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Hypnos
24.02.2007, 08:36
Nähere Angaben sind nicht bekannt. Ein Bekannter des Patienten hat die Polizei angerufen, weil er vermutet, daß "er sich was antun" will.
Dementsprechend schlecht informiert erreicht man die Einsatzstelle.
Mehrfamilienhaus in nicht allzu schlechter Wohngegegen in einer 1/4-Mio Einwohnerstadt...
Das RTW Team ist schon vor Ort, der Pat. öffnet aber nicht die Tür. Für solche Fälle haben RTW und NEF ein Tür-Blech dabei, mit dem man nicht abgeschlossene Türen öffnen kann.
Tür geht auf. Vor Euch steht ein Mann, augenscheinlich ein wenig angetrunken, nur in U-Hose, mit Teppichmesserklinge am Hals...

Und nu?

Rugger
24.02.2007, 08:41
Das RTW Team ist schon vor Ort, der Pat. öffnet aber nicht die Tür. Für solche Fälle haben RTW und NEF ein Tür-Blech dabei, mit dem man nicht abgeschlossene Türen öffnen kann.
Tür geht auf. Vor Euch steht ein Mann, augenscheinlich ein wenig angetrunken, nur in U-Hose, mit Teppichmesserklinge am Hals...

Und nu?Jetzt beisse ich mir selber in den Ar***, das ich so dumm war und einen elementaren Grundsatz des Rettungsdienstes nicht beachtet habe: "Eigenschutz geht vor Fremdrettung" (und mich darüber hinaus noch strafbar gemacht habe).
Ich hoffe, Du schilderst hier keinen realen Fall!!!

R.

Sackbauer
24.02.2007, 08:57
Stimmt. Da hier keine offensichtliche Gefahr im Verzug vorlag, ist das rechtlich Einbruch. Sowas darf nur die Polizei, aber das weiss Hypnos sicher. Und ausserdem habt ihr jetzt den Mist beisammen mit dem Typen mit dem Messer, auch wenn euch wahrscheinlich nix antun wird.

Hypnos
24.02.2007, 12:01
Also, wenn ein Mensch damit droht, sich selbst oder seiner Umwelt etwas anzutun (ersteres war ja hier der Fall), dann dies die Öffnung der Wohnungstür bei dringendem Verdacht auf einen in Durchführung befindlichen oder stattgehabten Suizid natürlich rechtlich problemlos möglich. (Auch durch das RTW-Personal). Davon abgesehen war die POL auch informiert, nur eben noch nicht vor Ort. Und die POL hat in meinem Beisein noch NIE eine Tür geöffnet, das hat sie immer artig der Feuerwehr überlassen.
Sei es, wie es ist. Tür ist offen, hinter der Tür ein Mann mit Teppichmesser am Hals, vor der Tür 3 verdutzte Rettungsassistenten und 1 verdutzter Notarzt...
Und was nu?

Rugger
24.02.2007, 12:12
Also, wenn ein Mensch damit droht, sich selbst oder seiner Umwelt etwas anzutun (ersteres war ja hier der Fall), dann dies die Öffnung der Wohnungstür bei dringendem Verdacht auf einen in Durchführung befindlichen oder stattgehabten Suizid natürlich rechtlich problemlos möglich.Also, wenn Du hier auf den rechtfertigenden Notstand anspielst: das würde ich in diesem Fall immer noch für heikel halten - insbesondere wenn man für den Fall der Fälle Material vorhält. Und überhaupt: warum in aller Welt habt ihr Material an Bord, das für eine solche Türöffnung geeignet ist???
Davon abgesehen war die POL auch informiert, nur eben noch nicht vor Ort. Dann muß man halt wohl oder übel warten. Man kann ja gegebenenfalls nochmal über Funk Dampf machen - und gerade in Großstädten wartet man ja im Regelfall auch nicht allzu lange...
Und die POL hat in meinem Beisein noch NIE eine Tür geöffnet, das hat sie immer artig der Feuerwehr überlassen. Ja, und? Dafür sind sie ja auch da (und ausgebildet!).
Sei es, wie es ist. Tür ist offen, hinter der Tür ein Mann mit Teppichmesser am Hals, vor der Tür 3 verdutzte Rettungsassistenten und 1 verdutzter Notarzt...
Und was nu? Tür wieder zu und wohl oder übel auf die Polizei warten.
Für irgendwelche Heldentaten ist im Rettungsdienst einfach kein Platz!!! Was ist, wenn der Patient euch beim Versuch der Entwaffnung oder beim "Talk down" verletzt?! Da wird man doch seines Lebens nicht froh!

