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Deutsches Krankenhausinstitut warnt: Bis 2019 fehlen über 37.000 Ärzte

Mangel, Schwund, zu wenig Nachwuchs

Klaus Dercks (Gastartikel Westfälisches Ärzteblatt)

 

Das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) rechnet mit einer deutlichen Verschärfung des Ärztemangels. Bis zum Jahr 2019, prognostiziert das DKI in einer Studie im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft, werden in Deutschland insgesamt 37.400 Ärztinnen und Ärzte fehlen.

Die nach Angaben des DKI repräsentative Befragung von 450 Krankenhäusern in der Bundesrepublik ergab, dass derzeit 5.500 Vollzeitstellen im Krankenhaus nicht besetzt werden können. Das entspricht rund 6.000 Ärztinnen und Ärzten oder 4,1 Prozent aller Stellen. Besondere Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung haben kleinere Häuser, psychiatrische Kliniken und Krankenhäuser im ländlichen Raum. Insbesondere die Psychiatrie und die Innere Medizin sind „Mangelfächer“. Dabei fehlt es am ehesten an Assistenzärzten, hier sind 4,8 Prozent aller Stellen unbesetzt, bei den Chefarztstellen bleibt hingegen nur jede 100. vakant. Die Folgen: Die Krankenhäuser sehen Probleme bei der Arbeitszeitorganisation und Überlastung von Ärzten, mehr Fehler und Wartelisten für Patienten drohen.

Personaldecke ist immer zu knapp

Und es wird noch schlimmer, prophezeit das DKI. Bis 2019 müssten 108.000 neue Ärztinnen und Ärzte ausscheidende Kolleginnen und Kollegen ersetzen. Dazu brauche das Gesundheitswesen knapp 31.000 Ärztinnen und Ärzte zusätzlich: um die jetzt schon vorhandenen Lücken im Krankenhaus zu schließen, vakante Vertragsarztsitze zu besetzen, den demografischen Wandel in der Patientenversorgung aufzufangen und auch, um zuneh mend in Teilzeit „geteilte“ Arztstellen ganz zu besetzen. Zwar immatrikulieren sich rein rechnerisch genügend Medizinstudenten. Doch die Schwundquote, warnt das DKI, sei dramatisch.
Etwa jeder Dritte der im Jahr 2000 gestarteten Kommilitonen habe das Handtuch geworfen, bevor er in der Versorgung ankam. Die Personaldecke im Krankenhaus, konstatiert das DKI, ist in jedem Fall zu knapp. Doch auch jeder niedergelassene Arzt startet seine Berufslaufbahn im Krankenhaus: Würde man die Abwanderung von Ärzten aus den Kliniken in die ambulante Versorgung redu zieren, könnte der Bedarf auch dort nicht mehr gedeckt werden.

Als einen Hauptgrund für den Ärztemangel im Krankenhaus macht das DKI die Novellierung des Arbeitszeitgesetzes im Jahr 2004 aus. Es gibt zu wenige Schultern, um die vorhandene und neu hinzukommende Arbeit zu verteilen, Neueinstellungen wären erforderlich. Auch die Abwanderung ins Ausland mache den Kliniken zu schaffen. Von 2000 bis 2008 seien 19.300 Ärzte aus Deutschland abgewandert, aber nur 13.900 zugewandert – 5.400 Mediziner gingen unter dem Strich für die Patientenversorgung verloren. Die Arbeit im Krankenhaus selbst tut ein Übriges. Hohe Arbeitsbelastungen, lange Arbeitszeiten und die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf treiben Ärzte aus der Kuration, zunehmend mehr Ärztinnen wollen ihren Beruf im Interesse der Familie lieber in Teilzeit ausüben.
Mangel mit mehr Geld heilen?

Was tun die Krankenhäuser?

Geld ist für viele Kliniken noch immer das probate Anreizmittel, ergab die DKI-Studie. Zum Beispiel, um Fortbildungskosten für Ärztinnen und Ärzte zu übernehmen, doch natürlich auch für außer- und übertarifliche Bezahlungen – je größer der Ärztemangel, desto größer die Bereitschaft, das Portemonnaie zu öffnen. 60 Prozent der befragten Kliniken setzen auf Personalagenturen und Leihärzte, 39 Prozent der Häuser gehen im Ausland auf Arztsuche. Auch Vertragsärzte, zeitlich befristet angestellt, sollen in einem Viertel der befragten Kliniken die Lücken schließen helfen.

