Chirurgie im Reformstudiengang
Erfahrungen in heicumed
Alicja Zybowski
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Plastische Chirurgen verhelfen Menschen zu neuem Erscheinungsbild
Die Plastische Chirurgie dauerte nur zwei Tage und fand in Ludwigshafen statt. Allein die Ausstattung des Krankenhauses ist bewundernswert, da es auch zu einem der größten der Verbrennungskliniken in ganz Europa gehört. Auch die Handchirurgie nimmt einen großen Teil ein, die ästhetische Chirurgie nur einen kleinen. In den Seminaren beschäftigeten wir uns vor allem mit der Untersuchung der Hand, der Verbrennungsopfer und mit Nähen an Schaumstoffpräparaten. Die Patientenbesuche waren hier mit Abstand die „qualvollsten“: die Verbrennungs- und Unfallopfer waren sehr schlimm zugerichtet, um so bewundernswerter die Arbeit der Plastischen Chirurgen: ein völlig entstellter Menschen, der nie gleichwertig in unserer Gesellschaft aufgenommen werden würde, weil er nicht in die Normen und Werte jener fällt, verhalfen die Chirurgen zu einem annähernd normalen Leben, indem sie sein Erscheinungsbild durch Haut-Muskel-Gewebetransplantate fast wiederherstellten. Sogar mit dem Mikroskop wieder angenähte Gefäßverläufe werden in stundenlangen Operationen nicht gescheut. Ich habe sehr viel Respekt vor einer derartig schwierigen Meisterleistung. Und vor allem sieht man am Schluss als Resultat die endlose Dankbarkeit eines geheilten Patienten; ich glaube es gibt nichts Schöneres für einen Arzt.
Orthopädie ist scheinbar nicht ganz 'mein' Fach
Die Orthopädie fand in der Klink in Schlierbach statt. Das Engagement der Ärzte war auch hier sehr zu spüren. Tägliche Untersuchungskurse an uns selbst und den anderen Studenten sollten uns einen Einblick in die klinische Untersuchung geben. Auch das Bedside-Teaching und der Besuch im OP durften nicht fehlen. Auch wenn dieser Kurs sehr gut organisiert und geleitet wurde, schien es für mich im wahrsten Sinne des Wortes eine „Knochenarbeit“ zu sein. Also wer Knochen und ihre Röntgenbilder nicht liebt, sollte lieber kein Orthopäde werden. Es gibt an dem Kurs überhaupt keinerlei Kritik zu üben, mir ist in dieser Woche klar geworden, dass dies gewiss kein Fachgebiet für mich ist.
Ein taktloser Professor in der Unfallchirurgie
Die Unfallchirurgie war der Orthopädie sehr ähnlich, außer dass es mehr um Bohren, Schrauben, Drähte und Plätten ging und ein jeder Bruch in Grade von I bis IV unterteilt wurde. Es wurden viel weniger Krankheitsbilder als Knochenbrüche besprochen, was die allgemeine Aufmerksamkeit oft sehr sinken ließ, falls überhaupt alle anwesend waren. Vielleicht könnte man anhand dieser Tatsache erklären, dass man fast ausschließlich männliche Ärzte in diesem Fachgebiet antrifft. Nach einem Seminar mit einem Professor von außerhalb fand unser Bedside-Teaching statt. Die erste Patientin, die an einem malignen Knochenkrebs, bekam von diesem Professor zu höre: "Es gibt schlimmeres". Daraufhin brachte kein Student mehr ein Wort heraus, nachdem alle das Gesicht der Patientin gesehen hatten. Beim nächsten Patienten, der einen schweren Autounfall überlebt hatte, sagte er: "Vor einigen Jahren hätten Sie diesen Unfall gar nicht überlebt, denn damals war die Medizin noch nicht so weit fortgeschritten." Dieser Art Kommentare des Professors ließ die Stimmung immer weiter sinken. Es ist schlimm zu sehen, wie die Patienten unter solchen Kommentaren leiden und derjenige es noch nicht einmal bemerkt, wenn er den Patienten zu nahe tritt.Vernetztes Denken: eine eindrückliche Unterrichtseinheit
Vielleicht wurde genau aus solchen Gründen in unserer mündlichen Prüfung besonders darauf Wert gelegt, dass wir den Standardpatienten, den wir untersuchen müssen, Empathie entgegenbringen, denn das sollte wirklich eindringlich geübt werden. Die spezielle Pathologie und Radiologie wurden nicht einzeln unterrichtet, sondern waren in alle chirurgischen Fächer mitintegriert. Zum jeweils passenden Zeitpunkt kam der Pathologe und erklärte uns seine Sichtweise der verschiedenen Erkrankungen und zeigt dazu noch makro- und mikroskopische Bilder. Danach wurden uns von dem Radiologen die entsprechenden Röntgen-, CT- oder MRT- Bilder gezeigt und erklärt, damit man möglichst einen guten Eindruck über die Möglichkeiten der Diagnostik erhält. Da dies sehr am klinischen Alltag orientiert war und manchmal sogar mit Patienten in Zusammenhang stand, die wir auch selbst befragen durften, war dies für mich eine sehr eindrückliche Unterrichtseinheit. Die „Athena Plattform“, die im Internet für die Studenten eingerichtet wurde, war optimal genützt worden, denn fast sämtliche Power-Point Präsentationen der Seminare konnten dort abgerufen werden, so dass man nicht immer mitschreiben musste ohne wirklich gut zuhören zu können. Nach jedem Kurs sollte auch noch eine Evaluation erfolgen. Nur inwiefern dieser Evaluation nachgekommen wird, bleibt fraglich, aber es evaluieren immer viele Studenten fleißig, damit unsere Nachfolger vielleicht ein noch besseres "heicumed" genießen dürfen...