R.

Evil
24.02.2007, 13:10
Und wenn er sich zwischenzeitlich die Gurgel durchschneidet, kriegste Probleme wegen unterlassener Hilfeleistung.

Duncan84
24.02.2007, 13:13
naja, wenn die tür jetzt mal offen ist, kann man sie nicht einfach wieder zumachen. das hätte man sich vorher überlegen müssen. wie weit ist der patient entfernt? ich würde auf jedenfall mal ein bis zwei Schritte zurückgehen, um nen angemessenen Sicherheitsabstand einzuhalten. Meines erachtens reicht das erstmal als Selbbstschutz. Nen Teppichmesser ist ja kein Samurai-Schwert oder gar ne Pistole.

Hm, ok und was sagt man da jetzt? "Hallo, wie geht's?" Hab ehrlich gesagt keine Ahnung, was man in so nem Fall sagen sollte. Ich würd ihn vl mal auffordern sich hinzusetzen, damit man nen bissel reden kann. Das würde die Gefahr weiter minimieren.

Rugger
24.02.2007, 15:30
Und wenn er sich zwischenzeitlich die Gurgel durchschneidet, kriegste Probleme wegen unterlassener Hilfeleistung.
Mit Sicherheit nicht!!!
Hilfeleistung kann nur erwartet werden unter Ausschluß der Eigengefährdung!!!

R.

Rugger
24.02.2007, 15:33
naja, wenn die tür jetzt mal offen ist, kann man sie nicht einfach wieder zumachen. Wieso nicht??? Da wäre ich knallhart! Obwohl:
das hätte man sich vorher überlegen müssen. Das ist halt der springende Punkt! In meinen Augen nicht nur aus dem Aspekt des Selbstschutzes (der aber sicherlich vorrangig ist!), sondern auch unter dem Gesichtspunkt, daß vom Patienten nicht gewünschtes (gewaltsames) Eindringen in die Wohnung sicherlich leicht zu einer Eskalation der Situation beitragen kann.

R.

Duncan84
24.02.2007, 15:54
Ich kann natürlich nicht vorhersagen, wie ich wirklich reagieren würde. Man denkt immer, man würde zu den Leuten gehörden, die was tun. Wie es dann wirklich ist, keine Ahnung.
Mit dieser Einschränkung halte ich es jedoch für verantwortungslos die Tür wieder zu schließen. Wie muss das auf den Patienten wirken?

"Ach, der will sich nur umbringen, da können wir auch wieder gehen."

Wie muss sich jemand fühlen, dem augenscheinlich nichtmal der Notarzt helfen möchte? Wenn das zum Suizidmotiv passt, dürfte das der endgültige Auslöser sein.

Zudem halte ich die Situation immer noch für nicht außerordentlich gefährlich. Ich bin da natürlich kein Spezialist, ich gehe aber davon aus, dass sich Suizidgefährdete eher nicht auf andere Leute stürzen, ganz besonders nicht unprovoziert.

Rugger
24.02.2007, 16:06
Mit dieser Einschränkung halte ich es jedoch für verantwortungslos die Tür wieder zu schließen. Wie muss das auf den Patienten wirken?Ich würde es für verantwortungslos halten (insbesondere meinem Team gegenüber), die Tür offen zu lassen: der Patient ist bewaffnet, angetrunken und offensichtlich in einer psychischen Ausnahmesituation. Das ist mir alles zu unkontrollierbar.

