Vor Auslandsaufenthalten gründlich informieren
Erfahrungsberichte – Praktisches Jahr (PJ)
MEDI-LEARN (Redaktion)
Mein erstes Tertial habe ich am Klinikum Aachen in meinem Wahlfach Anästhesie absolviert. Ich überlegte, die Weiterbildung in dieser Fachrichtung zu machen, und konnte so außerdem in die Intensivmedizin und Notarzt-Tätigkeit hineinschnuppern. In der Anästhesie habe ich mich sehr wohl gefühlt und sowohl praktisch als auch theoretisch einiges gelernt. Wie viele praktische Fähigkeiten man erlangt, hängt allerdings stark vom zugeteilten Betreuer ab und ob es ein Assistenz- oder ein Facharzt ist.
Ich denke es ist nicht schlecht, das Fach, welches man später ausüben möchte, im deutschsprachigen Raum zu machen. Denn so gut man eine Fremdsprache auch beherrscht, geht doch immer einiges verloren und seien es nur umgangssprachliche Ausdrücke oder ein Dialekt, den man einfach nicht versteht. In den anderen beiden Tertialen kann ich jeden ermuntern, ins Ausland zu gehen. Ich war zum Chirurgie-Tertial in Bolivien, weil mich das Land faszinierte und ich wusste, dass man dort wesentlich praktischer arbeiten darf. Mein drittes Tertial (Innere) fand in Irland statt, denn ich hatte gehört, dass man auf der „Grünen Insel“ sehr fit gemacht wird in Anamnese und körperlicher Untersuchung sowie gezielter Diagnostik.
Bolivien hat mir sehr gut gefallen und ich habe praktisch eine Menge gelernt. Es war allerdings auch extrem anstrengend: Jede dritte Nacht Dienst, ohne dafür den folgenden Tag freizubekommen. Die Fachärzte sind während der Dienste nicht im Krankenhaus anwesend, sondern werden gerufen, wenn Studenten und der diensthabende Assistenzarzt nicht weiter wissen. Aber es sind sehr, sehr freundliche Menschen und es herrschte große Hilfsbereitschaft unter den Studenten. Ich würde das jederzeit wieder machen!
Irland dagegen kann ich nicht empfehlen. Theoretisch habe ich zwar einiges gelernt, aber Studenten dürfen dort keine praktischen Tätigkeiten ausüben. Das betrifft sogar das Blutabnehmen. In dem kleinen Haus, in dem ich war, wurde mir oft langweilig und auch in der Freizeit gab es kaum etwas zu tun, wenn man kein Auto zur Verfügung hat. Ich würde einen Aufenthalt in Irland eher für eine Famulatur empfehlen als für ein PJ-Tertial. Ohnehin sollte man sich gut informieren, bevor man sich für einen Auslandsaufenthalt entscheidet. Am besten spricht man mit jemand, der schon in dem jeweiligen Land war.
Lehrkrankenhaus als Alternative zum Uniklinikum
Ich habe alle drei Tertiale am gleichen Lehrkrankenhaus in Deutschland abgeleistet in der Hoffnung, dass ich da individueller und persönlicher betreut werde als im Klinikum und mehr praktisch tun darf. Was ich aber auch erlebte, war „Ausbeutung“ im Sinne von ständigen Blutentnahmen oder endlosen Einsätzen im OP auch über die eigentliche Arbeitszeit hinaus. Es gab keine Bezahlung, aber in allen Tertialen Mittagessen und in den ersten beiden wurde den PJ-lern die Kleidung gestellt.
Für mich stand früh im Studium fest, dass Gynäkologie später sehr wahrscheinlich meine Fachrichtung wird. Andererseits hatte ich schon im Studium das Gefühl, dass Innere auch echt super ist. Gynäkologie war also in jedem Fall ein geeignetes Wahlfach, weil man da Krebserkrankungen sieht, die man auch in der Inneren betreut und einiges mitnimmt, das man später in jedem Fall gebrauchen kann.