Famulaturbericht Brescia /Italien
August/September 2002
Yvonne Winkler
Ich hatte an der Schule bereits 5 Jahre Italienisch gelernt und davon aber während meines Studiums schon einiges vergessen. Damit das nicht so weiterging und ich sowieso schon immer mal ins Ausland wollte, bot sich Italien an. Außerdem reizten mich Temperatur und Mentalität, ganz zu schweigen von Pasta und Pizza.
Speziell nach Brescia wollte ich eigentlich nur wegen der positiven Famulaturberichte, die ich auf der dfa-Seite gelesen hatte...
Da meine Italienischkenntnisse nicht mehr ganz frisch waren, habe ich die ersten zwei Wochen meines Italien Aufenthaltes in Florenz verbracht, um dort an einer Sprachschule wieder einiges hervorzukramen. Das war dann auch recht erfolgreich, so daß ich – Gott sei Dank – sprachlich gut genug zurechtkam, um auch telefonisch einige Dinge zu klären (Hotelbuchung, Reservierungen, Erfragen von Öffnungszeiten etc.). Prinzipiell kommt man mit Englisch in Touristenorten zurecht, es gibt aber sehr viele Italiener, die des Englischen nur schlecht oder gar nicht mächtig sind.
In der Planung war die Famulatur etwas chaotisch, da die Unterlagen aus Italien recht spät eingetroffen sind, mit falschen Telefonnummern (sehr ärgerlich!) und ungültigen E-mail-Adressen versehen waren und außerdem die Postadresse, an welche die Card of Confirmation gesendet werden sollte, nicht mitgeteilt wurde. Ich habe aber erfahren, dass ich noch Glück hatte, denn bei einigen anderen wurden überhaupt keine Unterlagen versendet, sondern nur mündliche Zusagen gemacht...
Nach einiger Zeit und Telefonnummernforschung habe ich dann einen Mitarbeiter von SISM (italienischer dfa) erreicht, der mich dann abgeholt und zum Wohnheim gebracht hat. Nach ungefähr 3 Minuten ließ er mich und eine polnische Studentin, welche kurz vorher eingetroffen war, dort zurück (So morgens). Informationen, wie alles Weitere ablaufen sollte und wann bzw. wo wir uns einzufinden hatten, hatte er nicht. Zufällig haben wir dann auf unseren Erkundungstreffen einen 2. SISM-Mitarbeiter getroffen, der meinte, er habe gehört, wir könnten erst Dienstags anfangen und hätten den Montag noch frei, aber sicher sei er nicht und der Verantwortliche (SISM-Mitarbeiter Nr.1) nicht mehr zu erreichen.
Dienstag morgens wurden wir dann zu unseren Stationen gebracht. Hier ist vielleicht noch zu erwähnen, daß Wünsche, was Fachgebiete anging, nicht im geringsten beachtet wurden. Obwohl auf allen Stationen Famulanten wahllos verteilt wurden, bekam bis auf eine Ausnahme keiner seine „Wunschstation“ und auch ein Wechsel war aus „versicherungstechnischen Gründen“ nicht möglich. So landete ich, statt wie erhofft auf der Gynäkologie, auf der traumatologischen Orthopädie.
Mein großes Glück war, dass ich mich auf Italienisch mit Personal und Patienten unterhalten konnte, denn mit Englisch kam man dort nicht sehr weit und auch die Bemühungen der Ärzte um die nicht Italienisch sprechenden Famulanten waren deutlich geringer. So hatte ich aber immerhin eine Ärztin, der ich mich an die Fersen heften konnte und die auch bereitwillig Fragen beantwortete und mich Wunden mitversorgen lies.
Eindrücke und Erfahrungen im Lande
Viele der anderen Studenten wurden aufgefordert entweder gar nicht zu kommen, da sich ja keiner mit ihnen unterhalten konnte oder nach spätestens 1 ½ Stunden nach Hause geschickt. Persönlich für uns zuständige Ärzte gab es nicht und dank eines recht komplizierten Rotationsplanes über Ambulanzen, Stationen und Ops waren die Ärzte, die man kannte, von einem Tag auf den anderen oft spurlos verschwunden... Ich habe trotzdem recht viel gesehen, da ich die Visiten mitgemacht und auch verstanden und mich sonst im OP aufgehalten habe, aber ich gebe zu, daß – wenn es sowieso keinen interessiert, ob man da ist oder nicht – die Motivation nach einiger Zeit doch deutlich nachlässt, zumal es sehr viele Pjler und AIPler gibt, mit denen man um den Platz am Patienten „kämpfen“ muß. Sogar die Ärzte dort geben zu, dass sie gnadenlos überbesetzt sind...
Wer nicht ganz so viel Wert darauf legt, viel zu lernen, sondern sich lieber ein bisschen erholen will, ist dort genau richtig. Man kann sich auch ohne Probleme einige Tage freinehmen, was von vielen genutzt wurde, um z.B. nach Rom zu fahren.
Die Hygiene wurde auf meiner Station in der Tat etwas anders gehandhabt, als in Deutschland. So wurde zwar viel Wert auf sterile Tupfer etc. gelegt, diese aber, wenn die sterilen Pinzetten ausgegangen waren, eben mit der Hand angefasst. Ich habe auch gesehen, daß Leute, die schon steril gewaschen waren (was zuerst mit einem Povidon-Jod-Schwamm und anschließend mit Seife geschieht...!), sich nochmals am Kopf gekratzt haben, ohne daß das jemanden störte...
Auch fand ich es sehr interessant zu sehen, daß die Patienten sich bei den Ärzten entschuldigten, wenn sie bei der Wundversorgung Schmerzen hatten... Das Verhältnis zwischen Pflegepersonal und Ärzten war sehr gut. Keiner kam sich besser oder schlechter vor und alle waren gleichberechtigt. Selbst der Professor hat z.B. den Patienten Hausschuhe angezogen und ihnen aus dem Bett geholfen, was so mancher deutsche Prof mit Sicherheit nicht tun würde.
Die Unterbringung im Wohnheim war recht unterschiedlich, da einige im „neuen Trakt“ in Einzelzimmern mit Dusche und WC wohnten, andere im „alten Trakt“ mit 1-5er Zimmern und Gemeinschaftsbad. Da der „alte Trakt“ nun aber saniert wird, wird sich das bis zum nächsten Jahr mit Sicherheit ausgeglichen haben.Die Sanierung des alten Traktes, die am 26.9. beginnen sollte, wovon wir aber bis zum 23.9. nichts wussten, führte dazu nebenbei noch zu anderen Verwicklungen: Eigentlich sollte die Famulatur vom 1.-31. September laufen, fand dann aber für einige schon vom 25.8. – 25.9. statt, worüber aber nicht alle Betroffenen informiert waren. Dies führte dazu, daß am 25. die Ärzte überrascht waren, daß wir schon da sind (einige Stationen waren noch wegen „Sommerferien“ geschlossen). Anderen Studenten wurde diese Verschiebung ebenfalls nicht mitgeteilt, so daß sie erst am 1.9. eintrafen und dann am 23.9. erfuhren, daß sie bis zum 25.09. ihre Zimmer geräumt haben mussten (= nicht voll abgeleistete Famulatur, Hotelkosten, Flugumbuchungen etc...), da nun die Räumung des alten Traktes beginnen sollte.