PJ in Kanada
28.10.2001 - 01.12.2001
Jeannette von Jackowski
Mehr als eine gute Erfahrung wert und selbst mit zwei Kindern kein Problem
Wer die Chance wahrnimmt, über den „deutschen Tellerrand“ hinaus etwas zu sehen, wird reichhaltige Erfahrungen mit nach Hause bringen. Meine Erfahrungen in Kanada waren wahrhaft nur Gute. Die Bewerbungsunterlagen sind sehr unkompliziert und lassen sich über das Internet herunterladen oder per email innerhalb kurzer Zeit anfordern.
Am ersten Tag hatte ich „organisation round“ mit dem Kennenlernen des gesamten Krankenhauses, gleichzeitig erfuhr ich viele interessante Dinge über das kanadische Gesundheitssystem. Dies alles geschieht im Rahmen neuer „Clerks“, die ihren Term dort begannen.
Es waren 10 kanadische Studenten und ich als einzige Ausländerin. Danach hatte ich Computertraining und wurde in die Technik der Vernetzung der gesamten Health Care Corporation eingearbeitet, erhielt mein eigenes Passwort und erhielt noch einmal alles als Kopie zum Nachschlagen ( zum Beispiel wie ich beim Diktieren die Codes in welcher Anwendung benutze). Danach ging die leitende OP-Schwester mit mir durch den OP und erklärte mir die hiesige Händedesinfektion und das Ankleiden nach kanadischem Standard. Es hört sich jetzt an, ob ich das noch nie getan hätte, doch wer woanders hingeht, wird sehen, dass man doch alles auch ganz bzw. sehr viel anders machen kann, als in Deutschland. Das Problem des Patienten und das Ergebnis, ihn zu heilen ist zwar dasselbe, aber dazwischen lernte ich völlig andere Denk- und Arbeitsweisen kennen, die mich sehr bereichert haben und ich nicht mehr missen möchte.
Meine Stellung im Team
Ich wurde in das Team voll eingegliedert, was alle Clerks dort werden; man ist völlig gleichgestellt zu den „house staff“. Angefangen vom Assistieren, Konsultieren und das Einbeziehen meiner Meinung. Ich erhielt einen Pieper, wie das gesamte Team und alle Studenten vom Beginn des Studiums an und war mit diesem Team „on call“ für den Emergency Room ( das war ca. jeden 2. bis 3. Tag).Einen Tag als Beispiel. Morgens um 7 Uhr doctors round mit Kontrolle der Wunden und notieren der progress notes und anliegenden treatments, kein Blutabnehmen, keine Braunülen legen, keine Verbände; das ist alles nurse Tätigkeit. Selbst die auffälligen Blutwerte und die eventuell zu wechselnden Medikamente werden von der nurse vorgeschlagen, und es wird kurz darüber gesprochen und oft vom Arzt nur noch abgezeichnet, weil es absolut richtig von der Krankenschwester war.Waren Probleme bei einem Patienten aufgetreten, notiert die nurse das Problem und der Arzt antwortet darauf mit treatments oder investigations, no more. Danach, so gegen 8 Uhr, eine Stunde Teaching, welches ich fast jeden Tag, also 4-5- mal die Woche hatte. Dies wurde sehr ernst genommen und es wurden Fälle mit allen Kollegen aus diesem Bereich oder interdisziplinär besprochen und darüber diskutiert.
Um ca. 8. 30 bis 9 Uhr ging ich in den OP, wo ein Senior = house staff mit einem jounior resident und mit einem clerk ca. 5 bis 9 Patienten hintereinander operierte. Als clerk bist du immer mit steril, um besser zu sehen und mehr zu lernen, eben aktiver Lernprozess.
Um 4 p.m. ging´s auf die ward
Danach war es meist 4 p.m. und es ging mit dem resident zur „ward“; um eventuell anliegende Probleme zu checken und medical orders etc. zu notieren. Ich war etwa jeden zweiten Tag im Op und lernte somit alle house staff- orthopedics im Op kennen. In den Tagen zwischen den Ops war ich in der Outpatient Clinic, die täglich von zwei seniors abgehalten wurde. Jeder senior hat seinen bestimmten Op Tag und seinen festgelegten Outpatient- Clinic- Tag.
Der Patient kam vom family doctor zum Spezialisten in die OC = Outpatient clinic oder zurück zur Kontrolle o.a. (RTC = return to clinic) oder hierher mit seinem Problem. Hier sah ich den Patienten zuerst, befragt und untersuchte ihn, danach ging ich zum senior, der immer drei Untersuchungsräume hatte und gerade diktierte oder in einem anderen Zimmer war oder schon auf mich wartete. Ich beschrieb ihm kurz zusammengefasst mit Untersuchungsergebnis meinen Befund.Die clinic war so angeordnet, dass jeder senior einen sternförmig angelegten Bereich mit drei Untersuchungsräumen, einem Aufenthaltsraum und einem Raum für die Nurses hatte, die Räume teilten wir meist so auf : einen er, einen der resident und einen der Student.
Nach meinem Befund gingen wir gemeinsam zu dem Patienten, den er manchmal bereits kannte, er untersuchte selbst noch einmal den Patienten und wir besprachen die folgenden Schritte. Im Anschluss diktierte ich den Befund für die Unterlagen und für den Hausarzt. In der Zwischenzeit hatte die Schwester den Raum aufgeräumt, neu die Liege abgedeckt und den nächsten Patienten reingebracht.Lunchtime muss auch sein
Ich ging wieder in den Untersuchungsraum und so weiter von 9 bis noon, dann lunchtime und dann noch einmal bis ca. 4 oder auch mal 6 p.m.. Im Durchschnitt hatte ich allein 15 bis 20 Patienten pro Tag betreut.
So lernte ich einen Tag in der Klinik und am nächsten Tag im OP. Wie gesagt, jeden zweiten Tag zusätzlich on call ohne day off danach.
Fazit: Die Kanadier sind sehr fleißig, aber ausgesprochen nett und freundlich. Sie arbeiten noch mehr als die Deutschen, aber du kommst zufriedener und nicht so gestresst nach Hause nach einem durchaus 12 stündigem Arbeitstag. Es hat mir sehr gut gefallen und ich kann es nur jedem empfehlen.
Anmerkung: Ich hatte noch ein Auslandstertial und habe beide mit zwei eigenen Kindern geschafft zu absolvieren und zu organisieren. Ich möchte allen Studenten Mut machen, denen mit Kindern, dass es möglich ist, auch mit Familie ins Ausland zu gehen. Denen ohne Kinder möchte ich Mut machen, ihr PJ im Ausland zu machen, weil sie im ersten Moment zwar denken:" Oh Gott, soviel ist zu organisieren", aber es ist allein gar nicht so viel! Wenn ich noch einmal die Chance hätte, dann würde ich alle drei Tertiale im Ausland auch mit Kindern, die super Englisch gelernt haben, machen.
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