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Das Praktische Jahr im Medizinstudium: Ausbildung oder Ausbeutung?

Aktion PJ Vergütung

Fabian Spies

 

Jeder Student der Humanmedizin muss im Rahmen seines Studiums ein Praktisches Jahr (PJ) ableisten. Das dauert zwölf Monate und schließt sich an den Abschluss der theoretischen und praktischen Ausbildung, die wiederum mindestens zehn Semester umfasst, an. Besagtes PJ ist unterteilt in drei Abschnitte à vier Monate (Tertiale). Die Medizinstudenten werden in den Disziplinen Innere Medizin, Chirurgie und in einem Wahlfach ausgebildet. Das geschieht entweder in den Universitätskliniken oder in den Lehrkrankenhäusern der jeweiligen Universitäten. Ziel des PJ ist die Festigung der im klinischen Abschnitt vermittelten theoretischen und praktischen Fähigkeiten sowie die Erweiterung des Wissens und Erlangung arztspezifischer Fertigkeiten. Darum ist es letztlich Kern der medizinischen Ausbildung. Im Anschluss daran folgt das Staatsexamen, in dem der Stoff der gesamten klinischen Ausbildung abgefragt wird.

Während des PJ arbeiten die Studenten mindestens 38,5 Stunden pro Woche. Bezahlt wird diese Tätigkeit nur in Ausnahmefällen. So weit klingt alles einleuchtend. Die Sache hat aber einen Haken: Anstatt das PJ zur weiteren Wissensaneignung nutzen zu können, werden die Studenten oft zur Verrichtung quasiärztlicher Tätigkeiten herangezogen. Kliniken setzen „PJler“ als „Mädchen für alles“ ein: Im Operationssaal verkommt der Student zum „biologischen Hakenhalter“, auf Station ist er für die Blutentnahmen und Patientenaufnahmen verantwortlich. Der Lernaspekt kommt dabei zu kurz. Ein geregelter Stationsalltag ohne diesen Einsatz der Medizinstudenten ist vielerorts nicht mehr zu garantieren. Von PJlern wird in Klinikkreisen teilweise abschätzig von „Sklaven“ gesprochen.

Blutentnahmen, Patientenaufnahmen, intravenöse Verabreichungen von Medikamenten, Verbandwechsel, Assistenzen bei Operationen, Verfassen von Arztbriefen, Dokumentationsaufgaben etc.: Das sind die oft mit Überstunden verbundenen Aufgaben, die PJler tagtäglich leisten und die Stationsärzte erheblich entlasten. Ohne Zweifel sind diese Aufgaben in entsprechendem Umfang für die Ausübung des Arztberufs relevant. Den Grundgedanken des PJs erfüllen sie jedoch nicht.
Der Vergleich stellt keinesfalls zufrieden: Rechtsreferendare bzw. Lehrreferendare erhalten für ihre praktische Ausbildung ein Entgelt (bis zu 1000 Euro). Das gilt für PJler mit wenigen Ausnahmen bislang nicht. Der Medizinstudent darf sich das Krankenhaus, in dem er das PJ absolviert, nicht einmal aussuchen. Die Zuweisung der Universität erfolgt per Zufallsprinzip. Hinzu kommt, dass der Student seine Arbeitskleidung – wenn überhaupt – häufig nur leihweise vom Krankenhaus bekommt. Selbst das Mittagessen muss er oft selber bezahlen. Die Folge: Viele PJler leben in dieser Ausbildungsphase am Existenzminimum. Sie müssen einen Kredit aufnehmen oder am Wochenende und an freien Tagen arbeiten gehen. Ein Anspruch auf Vergütung und Urlaub besteht nicht, da es sich per Definition um „verrichtete Tätigkeiten“ und nicht um „Arbeit“ handelt. Diese Umstände führen vermehrt dazu, dass Medizinstudenten Teile ihres PJs im Ausland ableisten. Dort sind die Lernbedingungen meist deutlich besser. Zudem wird die Ausbildung dort mit rund 500 Euro pro Monat vergütet.

Zur großen Zufriedenheit der Medizinstudenten macht ein Klinikkonzern seit Anfang des Jahres vor, dass es auch anders geht und zahlt seinen PJlern 400 Euro pro Monat. Das soll bald für alle gelten. Um die PJler stärker für ihre Arbeit zu motivieren und die Gefahr der weiteren Abwanderung junger Ärzte ins Ausland zu stoppen, haben die Medizinstudenten im Hartmannbund die Aktion „PJ-Vergütung“ ins Leben gerufen. Sie fordern die allgemeine Einführung einer PJ-Vergütung von mindestens 400 Euro. Zur Erlangung dieses Ziels rufen sie zum bundesweiten Protesttag am 13. Juni 2007 auf. Zwischen 11 und 14 Uhr sollen sich Studenten und engagierte Ärzte an allen medizinischen Fakultäten Deutschlands versammeln und genau diese Forderung verlautbaren.
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