Goldene Zeiten
Interviews mit jungen Ärzten zur Stellensuche
MEDI-LEARN (Redaktion)
Wie viele deiner Anfragen wurden überhaupt beantwortet?
Fast alle Bewerbungen werden „früher oder später“ beantwortet. Es kommt nur äußerst selten vor, dass erst auf Nachfrage oder sogar keine Reaktion kommt: Selten liegt die Antwortquote bei weniger als 80 Prozent, bei keinem Einzigen unter 50 Prozent.
Wie viele waren positiv?
Die Mehrheit der Ärzte gibt an, dass alle oder fast alle ihrer Anfragen positiv beantwortet wurden; also mit der Aufforderung, Bewerbungsunterlagen einzusenden oder zum Vorstellungsgespräch zu erscheinen. Bei einigen der Befragten wurden „nur“ um die 50 Prozent positiv beantwortet. Die Quote scheint abhängig vom gewünschten Fach und von der Art der Bewerbung zu sein: Bei offenen Stellen ist sie erwartungsgemäß höher. Nur einzelne bekamen deutlich weniger als 50 Prozent positive Antworten. Ein Arzt fasst seine Erfahrung zusammen: „Früher ein Drittel, mittlerweile zwei Drittel.“ Wenn es Absagen gab, dann eigentlich immer nur aus dem Grund, dass gerade keine Stelle frei war. Doch selbst dann gibt es Chancen: „Eine Bewerbung wurde mit meinem Einverständnis an eine andere Abteilung gegeben. Auch hier war die Rückmeldung positiv.“ Ein anderer hat diese Erfahrung gemacht: „Auch wenn aktuell nichts frei war, durfte ich zum Gespräch.“ Ein weiterer Mediziner sagte: „Alle Antworten waren positiv…“
Was für Unterlagen wollten deine potenziellen Arbeitgeber sehen?
Die Antwort auf diese Frage lautet meistens: „Nichts Besonderes, die üblichen Unterlagen.“ Das sind Anschreiben, Lebenslauf, Approbationsurkunde und Examenszeugnis. Wenn vorhanden, auch die Promotionsurkunde. Die wichtigste von allen Unterlagen scheint dabei die Approbationsurkunde zu sein, denn die wollte der Arbeitgeber immer sehen. Bei Bewerbungen vor der Approbation wurden stattdessen Famulaturbescheinigungen und Notenübersicht benutzt und die Approbationsurkunde nach dem Examen nachgereicht. Einige der interviewten Ärzte erwähnen ein gutes Passbild, (berufliche) Auslandsaufenthalte und Empfehlungsschreiben – diese sind sogar ab und zu Pflicht. Abstracts von eigenen Veröffentlichungen und fachnahe Studentenjobs oder Ausbildungen bringen Pluspunkte. Häufig sollen auch die PJ-Zeugnisse mit rein, da Arbeitgebern oft das PJ-Wahlfach wichtig ist.
Wenn man nicht frisch von der Uni kommt, sind Zeugnisse bisheriger Arbeitgeber, der OP-Katalog und Fortbildungsbestätigungen wichtig. Nur selten werden Dinge wie Physikums- oder sogar das Abiturzeugnis verlangt. Dinge, die für die Stelle irrelevant sind, gehören auch nicht in die Bewerbung. Hier heißt es abzuwägen, was wirklich unwichtig ist und was eventuell „Softskills“ beweist, z.B. Trainertätigkeit oder Auszeichnungen bei Vereinen. Einer der befragten Ärzte fasst die aktuelle Meinung zum Thema Bewerbungsunterlagen zusammen mit: „So wirklich was sehen wollte keiner - man wurde immer gleich gefragt: “Warum dieses Fach und wann wollen Sie anfangen.“
Wie sind im Moment die Berufschancen für Medizin-Absolventen?
Die Ärzte sind einhellig der Meinung: sehr gut! Die Arbeitslosigkeit unter Ärzten ist verschwindend gering (aktuell unter 1%) und die Auswahlmöglichkeit groß. Dabei gilt aber: „Irgendeine Stelle bekommt man auf jeden Fall. Um die Traumstelle muss man aber ringen.“ Dabei gibt es nach den Aussagen der Interviewten Unterschiede je nach Fach, Region, Ansprüchen und der eigenen Situation.
