Zum jetzigen Zeitpunkt, wo du dir erst einmal ein Bild davon machen willst, wie ein Medizinstudium aussieht, scheint das Thema Doktorarbeit noch in ziemlich weiter Ferne zu liegen.
Aber du weißt sicher, dass im Fach Medizin relativ viele Studenten eine Dissertation (also die Doktorarbeit) schreiben, schließlich tragen viele Ärzte den Dr.-Titel vor ihrem Namen. Deswegen möchten wir dir an dieser Stelle wenigstens einige grundlegende Informationen zu diesem Thema vermitteln.
Promovieren oder nicht promovieren?
Das ist hier die Frage. Heutzutage promovieren etwas mehr als 50 Prozent der Studierenden. Im Rahmen der Bewerbungen spielt die Dissertation eine wichtige Rolle: Wer einen Titel trägt, hat schon mal einen Pluspunkt gegenüber Bewerbern, die keine Doktorarbeit absolviert haben. Dennoch ist die Dissertation nicht zwingend erforderlich, es sei denn, man möchte an einer Uni-Klinik die Laufbahn zum Professor einschlagen. Die Entscheidung "promovieren/nicht promovieren" muss jeder Medizinstudent für sich treffen. Nach einigen Semestern Studium ist in der Regel für jeden absehbar, ob er sich eine Dissertation zutraut (und zumutet) oder ob das wissenschaftliche Arbeiten ihm weniger liegt.Die meisten Studenten, die eine Dissertation anfertigen, haben damit zwischen dem fünften und dem zehnten Semester begonnen, also im Verlauf des Hauptstudiums. Einige beginnen auch schon im Ersten Studienabschnitt. Die Prüfung zur Dissertation (Rigorosum) wird aber immer erst nach Abschluss des Studiums abgelegt. Wann man seine Doktorarbeit beginnen sollte, hängt von der persönlichen Leidens- und Organisationsfähigkeit ab: Das Anfertigen einer Doktorarbeit kostet Zeit, Energie und Nerven, also Dinge, die für das Studium an sich (Examina, Scheine machen, Famulaturen etc.) entsprechend fehlen. Wer schon im Normalstudium an seiner Kapazitätsgrenze arbeitet, sollte überlegen, ob eine Anfertigung nach Beendigung des Studiums oder gar ein Verzicht nicht sinnvoller ist. Auf der anderen Seite kann es auch sehr gut für das Studium sein, weil man sich ja mit einem Thema beschäftigt, für das man sich interessiert. Das motiviert. Also wieder einmal: abwägen, was besser ist.
Welcher Doktorarbeitstyp passt zu mir?
Im Groben lässt sich zwischen drei Typen von Doktorarbeiten unterscheiden: Eine statistische Arbeit (Aktenarbeit), eine klinische Studie (auf Station) oder eine experimentelle Arbeit im Labor. Zum Beispiel: Statistische Doktorarbeiten im Rahmen von rückblickenden klinischen Studien (etwa der Vergleich von Werten in Patientenakten, um heraus zu finden, ob Medikament X Einfluss auf den Blutdruck hatte), klinische Studien (Untersuchungen einer Spinalanästhesie am Patienten auf das Blutdruckverhalten und daraus resultierend ggf. Änderung des klinischen Standards) oder aber experimentelle Arbeiten in Forschungslabors (etwa die Untersuchung neuer Varianten des Medikaments Y an Versuchstieren hinsichtlich der Änderung des Blutdruckverhaltens). Wer beabsichtigt, später einmal eine akademische Karriere an einer Hochschule zu durchlaufen, also in der Forschung tätig zu sein und sich zu habilitieren ("Professor zu werden"), dem kann das Anfertigen einer umfassenden experimentellen Doktorarbeit im Labor angeraten werden.
Martin K. hat sich entschieden: "Ganz klar: Ich möchte später in der Forschung tätig sein und vielleicht sogar einmal Dozent an der Uni werden. Außerdem macht mir das Experimentieren im Labor einfach Spaß – auch wenn es manches Mal argen Frust gab. Ich liebe es, mich in Details zu vertiefen!" Martin hat eine experimentelle Doktorarbeit über die Dauer von fünf Semestern in einem Grundlagenlabor zur Herzforschung an Zellkulturen durchgeführt, die er später zur Habilitation ausbauen möchte. Wer sich hingegen sicher ist, später nicht an der Uni, sondern in der eigenen Praxis oder im lokalen Krankenhaus arbeiten zu wollen, sollte sich den Schritt, eine umfassende experimentelle Doktorarbeit anzufertigen, die viel Zeit (bis zu drei Jahren oder mehr) kostet, reiflich überlegen.
Corinna S. hat sich folgendermaßen entschieden: "Warum soll ich mir monateoder gar jahrelang in irgendwelchen Labors die Nächte um die Ohren schlagen, mit den Versuchen hadern und wertvolle Energie und Zeit investieren, wenn ich es auch einfacher haben kann? Ich werde später ohnehin Allgemeinmedizinerin und dafür reicht eine kleine, kompakte Doktorarbeit."
Corinna untersuchte in einer retrospektiven Studie den Einfluss eines Hormonpräparates auf das Thromboserisiko bei Raucherinnen. Die Anfertigung einer weniger zeitraubenden, statistischen Doktorarbeit kann durchaus sinnvoll sein, zum Beispiel, wenn es in der Hausarztpraxis später nicht darauf ankommt, ob man sich während des Studiums in Forschungsarbeiten vertieft hat. Hinsichtlich der Länge unterscheiden sich Doktorarbeiten erheblich: Es gibt Dissertationen, die 30 bis 40 Seiten kurz sind, ebenso gibt es umfassend angelegte Arbeiten mit über 200 Seiten.
Allen Doktorarbeiten gemeinsam ist allerdings, dass man sich die Methoden der wissenschaftlichen Recherche und des wissenschaftlichen Arbeitens aneignet und eigenständig die im Rahmen der Untersuchungen erzielten Ergebnisse als Text anfertigt.
Wenn du dich im Laufe des Studiums näher für ein mögliches Dissertationsthema interessieren solltest, dann ist es auf jeden Fall hilfreich, ähnliche, bereits bestehende Arbeiten einmal überfliegend zu lesen – zum einen, weil du dann ein Gefühl für die Materie bekommst und zum anderen, weil du nicht zu genau demselben Thema promovieren kannst. Warum? Du sollst die Forschung in diesem Gebiet mit einer neuen Fragestellung vorantreiben – denn darum geht es bei einer Doktorarbeit.