Zudem halte ich die Situation immer noch für nicht außerordentlich gefährlich. Ich bin da natürlich kein Spezialist, ich gehe aber davon aus, dass sich Suizidgefährdete eher nicht auf andere Leute stürzen, ganz besonders nicht unprovoziert. Für einen "echten" Suizid gilt das sicherlich - aber in diesem Fall können wir halt nicht sicher davon ausgehen, was die Hintergründe der Situation sind. Mir scheint es sich dem Gesamtbild nach zu urteilen eher um eine psychische Ausnahmesituation zu handeln. Und solange ich das nicht sicher einschätzen kann, gehe ich eher mal von der "schlechteren" Lage aus.

Um aber hier nicht "nur" negativ zu wirken, hier mein Vorgehen in der Situation:
dringliches Nachfordern von Polizei und Feuerwehr zur Türöffnung, bis zum Eintreffen ggfs. "Talk Down" durch die (geschlossene!) Tür, dann Entwaffnung und Sicherstellung durch die Polizei (!!!) und Einlieferung in ein psychiatrisches Akutkrankenhaus unter Wahrung der Sicherheitsmaßnahmen (ggfs. Handschellen, Sedierung oder dergleichen). Etwas anderes lässt meines Erachtens nach die dargestellte Situation nicht zu!

R.

Hypnos
24.02.2007, 18:28
sondern auch unter dem Gesichtspunkt, daß vom Patienten nicht gewünschtes (gewaltsames) Eindringen in die Wohnung sicherlich leicht zu einer Eskalation der Situation beitragen kann.

R.

Schlauberger. Weswegen hat er denn dann telefonisch angekündigt, sich was antun zu wollen???

Feuerblick
24.02.2007, 19:00
Nee, also in der Tat.. Tür zu geht jetzt nicht mehr. DAS hätte man sich vor der Türöffnung überlegen sollen, die ich bei aller Hilfsbereitschaft potentiellen Patienten gegenüber auch der Feuerwehr überlassen hätte. Nun hat man den Salat und wird ihn auslöff.... ähh... gabeln müssen.
Ich würde den Patienten mal primär als eigen- und weniger fremdgefährdend einschätzen, aber meine Füße brav bis zum Eintreffen der Polizei aus der Wohnung lassen. Dafür aber schon mal den Koffer (oder habt ihr im LalaLand Rucksäcke? Die wären jetzt die schlechteren Argumente... :-wow ) in Griffweite als Argumentationshilfe bei einem versuchten Angriff.
Ansonsten erst mal den Patienten unaufgeregt ansprechen, nach seinem Namen fragen, fragen, ob er uns oder den Bekannten angerufen habe und was denn passiert sei. Ganz ruhig, völlig unaufgeregt und weit weg von jeglichem Aktionismus bitte. Bis wir die ersten Sätze aus dem Schätzchen rausgebracht haben, sollte die Polizei auch eingetroffen sein und uns mit tatkräftiger Unterstützung zur Seite stehen, falls das Teppichmesser in seiner Hand doch noch gegen einen von uns gerichtet werden sollte. :-)

Rugger
24.02.2007, 19:50
Schlauberger. Weswegen hat er denn dann telefonisch angekündigt, sich was antun zu wollen???Damit die Rettung mit Rums in seine Wohnung stürmt? Mit Sicherheit nicht!!!

R.

Duncan84
24.02.2007, 20:10
Damit die Rettung mit Rums in seine Wohnung stürmt? Mit Sicherheit nicht!!!

R.

Naja, wenns jemand telefonisch ankündigt, will er sich nicht wirklich umbringen, behaupte ich mal, sondern will durchaus gerettet werden - der berühmte Hilferuf. Wer sich wirklich umbringen will, macht es so, dass er nicht gerettet werden kann.

