Nach zehn Semestern Theorie und dem schriftlichen Prüfungsabschnitt M2 beginnt das Praktische Jahr, kurz PJ. Es ist zwar ein Teil des Medizinstudiums, unterscheidet sich aber stark von den anderen Semestern. Du sitzt nicht mehr zu Hause am Schreibtisch, sondern stehst im OP oder bist auf Station. Dort bearbeitest du nicht mehr Klausuren, sondern Patienten. Damit du das PJ nicht nur vollständig anerkannt bekommst, sondern auch noch etwas lernst, gibt es Einiges zu beachten:
Erst die Bürokratie
Wie so vieles beginnt das PJ mit einem Antragsformular, welches du beim Studiendekanat einreichen musst. Benötigt wird zudem das Zeugnis des „2. Abschnittes der Ärztlichen Prüfung“. Wenn alles in Ordnung ist, erhältst du deinen Zulassungsbescheid. Einige Kliniken fordern zusätzlich einen Nachweis, dass du für eine medizinische Untersuchung beim Betriebsarzt warst.
Beachte: An einigen Universitäten ist der Antrag nicht an das Dekanat, sondern direkt an dein LPA zu richten. Das bedeutet, dass du sämtliche Unterlagen (oder zumindest die Famulaturzeugnisse und das Studienbuch) persönlich beim LPA vorbeibringen musst.
Tertiale – was bitte?
Das PJ beginnt jeweils in der zweiten Hälfte der Monate Mai bzw. November. Es besteht aus 48 Wochen, die sich aus drei „Tertialen“ zusammensetzen. Jedes Tertial besteht aus 16 Wochen. Eines ist für die Chirurgie vorgesehen, eines für Innere Medizin und das dritte für „Allgemeinmedizin oder ein Wahlfach in einem der übrigen klinisch-praktischen Fachgebiete“. Von Uni zu Uni gibt es andere Vorgaben, wo du dieses Wahlfach ableisten darfst. Das PJ kann in Teilzeit mit 50 oder 75 % der wöchentlichen Ausbildungszeit absolviert werden. Die Gesamtdauer des PJ verlängert sich entsprechend. Ebenso unterschiedlich sind die Vorgaben zum „Splitting“ von Tertialen, also der Aufteilung eines oder mehrerer Tertiale in zwei mal acht Wochen, um dadurch mehr Stationen kennenzulernen. Allerdings solltest du dir vorher genau überlegen, welche Tertiale du teilen möchtest, denn in gesplitteten Tertialen darfst du keine Fehltage in Anspruch nehmen. Was wiederum bei Auslandsaufenthalten oder im letzten Tertial vor der mündlich-praktischen Prüfung nachteilig werden könnte. Für jeden Ausbildungsabschnitt stellt dir die jeweilige Klinik einen Schein aus.
Bitte noch beachten: die Anmeldefrist für den 3. Abschnitt ist der 10. Juni bzw. 10. Januar. Und lass dir die „Bescheinigung über das Praktische Jahr“ rechtzeitig ausfüllen.
Urlaub gibt es nicht
Im PJ hast du eine normale 38- oder 40-Stunden-Woche, die Wochenenden sind meist frei. Auch Feiertage, Weihnachten und Silvester musst du nicht zwangsläufig arbeiten. Urlaub gibt es keinen. Während des gesamten Jahres sind 30 Fehltage erlaubt, aber davon maximal nur 20 Tage pro Tertial. Bedenke aber immer noch einmal die bereits erwähnte „Splitting“-Regel. Bist du nicht da, egal aus welchem Grund (Krankheit, Urlaub, verschlafen), schwinden diese Fehltage dahin. Es ist klug, die Fehlzeiten nicht zwischendurch zu verpulvern, sondern 20 Fehltage am Ende zu nehmen, wenn du für das Examen lernen musst. Oft kannst du dir auch freie Tage durch Dienste „erarbeiten“. Trage dich frühzeitig in den Dienstplan ein, sonst sind die guten Termine schnell weg.
Die Wahl des akademischen Lehrkrankenhauses im PJ
Die Auswahl an Krankenhäusern ist bei Famulaturen und Pflegepraktika nahezu unbegrenzt. Beim Praktischen Jahr ist die Auswahl auf akademische Lehrkrankenhäuser der Universitäten begrenzt. Auslandsaufenthalte sind möglich und erwünscht, hier solltest du aber im Voraus alles mit der Uni, der Klinik und dem LPA abklären.
Das PJ muss nicht mehr zwingend an der Heimatuni oder einem Lehrkrankenhaus der Heimatuni absolviert werden, d. h. es kann auch eine andere Uni oder deren akademisches Lehrkrankenhaus sein (so genannte „Wahlfreiheit des Lehrkrankenhauses“ im PJ). Dabei bist du als PJler weiterhin an deiner Heimatuni immatrikuliert (nutzt aber das Logbuch der „Gast-Uni“). Eine bundeseinheitliche Regelung widmet sich den Verteilungskriterien und –fristen.
Allgemeinmedizin im PJ keine Pflicht, aber...
Allgemeinmedizin ist für den PJler KEIN Pflichttertial – aber: Die Unis sind in der Pflicht, entsprechende Ausbildungskapazitäten „für Freiwillige in ausreichender Anzahl“ bereitzuhalten. So müssen sie stufenweise Kapazitäten für Allgemeinmedizin als Wahlfach schaffen (bis Oktober 2015: für mind. 10 %; bis Oktober 2017: für mind. 20 %; bis Oktober 2019: für alle PJler). Das heißt, bis 2019 muss die Uni 100 % aller Studierenden die Durchführung des Wahltertials Allgemeinmedizin ermöglichen.
Informieren, vorstellen und los geht‘s
An einigen Universitäten gibt es ein PJ-Büro, an manchen Kliniken eine PJ-Sprechstunde. Nimm jede Hilfe an, die du bekommen kannst, und kläre alle offenen Fragen, bevor es zu Problemen kommt. Der wichtigste Ansprechpartner ist aber immer noch das LPA, denn genau dieses muss dir am Ende dein PJ anerkennen und dich zum „3. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung“ zulassen. Bist du neu in einer Abteilung, erkundige dich, ob es eine Einführung für PJler gibt und nimm gegebenenfalls daran teil. Es ist sinnvoll, schnell zu erfahren, was wo ist und welche Aufgaben wo zu erledigen sind.
Ein ganz wichtiger Punkt, den du wahrscheinlich schon aus deinen vergangenen Krankenhauspraktika kennst, ist das persönliche Vorstellen. Lieber doppelt, als einmal zu wenig. Das ist besser für die Stimmung, verhindert Tratsch und erhöht deine Chance, etwas erklärt zu bekommen. In chirurgischen Abteilungen solltest du deinen Namen im Sekretariat angeben, damit man dich auf den OP-Plan setzen kann.
Den Alltag kennen lernen
Auf Station wirst du in den normalen Alltag eingebunden. Während des Studiums erworbene Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten kannst du endlich anwenden, üben und erweitern. Du nimmst an Visiten, klinischen Konferenzen und ärztlichen Besprechungen teil. Du assistierst bei Operationen, nimmst Patienten auf, schreibst Briefe, nimmst Blut ab und legst venöse Zugänge. Weil du noch Student bist und kein Arzt, verrichtest du alle Aufgaben unter „Anleitung, Aufsicht und Verantwortung“ von Ärzten deiner Abteilung.