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Knochenkrach und Schraubenbruch III

Oberschenkelfraktur von A bis Z: Was tun?

Agnieszka Wolf

Um Frakturen langer Röhrenknochen zu stabilisieren, bedienen sich Unfallchirurgen dreier Systeme: externer Fixateure, Marknägel und Platten. Die Vorteile dieser operativen Ostheosynthese-Verfahren liegen darin, dass der Patient früh mobilisierbar ist, z. B. mit Gehstützen.
Auch die Atrophie der betroffenen Muskulatur hält sich in Grenzen und die benachbarten Gelenke lassen sich frühzeitig funktionell mitbehandeln.
Wenn die Fraktur große Weichteilschäden verursacht hat, möglicherweise offen ist und der Patient in einem schlechten Allgemeinzustand ist, operieren Unfallchirurgen zunächst mit einem Fixateur externe. Sie wechseln bei Besserung des Allgemeinzustands auf einen Marknagel. Grund: Fixateur externe hat den Vorteil, wenig zusätzliche operative Weichteilschädigung zu verursachen. Ein Marknagel ist aber durch seine intramedulläre Lage für den Knochen biomechanisch am günstigsten. Er erlaubt am frühesten eine Vollbelastung der betroffenen Extremität. In Deutschland erfolgt die Nagelung mit so genannten „Solidnägeln“. Sie haben einen kleinen Durchmesser und sind sehr stabil. Außerdem ist es dabei meist nicht erforderlich, die Markhöhle aufzubohren. 

Als angehender Arzt kennt Stefan genau den Ablauf einer Marknagelung. Trotzdem hat er es lieber, bei der großen Operation mit Spinalanästhesie zusätzlich eine gute Dosis Dormicum zu bekommen. Außerdem lässt man ihn zur Entspannung Musik hören: Während Stefan im schläfrigen Zustand über Kopfhörer einer Beethoven-Symphonie lauscht, arbeiten Dr.
Ottsen und Dr. Noll jenseits des blauen Tuchs. Sie eröffnen den Oberschenkelknochen proximal am Trochanter major. Anschließend bringen sie den Marknagel ein und verriegeln ihn proximal und distal mit Schrauben. Dr. Beatrice Noll ist Unfallchirurgin geworden, weil ihr Basteln, Handwerken und Reparieren schon immer Spaß machte. Sie sah sich früher hauptsächlich als Operateurin. In der Klinik hat sie aber auch gelernt, die schönen Seiten der oft langwierigen Patientennachsorge zu sehen, die eher weniger mit Handwerk zu tun haben. Als Stefan nach dem Eingriff auf Station liegt, sorgt sie dafür, dass er sein Bein in einer flachen Schaumstoffschiene lagert. Nach Abklingen der Schwellung untersucht sie die Bänder des Kniegelenks, um eine Ruptur des hinteren Kreuzbandes auszuschließen, die bei Oberschenkelfrakturen oft auftritt. Auch verschreibt sie dem Patienten Schmerzmedikamente: „¼ - ½ Amp. Dipidolor als Kurzinfusion (KI), Novalgin 1g als KI und Ibuprofen 1-0-1 oral“. Zur Thromboseprophylaxe bekommt Stefan niedermolekulare Heparine subkutan. Hb und CRP kontrolliert Dr. Noll täglich. Besonders wichtig ist ihr, dass Stefan kein Kompartmentsyndrom entwickelt. Bei diesem Muskellogensyndrom kommt es zu einer interstitiellen Druckerhöhung im Gewebe.

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Dadurch werden Nerven und Gefäße komprimiert. Wenn das Syndrom nicht rechtzeitig erkannt wird, kann es zur O2-Unterversorung und darauffolgenden Muskelnekrosen führen. Deshalb achtet Dr. Noll jeden Tag auf die „6 P“ des Kompartmentsyndroms: „pressure, pain, paresis, paresthesia, pulses present, pink color“. Zusätzlich verordnet sie Stefan ab dem zweiten postoperativen Tag eine physiotherapeutische Behandlung. Je früher sie den Patienten mobilisiert, desto geringer ist für ihn das Thromboserisiko und die Gefahr einer Muskelatrophie. Da die Drainagen eine durchschnittliche Menge an Wundsekret fördern, zieht Dr. Noll sie routinemäßig 48 Stunden nach der Operation. Um das Nahtmaterial muss sich die Unfallchirurgin nicht mehr kümmern, denn sie hat intrakutan mit resorbierbarem Faden genäht.