni. Zudem lebt die Medizin von Forschung und vom Fortschritt innerhalb der Wissenschaft. Dies sollte man im Hinterkopf haben. Bilde Dir auf dessen Basis eine eigene Meinung. Vielleicht möchtest du unbedingt promovieren in einem bestimmten Fachgebiet, vielleicht interessiert Dich eine bestimmte Forschungsrichtung / Art und Weise der Forschung ganz besonders. Die Universität Greifswald bietet viele Möglichkeiten zur Forschung.. wer diese sucht, der findet diese. :)
-Probleme im Gesundheitswesen -> sehr großes und auch komplexes Thema. Ich habe in meiner Vorbereitung einzelne Themen / Themenbereiche voneinander abgegrenzt. Insgesamt waren es bei mir mit COVID-19 sechs große Themenbereiche. Ein Bereich ist z.B. die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Wenn du bereits praktische Erfahrungen im Gesundheitswesen gesammelt hast, dann wirst du zu vielen Themen schnell eine Meinung haben. In meinem Gespräch ging es konkret nur um ein Thema, bei dem ich meine ehrliche Meinung kurz zu gesagt habe. Anschließend wurde ich gefragt, wie ich dieses Problem beheben würde, ganz nach dem Motto: "Angenommen Sie wären Gesundheitsminister..“. Ich habe daraufhin konkrete Lösungsvorschläge präsentiert. Dies wurde danach auch nicht weiter hinterfragt. Noch eine kleine Anmerkung: Es ist nicht notwendig, dass du jedes Gesetz von Herrn Spahn bis ins Detail kennst. Ich denke es reicht, wenn du einen groben Überblick über aktuelle Themen und Diskussionsfelder hast. Zeitung lesen oder Nachrichten schauen hilft dabei denke ich sehr.
-Ehrenamt / soziales Engagement / außerschulische Aktivitäten -> wird sehr geschätzt. Dabei kannst du wirklich alles erzählen, je mehr desto besser. :)
-Warum sollten wir aus all den anderen Bewerbern gerade Sie nehmen? -> Musst du für Dich selbst beantworten. Ähnliche Fragen gehen in die Richtung, welche Schwächen/Stärken man hat. Wichtig: "Ich bin sehr ehrgeizig und übermotiviert" ist keine wirkliche Schwäche. Dieser Trick zählt nicht und wird durchschaut, sei lieber ehrlich und überlege selbst einmal genau. Vielleicht hilft es auch, wenn du dazu Dein näheres Umfeld fragst.

Zusätzlich hatte ich mich explizit auf Fragen zu COVID-19 / SARS-CoV-2 vorbereitet: Dies umfasste u.a. aktuelle Zahlen zur Pandemie, Grundbegriffe wie Prävalenz und Inzidenz, Sensitivität von Tests, ... viele dieser Grundbegriffe waren mir bereits im Vorfeld gut bekannt. Außerdem informierte ich mich beim RKI über aktuelle Entwicklungen und die aktuelle Teststrategie in Deutschland, z.B. Was ist ein Verdachtsfall?, Meldepflicht?, ... auch habe ich mir aktuelle Studien aus dem NEJM zu diesem Thema durchgelesen, um einzelne wissenschaftliche Aspekte verstehen zu können.
Zu diesem ganzen Themenkomplex wurde insgesamt keine einzige Frage gestellt. Dies hätte jedoch meiner Ansicht nach durchaus passieren können, um die Meinungsbildung / Expertise des Bewerbers in diesem Bereich testen zu können.


Fazit des Gespräches:
Versuche insgesamt so zu sein, wie du auch wirklich bist. Es bringt nichts, Dich zu verstellen bzw. jemand anders zu sein, der du gar nicht bist. Ein Stück weit wollen die Prüfer auch Deinen eigenen Charakter kennenlernen. Auch ein weiterer Tipp: Nicht jede Frage ist zu 100% medizinisch relevant. Es kann auch vorkommen, dass du nach ganz irdischen Dingen gefragt wirst, wie z.B. welches Buch du gerade liest.
Zum Gespräch selbst hatte ich noch eine Vielzahl zusätzlicher Bewerbungsunterlagen mitgenommen. Diese lagen auf dem Tisch beim Gespräch und wurden jedoch auch auf Grund der Zeit nicht näher besprochen. Ich denke trotzdem, dass dies von den Prüfern auch aufgrund der Fülle an Unterlagen registriert wurde. Im Zweifel kann man außerdem einzelne Aspekte der Biographie damit belegen, weswegen ich Dir eine zusätzliche Mappe empfehlen würde. Diese Mappe kann auch nur in der Tasche bleiben und nur bei Bedarf / Unklarheit herausgeholt werden. Alle wichtigen und relevanten Informationen solltest du deswegen im Bewerbungsbogen bzw. Motivationsschreiben erwähnen und ggf. Im Gespräch explizit darauf aufmerksam machen. -> Stichwort: Alleinstellungsmerkmal.

Ein neuer Teil der Gespräches ist ein Rollenspiel mit einem der Prüfer, welches fast am Schluss des Gespräches stattfindet. Das Kriterium des Gespräches ist dabei Empathie, wobei auch die generelle Empathie während des gesamten Gespräches gewertet wird. Klassisches Beispiel: Du musst einem Patienten eine schlechte Nachricht, z.B. die Diagnose Krebs bzw. pathologische Veränderungen, die drauf hindeuten, überbringen. Insgesamt empfand ich diesen "Wechsel" der Situation etwas ungewohnt, jedoch findet man sich schnell mit der neuen Situation zurecht.
Ich denke es ist ganz wichtig, dass man in dieser Situation vor allem menschlich bleibt. Versuche du selbst zu sein und gleichzeitig so zu jemanden zu sein, wie du es von jemanden anderen bei Dir selbst erwarten würdest. Eine bestimmte Gesprächstechnik vorher auswendig zu lernen halte ich für wenig ratsam. Dies fällt auf. Insgesamt war dieses Rollenspiel auch sehr schnell wieder vorbei. Im Nachhinein würde man vielleicht einige Sachen anders formulieren, doch man geht ja auch zum Studium, um weiter zu lernen. :)

Nach dem Gespräch kannst du wieder nach Hause fahren. Du musst nicht warten, bis alle Gespräche stattgefunden haben.

Nach einer Woche bekam ich eine E-Mail, dass ich insgesamt 100 von 100 möglichen Punkten im Gespräch erreicht habe.
Vor ein paar Tagen habe ich dann meine Zulassung für Humanmedizin an der Universität Greifswald mit Beginn der Vergabe der AdH-Plätze erhalten. Durch die zeitige Bekanntgabe der Interviewergebnisse war ich seitdem relativ entspannt, was eine Zulassung zum WS20/21 trotz neuem Zulassungsverfahren bei Hochschulstart angeht.

Hoffentlich konnte ich Dir etwas helfen, was die Vorbereitung für Greifwald angeht. Mit diesen und weiteren Tipps aus anderen Protokollen bist du denke ich sehr gut auf das Interview vorbereitet. In diesem Sinne steht einem Studienbeginn in Greifswald nicht mehr viel im Weg. :)
Vielleicht trifft man sich ja irgendwann mal zufällig mit dem Fahrrad in HGW, bis dahin wünsche ich Dir viel Erfolg & gutes Gelingen bei Deinem Interview.

Viele liebe Grüße

Benjamin :)