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Der aggressive Patient

Medizinisches Personal in Lebensgefahr

PD Dr. med. Anja Schneider (Gastartikel MMW)

 

Wir freuen uns, den Besuchern unserer Webseite an dieser Stelle in regelmäßiger Reihenfolge lesenswerte Gastartikel aus der renommierten Zeitschrift MMW Fortschritte der Medizin präsentieren zu können. Am Ende des Artikel findet sich ein Hinweis auf volle 12 Ausgaben eines unverbindlichen und kostenlosen Testabos.


Heutiger Gastbeitrag:
Medizinisches Personal in Lebensgefahr - Der aggressive Patient

Quelle: MMW Fortschritte der Medizin Heft 38, 2010

Spezifische Therapie bei verschiedenen Krankheitsbildern Persönlichkeitsstörungen

Hier sollte eine Psychotherapie, wie z. B. die Dialektisch Behaviorale Therapie, kognitive Verhaltenstherapie, ggf. ergänzt durch soziales Kompetenz- und Antiaggresionstraining im Vordergrund der Behandlung stehen. Pharmakologisch ist die Gabe von Carbamazepin gegen autoaggressives Verhalten bei Borderline- Patienten und von anderen Stimmungsstabilisatoren, SSRI und Olanzapin bei Impulskontrollstörungen mit Fremdaggressivität durch Studien abgesichert.

Schizophrenie

Das Risiko für gewaltsam-aggressives Verhalten schizophrener Patienten korreliert mit dem Schweregrad der Positivsymptomatik, verringerter Impulskontrolle, koexistierenden Persönlichkeitsstörungen, Drogenmissbrauch und mangelnder Medikamenten- Compliance. Aggressivität bei schizophrenen oder schizoaffektiven Patienten spricht auf eine Therapie mit Clozapin an, wobei der antiaggressive Effekt unabhängig von der antipsychotischen oder sedierenden Wirkung von Clozapin sein soll. Die Datenlage bezüglich anderer atypischer Neuroleptika wie Risperidon oder Olanzapin ist dahingegen widersprüchlich.

Aggressivität bei Patienten mit erworbener ZNS-Schädigung

Ein Cochrane Review konnte außer einem geringen Effekt von Betablockern keine durch Studien gesicherte Pharmakotherapie empfehlen. Möglicherweise sind auch hier atypische Neuroleptika, Phasenprophylaktika und Antidepressiva wirksam.

Demenzen

Einen Sonderfall stellt die Behandlung agressiver älterer Patienten mit demenziellen Erkrankungen dar. Aggressives Verhalten ist einer der Hauptgründe für eine Heimeinweisung unter Demenzpatienten und tritt bei 20–60 % aller Patienten während des Krankheitsverlaufs auf.

  • Nicht pharmakologische Intervention:
    Häufig liegen aggressivem Verhalten in dieser Patientengruppe situative Verkennungen, v. a. bei der Körperpflege, Wahnvorstellungen, Depressivität und Schwierigkeiten bei der Kommunikation dereigenen Bedürfnisse (Schmerz, Einsamkeit, Langeweile) zugrunde. Hier kann die Schulung der pflegenden Angehörigen erfolgreich sein, um auslösende Faktoren zu identifizieren und durch Anpassung der Umgebung und des Verhaltens die Aggressivität der Patienten zu reduzieren.
  • Neuroleptika:
    Nur wenn nicht pharmakologische Interventionen erfolglos bleiben und die aggressiven Verhaltensweisen zu einer erheblichen Gefährdung des Patienten oder anderer führen, ist das atypische Neuroleptikum Risperidon mit einer maximalen Dosierung von 1 mg/Tag zur Therapie in Deutschland zugelassen. Eine Metaanalyse verschiedener Atypika konnte lediglich für Aripiprazol und Risperidon eine Wirksamkeit bezüglich Aggressivität nachweisen. In der CATIE-AD Studie war die mittlere Zeitdauer bis zum Absetzen der Studienmedikation wegen mangelnder Wirksamkeit auf Aggression/Agitiertheit für Olanzapin und Risperdal höher als für Plazebo.


Wegen der anticholinergen und sedierenden Nebenwirkungen sollte Olanzapin aber möglichst nicht zum Einsatz kommen. Bereits während der ersten Behandlungswochen ist die Mortalität wahrscheinlich für die gesamte Substanzklasse der atypischen Neuroleptika 1,5-fach erhöht, v. a. durch kardiovaskuläre Nebenwirkungen und Infektionen des Respirationstrakts. Unter typischen Neuroleptika war bei älteren Patienten die Mortalität noch mehr als unter Atypika erhöht. Das typische Neuroleptikum Haloperidol ist vermutlich in seiner Wirksamkeit Risperidon unterlegen und zeigt häufiger extrapyramidale Nebenwirkungen.

Weitere unerwünschte Wirkungen der Atypika sind vermehrtes Auftreten von Harnwegsinfekten, Sedierung, metabolisches Syndrom und Zunahme kognitiver Defizite sowie extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen. Quetiapin wird wegen der nur gering ausgeprägten Effekte auf die extrapyramidale Motorik häufiger im Rahmen einer Off-label-Therapie bei Patienten mit Parkinson- und Lewy- Körperchen-Demenz eingesetzt, obwohl ein klinischer Nutzen bezüglich schwieriger Verhaltensweisen nicht durch Studien abgesichert ist. An Nebenwirkungen sind eine mögliche Verlängerung der QTc-Zeit und Hypotonien zu beachten. Eine Dosissteigerung sollte langsam und maximal in 25-mg-Schritten, beginnend mit 12,5 oder 25 mg erfolgen.
Bei jeder Therapie mit Neuroleptika sollten Patienten und Angehörige über das erhöhte Mortalitätsrisiko aufgeklärt und die Therapiedauer möglichst kurz gehalten werden (sechs bis zwölf Wochen).
  • Cholinesteraseinhibitoren:
    Eine Wirksamkeit von Cholinesteraseinhibitoren auf Agitiertheit konnte für Donepezil und Galantamin im Rahmen plazebokontrollierter Studien nicht nachgewiesen werden.
  • Memantin:
    Memantin zeigte dagegen einen positiven Effekt auf Agitation bei Demenzpatienten und könnte helfen, Neuroleptika einzusparen.
  • Valproat:
    Valproat ist in hohen Dosen zwar wirksam, wegen der Nebenwirkungen unter hochdosierter Gabe aber häufig nicht in der Praxis einzusetzen.
  • Carbamazepin:
    Auch für Carbamazepin wurde ein positiver Effekt auf Agitation/Aggressivität nachgewiesen. Die Substanz ist in dieser Indikation nicht zugelassen.
  • Antidepressiva:
    Unter den Antidepressiva wird Citalopram eine positive Wirkung auf Agitation/ Aggression zugeschrieben, die der von Risperidon bei deutlich weniger Nebenwirkungen vergleichbar sein soll.
  • Benzodiazepine:
    Benzodiazipine sollten wegen des Abhängigkeitspotenzials, möglicher paradoxer Wirkung, Sturzgefahr und negativem Effekt auf kognitive Defizite bei Demenzkranken oder älteren Patienten vermieden werden.
Hinweis: Dieser Artikel stammt aus (MMW Fortschritte der Medizin, Heft 38, 2010). Er wurde mit freundlicher Genehmigung der Redaktion MMW Fortschritte der Medizin hier präsentiert.

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