Rugger
24.02.2007, 20:19
Naja, wenns jemand telefonisch ankündigt, will er sich nicht wirklich umbringen, behaupte ich mal, sondern will durchaus gerettet werden - der berühmte Hilferuf. Wer sich wirklich umbringen will, macht es so, dass er nicht gerettet werden kann.A) Es hat laut Szenario ein Bekannter angerufen.
B) Spielt er sich mit einem Teppichmesser am Hals rum - spricht eher nicht für einen geplanten Suizid - also logischerweise eher unwahrscheinlich, daß er den Suizid durchziehen will. Demnach ebenso unwahrscheinlich, daß er das Messer genau in dem Moment gegen sich selbst einsetzt, in dem der Rettungdienst eintrifft.
C) Gilt es in so einer Situation erstmal zu deseskalieren - ob "Tür aufbrechen" dazu zählt, wage ich erstmal zu bezweifeln. Andere Option: den Patienten außer Gefecht setzen: Aufgabe des RD? Wage ich ebenso zu bezweifeln...

R.

Schädelspalter
25.02.2007, 02:26
Und wenn er sich zwischenzeitlich die Gurgel durchschneidet, kriegste Probleme wegen unterlassener Hilfeleistung.

Ein professioneller Rettungsdienst ("Also Durchführung im Auftrag der Stadt, des Kreises ..."), kann IMHO nicht wegen unterlassener Hilfeleistung belangt werden.
Aufgrund der Garantenstellung, die man für den Patienten innehat, wird man daher immer wegen "Körperverletzung durch Unterlassen" bzw. "Tötung durch Unterlassen" belangt, mit einem deutlich höheren Strafmaß als die "einfache" unterlassene Hilfeleistung beim Zivilisten.
Dennoch kann man aufgrund der Garantensellun den Eigenschutz nicht außer Acht lassen, so dass sich die Lage jetzt als komplizierte Situation darstellt.

Hypnos
25.02.2007, 07:11
So, dann wollen wir mal weitermachen...
Als wäre alles nicht schon schlimm genug, gibt der Mann an, sich sofort! die Kehle durchzuschneiden, sobald er auch nur einen Polizizten sieht. Also schnell Meldung durch die RTW - Besatzung an die Leitstelle, daß die POL möglichst ohne Sonderrechte und unauffällig zum Einsatzort kommen soll.

Der Notarzt (mit einer gewissen Erfahrung in solchen Situationen) entschließt sich dazu, in gebührlichem Abstand (ca. 5 m) von der Wohnungstür aus ein Gespräch zu beginnen. Hier werden insbesondere mal die Umstände, die zu dieser Situation geführt haben, erläutert, und es erscheint so, als brauche der Mann primär mal jemanden zum Reden... Die Agitiertheit lässt nach, daß Messer ist allerdings immer noch am Hals. Der Rettungsdienst steht derweil hinter! dem NA im Flur und beobachtet das Geschehen. Einer ist unten an der Tür, um die ankommende POL zu informieren....

Skalpella
25.02.2007, 09:29
Ich dachte immer, dass Rettungsdienst und Notarzt im Fall "angedrohter Suizid" lediglich gerufen werden falls doch was passiert (?).
Da die wenigsten Notärzte für einen derartigen Fall ausgebildet sein werden, würde ich das den Spezialisten von der Polizei (sollte es in einer 1/4mio Einwohnerstadt geben) überlassen und mich ruhig verhalten, bis diese eingetroffen sind. Ist jetzt natürlich alles viel zu spät( :-keks ), jetzt muss man halt reden... :-)
PS: Man sollte annehmen, dass sie Polizei nicht in einer Megasondersignalfahrt zu einem Suizidalen fährt. Wäre jedenfalls zu hoffen...

Evil
25.02.2007, 10:13
Kleine Anmerkung: im Ruhrgebiet werden die RTWs und NEFs überwiegend durch die Berufsfeuerwehr besetzt (zumindest in den Innenstädten), d.h. zumindest die Feuerwehr IST schon vor Ort.
Ich würde es zwar auch vorziehen, auf den grünen Trachtenverein zu warten, habe aber auch schon erlebt, daß 10min bis zu dessen Eintreffen vergangen sind.

Und nu ist die Tür offen.

Tja, außer gutem Zureden und Abstandhalten kann man da jetzt nicht viel machen... können wir den Mann bewegen, sein Messer zur Seite zu legen?