- Fach: Es gibt begehrte und weniger begehrte Fächer, aber auch in Letzteren sind die Chancen nicht wirklich schlecht. Aktuell ist es wohl besonders schwer, in Pädiatrie und Gynäkologie eine Stelle zu bekommen. In Psychiatrie und Anästhesie sieht es im Moment dagegen sehr gut für Bewerber aus. Zu den Fächern Innere Medizin und Chirurgie sind die Aussagen verschieden. Die Chancen scheinen hier auch von der Art des Krankenhauses abhängig zu sein – in Unikliniken und Lehrkrankenhäusern tendenziell schlechter.
- Region: Räumliche Flexibilität hilft auf jeden Fall bei der Suche nach einer Traumstelle; sie erhöht einfach die Chancen. Großstädte sind eher überlaufen, außerhalb von Ballungszentren ist die Auswahl an Stellen größer.
- Ansprüche: Es gibt sehr große Unterschiede in der Qualität der Weiterbildung, dem Umgang mit Überstunden, im Dienstplanmodell und in der Bezahlung. Auch die Arbeitsatmosphäre und die Möglichkeit, Beruf und Familie zu vereinbaren, sind sehr verschieden von Station zu Station. „Wo alles stimmt, d.h. Bezahlung, Dienstplanmodell usw., sind keine Stellen offen“ sagt einer der Ärzte überspitzt.
- Situation: Bewirbst du dich nach der Uni oder aus einer alten Stelle heraus, sind die Chancen in der Regel besser als bei Bewerbern mit längeren nicht-medizinischen Auszeiten. Einer der befragten scheint sich auch mit alternativen Berufsmöglichkeiten für Ärzte auszukennen: „Schlechte Chancen, wenn man nicht in eine Klinik oder Praxis möchte, z.B. in den Medizin-Journalismus, TCM, Medizinrecht, MBA, Controlling, Qualitäts- oder Gesundheitsmanagement.“
Hast du Tipps für junge Ärzte auf Stellensuche?
Einerseits sollte man sich nicht zu viel Stress machen „die freie Zeit genießen – der Job kommt schneller, als man denkt. Die Krankenhäuser stellen zeitnah ein.“ Andererseits sollte man sich bei begehrten Stellen je nach Fachrichtung und Region früh genug bewerben „also im Laufe des letzten Tertials Initiativbewerbungen schicken.“ Es lohnt sich, die Unterlagen soweit wie möglich beisammenzuhaben, um sie bei Bedarf blitzschnell absenden zu können „bei einer beliebten Stelle zählt manchmal jeder Tag.“ Man sollte „viel suchen, sich viel informieren und mindestens fünf Bewerbungen rausschicken, um ein Gefühl für den eigenen Marktwert zu bekommen. Dann zu zwei bis drei Gesprächen gehen, um einen Vergleich zu haben.“
Oft betont wird auch, wie wichtig es ist, sich bei Kollegen vor Ort zu erkundigen: Wie sind die Arbeitsbedingungen? Wie die Dienstpläne? Die Personaldecke, die Urlaubszeiten, das Gehalt, der tatsächliche Stellenschlüssel? Auch die geplante Einarbeitung ist wichtig und ganz besonders die Weiterbildungsermächtigung des Chefs und ganz allgemein, wie die Weiterbildung durchgeführt wird. Sich zu informieren ist noch aus einem anderen Grund wichtig: Um nicht völlig blauäugig zum Vorstellungsgespräch zu erscheinen. Beim Gespräch selbst solltest du „Fragen stellen, eigene Vorstellungen ansprechen, pokern und selbstbewusst, aber nicht frech auftreten.“
Neben den harten Fakten ist auch die Atmosphäre wichtig. Die Kollegen wird man wahrscheinlich öfter sehen als die eigene Familie – das muss einfach passen. „Hätte ich mich nur aufgrund des Bewerbungsgesprächs entschieden, hätte ich eine andere Stelle genommen.“ Deshalb empfehlen viele eine Hospitation von wenigen Stunden bis einigen Tagen: „wenn Probetag angeboten – unbedingt machen! Da bekommt man einen Einblick in das Team.“
Danach heißt es: Mit Bedacht wählen, das Beste aussuchen, nicht gleich die erstbeste Zusage nehmen, nicht unter Wert verkaufen! Ein weiterer Hinweis ist, die Stelle auch nach Bauchgefühl auszusuchen. „Niemals sollte man versuchen, sich selbst zu betrügen, indem man sich das Haus, das einem die Stelle anbietet, schön redet.“ Manchmal lohnt sich auch eine Beratung, bevor der Vertrag unterschrieben wird, z.B. durch Hartmannbund oder Marburger Bund.
Ein Tipp noch aus einem Interview: „Macht eure Doktorarbeit vorher fertig! Lieber zwei Monate ohne Job, als beides parallel.“