Gute Weiterbildung gegen den Assistenzarzt-Mangel

Doch auch in der Weiterbildung – immerhin werden vor allem Assistenzärzte gesucht – setzen die Kliniken den Hebel an. „Instrumente zur Förderung der ärztlichen Weiterbildung haben ... eine besondere Bedeutung“, konstatiert das DKI. Standardisierte Weiterbildungspläne und „Zusagen zur Einhaltung der vorgesehenen Weiterbildungszeiten“ gehören dabei für viele Krankenhäuser zum Repertoire; immer noch rar seien Tutoren- und Mentorensysteme, die Assistenten locken könnten. „Eine mitarbeiterorientierte Organisation der Weiterbildung kann Stellenbesetzungsproblemen im Ärztlichen Dienst also zumindest teilweise vorbeugen“, stellt das Krankenhausinstitut fest.


Familie und Beruf vereinbar machen

Punkte sammeln können Kliniken bei ihren Ärzten und besonders Ärztinnen nicht zuletzt, wenn sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. „Denn in Krankenhäusern mit betriebseigener Kinderbetreuung fällt der Ärztemangel etwas niedriger aus als in anderen Krankenhäusern.“ Nur 15 Prozent der Kliniken haben solche Angebote, immerhin knapp ein Fünftel der Häuser kann auf Kinderbetreuungs plätze in der Umgebung zurückgreifen. Bleibt noch die Arbeit selbst, die Stellenbewerber locken oder auch abschrecken kann: Häuser, die Arbeitsbelastungen und Arbeitszeiten besser organisieren als ihre Mitbewerber, müssen sich seltener mit unbesetzten Stellen plagen.

Bürokratieabbau im Ärztlichen Dienst, weniger Anfragen und Prüfungen durch die MDK und geänderte Zugangskriterien für mehr Studienplätze: Das könnte aus Sicht der vom DKI befragten Kliniken ärztliche Stellenbewerber anlocken.

Sektorengrenzen abbauen

Um die knappen Facharzt-Personalressourcen effektiv zu nutzen, empfiehlt das Deutsche Krankenhausinstitut, die Grenzen zwischen den Versorgungsbereichen abzubauen. Das bedeute eine regelhafte und weit gehende Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung, etwa mit Krankenhausambulanzen. Doch auch freiberuflich tätige Ärzte sollten stärker als bisher in der Klinik mitwirken können, „etwa als Honorar- oder Konsiliarärzte, über Teilzeitanstellungen ... im Rahmen von Praxen oder MVZ auf dem Krankenhausgelände...“.

Auch werde man nicht darum herumkommen, stellt das DKI fest, Krankenhausärzte durch weitere Delegation ärztlicher Aufgaben umfassend zu entlasten. Das Institut schlägt vor, ärztliche Tätigkeiten an vorhandene Gesundheitsberufe zu delegieren (z. B. Pflegeberufe) oder an neue Berufsgruppen, die bislang ärztliche Aufgaben übernehmen („Physician assistants“). „Zu diesem Zweck sind delegierbare Tätigkeiten im Einzelnen festzulegen ... und außerdem die erforderlichen qualifikatorischen und rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.“ Ob die neuen Berufsgruppen akademisch ausgebildet werden sollten, lässt das Gutachten offen.

Die Qualität der ärztlichen Weiterbildung sei zu verbessern, schlägt das DKI vor. Dazu gebe es bereits einschlägige Instrumente, allerdings sollten, so eine Forderung, auch Weiterbildungsordnungen auf Möglichkeiten zur Straffung geprüft werden. Angesetzt werden müsse jedoch schon weit vorher, um Berufsnachwuchs zu gewinnen. Die „Dropout- Raten“ während und nach dem Medizinstudium müssten gesenkt werden, fordert das DKI. Das Institut will ein attraktiveres und praxisnäheres Studium. Auch sollten die Studienkapazitäten erhöht und an den künftigen Ärzte-Bedarf angepasst werden.

Quelle: www.aekwl.de