NC abschaffen – wer darf jetzt studieren?
Der ideale Bewerber
Nina Dalitz
In deutschen Krankenhäusern fehlen mehrere tausend Ärzte. Stellenanzeigen quellen über und auf dem Land stehen viele Mediziner vor dem Renteneintritt – ohne Aussicht auf einen Nachfolger. Mitten in die Diskussion um die Lösung dieser Probleme platzt jetzt die Schlagzeile „Rösler plant die Abschaffung des Numerus clausus.“ Dieser Satz allein kann leicht missverstanden werden.
Was soll das bringen: Sollen mehr junge Menschen Medizin studieren? Sollen andere Medizin studieren? Hat der Numerus clausus überhaupt etwas mit dem Ärztemangel zu tun?
„Deswegen plädiere ich für eine Abschaffung des Numerus clausus…“
Gesundheitsminister Philipp Rösler, FDP, ist selber Arzt. Er hat 1992 Abitur gemacht und einen Studienplatz für Medizin erhalten. Er hat über die Bundeswehr studiert. Studienplätze für Humanmedizin sind und waren sehr begehrt, dementsprechend gibt es harte Auswahlkriterien und nicht jeder, der möchte, darf studieren. Dem Auswahlverfahren eilt der Ruf voraus, dass ein sehr gutes Abitur das wichtigste Kriterium ist. Wie viele Andere ist Rösler der Meinung, der Notendurchschnitt allein sage nichts darüber aus, ob jemand ein guter Arzt wird. „Ich finde, da kommt es noch auf ganz andere Faktoren an“ sagt er. „So spielt die Fähigkeit zur menschlichen Zuwendung eine große Rolle.“ Und an diesem Punkt sagt er den berühmten Satz: „Deswegen plädiere ich für eine Abschaffung des Numerus clausus und für eine stärkere Berücksichtigung von Auswahlgesprächen.“
Deswegen plädiere ich für eine Abschaffung des Numerus clausus und für eine stärkere Berücksichtigung von Auswahlgesprächen.
Gesundheitsminister Philipp Rösler
Schon heute ist der Numerus clausus nicht das einzige Kriterium bei der Studienplatzvergabe: Nur 20 Prozent der Studienplätze gehen an die Abiturbesten. Weitere 20 Prozent der Plätze werden an Bewerber mit langer Wartezeit vergeben. Die restlichen 60 Prozent der Plätze können von den 36 Hochschulen selbst besetzt werden. Einige Fakultäten führen zu diesem Zweck Auswahlgespräche, Tests oder komplizierte Berechnungen aus verschiedenen Schulnoten und medizinischen Vorkenntnissen durch. Andere wiederum besetzen auch diese 60 Prozent nach Abiturnote.
Wie die Studienplätze verteilt werden, ist aber nicht der einzige Diskussionspunkt. Sondern auch, ob es nicht mehr davon geben sollte. Wenn Ärzte fehlen, sollte man dann nicht einfach mehr ausbilden?
Füße im Eiswasser
Die Anzahl der Ärzte ist in Deutschland mit 390 je 100.000 Einwohner im internationalen Vergleich recht hoch. Minister Rösler dazu im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Die Zahl allein sagt nicht viel aus. Wenn Sie den Kopf in den Backofen stecken und die Füße in Eiswasser tauchen, dann haben Sie etwa auf Höhe des Bauchnabels Körpertemperatur. Aber gesund ist das nicht. So ist das auch mit der Ärztezahl: Deswegen ist die optimale Verteilung wichtig.“ Viele Ärzte möchten lieber in der Großstadt arbeiten, als auf dem Land. Ein weiterer Grund dafür, dass die absolute Ärztezahl nicht viel aussagt, ist der wachsende Behandlungsbedarf durch die steigende Anzahl alter Menschen.
Studienplatzvergabe unwichtiger Nebenschauplatz?
An Studienwilligen mangelt es nicht. Der Arztberuf ist immer noch angesehen und die Arbeitslosigkeit sehr gering. Jahr für Jahr bewerben sich über vier Abiturienten für jeden einzelnen Studienplatz (rund 50.000 auf 10.000 Plätze). Jeder neu geschaffene Platz könnte sofort mit einem Interessenten besetzt werden. Ob mehr Studienplätze nötig sind, darüber sind sich Politiker, Ärztekammern und auch User des MEDI-LEARN-Forums uneins. Auf dem Weg vom Studienplatz bis zur Entscheidung, als Hausarzt aufs Land zu gehen, gibt es viele Punkte, „wo Leute verloren gehen.“ So wird es nicht ausreichen, als einzige Maßnahme die Anzahl der Studienplätze zu erhöhen. Ausgebildete Mediziner müssen erstens in Deutschland gehalten werden und zweitens eine Tätigkeit als Arzt aufnehmen und sich nicht in Pharmabranche, Beratungskonzern oder Hausfrauendasein verabschieden.
Studienplatzvergabe unwichtiger Nebenschauplatz?
An Studienwilligen mangelt es nicht. Der Arztberuf ist immer noch angesehen und die Arbeitslosigkeit sehr gering. Jahr für Jahr bewerben sich über vier Abiturienten für jeden einzelnen Studienplatz (rund 50.000 auf 10.000 Plätze). Jeder neu geschaffene Platz könnte sofort mit einem Interessenten besetzt werden. Ob mehr Studienplätze nötig sind, darüber sind sich Politiker, Ärztekammern und auch User des MEDI-LEARN-Forums uneins. Auf dem Weg vom Studienplatz bis zur Entscheidung, als Hausarzt aufs Land zu gehen, gibt es viele Punkte, „wo Leute verloren gehen.“ So wird es nicht ausreichen, als einzige Maßnahme die Anzahl der Studienplätze zu erhöhen. Ausgebildete Mediziner müssen erstens in Deutschland gehalten werden und zweitens eine Tätigkeit als Arzt aufnehmen und sich nicht in Pharmabranche, Beratungskonzern oder Hausfrauendasein verabschieden.
Sexappeal des Arztberufes - Attraktivität erhöhen
Selbst die Ärzte, die in Deutschland bleiben, stellen sich nicht zwangsläufig den Kliniken und Praxen des Landes zur Verfügung. Mediziner sind nicht nur in der Gesundheitsbranche begehrte Arbeitskräfte. Viele Studenten werden durch die Arbeitsbedingungen im Praktischen Jahr (PJ), dem letzten Abschnitt ihres Studiums vor der Berufswahl, von der Arbeit als Arzt abgeschreckt.
Viele von ihnen schätzen den Lernerfolg während des meist unbezahlten Jahres als gering ein.Angesprochen auf dieses Problem, sagt Rösler, dass es wichtig ist, die Praxis-Erfahrung als wertvollen Bestandteil der Ausbildung zu erleben und außerdem: „Die medizinischen Fakultäten und die Universitätskliniken sind aufgefordert, das PJ entsprechend attraktiv zu gestalten.“