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Studienwunsch Medizin

Präparierkurs, ein Angst-Fach am Anfang des Studiums

Constantin Wauschkuhn

Ein Medizinstudium scheint wieder im Wert zu steigen. Zum aktuellen Wintersemester 2002/2003 haben sich so viele Abiturienten beworben wie seit 17 Jahren nicht mehr. Bei der ZVS gingen 23.651 Bewerbungen ein (ein Plus von 20% zum Vorjahressemester). Bei 8311 Studienplätzen kommen so 2,8 Bewerber auf einen Platz.

Bevor man sich aber in die Mühlen der Bürokratie bzw. die der ZVS begibt, muss man sich natürlich fragen, welches Studium es denn sein soll. Für viele scheint sich dabei bei Medizin die Frage nach dem „Präp-Kurs“ zu stellen – Präparierkurs, ein "Angst-Fach" am Anfang des Studiums – (ich bin selber im 11. Semester, habe in Heidelberg im 2. Semester Anatomie gehabt und war dann 2 Semester lang Präp-Assistent.)
Ich will hier auf folgende Punkte ein wenig eingehen:
  • Was passiert eigentlich wirklich im Präp-Kurs?
  • Woher stammen die Präparate?
  • Muss das denn unbedingt sein?
  • Gibt es noch keine Alternativen?
  • Schafft man das?

Surftipp

Was passiert eigentlich wirklich im Präp-Kurs?

Beim Präp-Kurs, dem Kurs der makroskopischen Anatomie, geht es um das, was man mit bloßem Auge sehen kann – also Knochen, Sehnen und Muskeln, Organe, die Gefäße und Nerven, ihre Namen und die Anordnung zueinander.
In Gruppen von meist 8 bis 10 Studenten und einem Tutor, genannt Präp-Assistent, einem Studenten aus einem höheren Semester, steht man zusammen an einem Tisch. Dort liegt dann meist über ein Semester die Leiche, an der man die Anatomie des Menschen erlernen soll. Zusätzlich gibt es meist eine Vorlesung, manchmal Seminare und einige Hilfsmittel wie Skelette, Plastikmodelle vom Bauch, Brustkorb...Man beginnt mit der Haut, weiter geht es zu den Muskeln der Arme und Beine mit Gefäßen und Nerven. Dann kommt der Brustkorb mit den darinliegenden Organen, anschließend der Bauch und das Becken. Zum Schluss wird dann an Hals bzw. Kopf sowie Gehirn präpariert.
Man sollte die Möglichkeit nutzen, sich alle Bereiche des Körpers anschauen zu können. Es ist etwas völlig anderes, einen Anatomieatlas anzuschauen oder wirklich das Gewebe zu spüren.

Woher stammen die Präparate?

Beim Präparierkurs wird an menschlichen Leichen gearbeitet. Diese Menschen haben sich zu Lebzeiten bereit erklärt, dass nach ihrem Tod Medizinstudenten an ihnen arbeiten und so die Anatomie erlernen können. Dafür bekommen sie kein Geld. Ein Gerücht, dass zu Beginn meines Studiums kursierte, war, dass man nur Professor werden könnte, wenn man sich der Anatomie vermacht. Auch das ist falsch.
Gerade weil es echte Leichen sind, sollte man aber auch während des Kurses sich entsprechend verhalten. Natürlich wird auch mal ein Witz erzählt und auch eine Menge gelacht – niemand verlangt, dass man die ganze Zeit mit betroffenem Gesicht am Tisch steht. Aber es sind eben Menschen, an denen man arbeitet, das sollte man nicht vergessen.
Sämtliche Bestandteile des Körpers bleiben bei der Leiche und werden zusammen eingeäschert. In Heidelberg findet einmal im Jahr eine Trauerfeier statt – die Urnen werden in einem gesonderten Bereich des Friedhofs – der Grabstätte des Anatomischen Instituts – begraben. Hier steht auch eine Gedenktafel mit den Namen. Für die Angehörigen ist dies die Beerdigung ihrer Verwandten, die Rede eines studentischen Vertreters als Dank wird sehr geschätzt. Es war eine merkwürdige Vorstellung, dass man vielleicht an dem Vater der Person, die vor einem in der Kirche saß, präpariert hatte. Aber es war auch eine interessante Zeit, die erst durch den Entschluss eines Menschen ermöglicht wurde, seinen Körper der Ausbildung von Medizinstudenten zur Verfügung zu stellen.

Muss das denn unbedingt sein?

Der Kurs bietet die einmalige Möglichkeit, ganz langsam den Aufbau des Körpers zu erlernen. Es ist zwar schade, dass nicht schon mehr klinische Bezüge während der Anatomie-Zeit erklärt werden. Trotzdem ist es erstaunlich, wie viel man von dem Erlernten dann doch später in der ein oder anderen Form wieder gebrauchen kann. (Allerdings ob man jede klitzekleine Arterie mit Namen kennen muss, bleibt fraglich.)

Gibt es noch keine Alternativen?

Ich glaube nicht, dass es zur Zeit eine wirklich gute Alternative gibt. Die Modelle aus Plastik sind eine gute zusätzliche Hilfe. An ihnen kann man grobe Zusammenhänge erlernen. Auch Computerprogramme, Lehrbücher... können beim Lernen helfen. Aber die echte dreidimensionale Struktur, die komplexen Lagebeziehungen der Organe zueinander, die Aufteilungen der Arterien bis in den kleinsten Bereich sind einfach noch nicht gut „virtuell“ darstellbar. Und auch dann würde noch das selbständige Präparieren fehlen.

Gelauscht (Foren)

Der Päpkurs
Einen Bereich, den man selber präpariert hat, den vergisst man nicht so schnell, die Anatomie bleibt dann noch besser im Kopf hängen.
Eine weitere zusätzliche Möglichkeit sind Kurse zu „Anatomie am Lebenden“. In kleineren Gruppen werden dabei anatomische Zusammenhänge z.B. an Kommilitonen demonstriert. Hier kann man auch zum ersten Mal lernen, wie man denn eine Lunge abhört oder Reflexe testet. Denn dies kann man natürlich an den Leichen nicht gut lernen.

Schafft man das?

Ich kann allen eventuellen zukünftigen Kommilitonen nur raten, sich zu informieren (z.B. http://medweb.uni-muenster.de/institute/anat/Klinische/lehre/praep/index.html), mal vielleicht so einen Präp-Kurs anzuschauen (fragt bei der nächsten Uni in der Anatomie), wenn man sich unsicher ist. Es ist zwar am Anfang ungewohnt, an Menschen zu arbeiten. Aber bevor man deshalb seinen Studienwunsch ändert, sollte man sich wirklich sicher sein, dass die Medizin nichts ist.
Der Kurs ist sicher etwas völlig anderes, als alles, mit dem man bisher zu tun hatte. Aber - wenn man es in aller Ruhe angeht, keine Panik aufkommen lässt, dann sollte gelten: Viele haben es vorher geschafft – also auch Du! – nicht zu früh aufgeben.