Kleines Haus, großer Lerneffekt
von Gerti Fridgen
Mein Arbeitstag während der Innere-Famulatur in den Kreiskliniken Altötting-Burghausen begann mit der morgendlichen Blutabnahme-Runde. Danach ging ich mit den Ärzten und einmal pro Woche auch mit dem Oberarzt zur Visite. Vor den Zimmern wurden die Diagnosen und Maßnahmen der jeweiligen Patienten noch einmal kurz besprochen und aktuelle Befunde herausgesucht. Ich konnte jederzeit Fragen zu Krankheiten, Pathomechanismen, Untersuchungen, Verlauf, Medikation und Therapie stellen. Alles wurde mit großer Geduld beantwortet. Direkt am Patienten ließen mich die Ärzte, neben vielen anderen Dingen, Herz und Lunge abhören und wiesen mich auf pathologische Geräusche hin.
Nach der Visite folgte die Aufnahme der neu eingewiesenen Patienten. Dies durfte ich, nachdem ich einige Male zugesehen und geholfen hatte, schon bald alleine machen. Die von mir aufgenommenen Patienten stellte ich dann dem zuständigen Assistenzarzt vor und wir besprachen gemeinsam das weitere Vorgehen. Dabei sollte ich immer selbst überlegen, welche Diagnose ich stellen würde, welche Untersuchungen angeordnet werden sollten und wie die weitere Therapie aussehen könnte. Mittags fand eine Röntgenbesprechung statt, in der die neuen Röntgenbilder aller Patienten der Inneren Abteilung vorgestellt und besprochen wurden. So lernte ich während meiner Famulatur auch, Röntgenbilder zu befunden.
Nach dem Mittagessen, das alle Ärzte in der Kantine einnehmen, war der Nachmittag mit der weiteren Aufnahme von Patienten und der sogenannten Kurvenvisite ausgefüllt. Dabei wird jede Patientenkurve noch einmal durchgearbeitet, neue Befunde werden begutachtet und die Diagnose bzw. Therapie angepasst. Ich war rundum in die ärztliche Stationstätigkeit integriert. In der nachmittäglichen Besprechung wurden alle neu aufgenommenen Patienten den anderen Kollegen vorgestellt, gelegentlich unklare Befunde besprochen und das weitere Vorgehen bei einzelnen Patienten diskutiert.
Da es auf den Stationen, die zur Abteilung Innere Medizin gehören (also unter anderem Kardiologie, Gastroenterologie, Hämatologie/Onkologie, Intensiv- und Dialysestation), zu dieser Zeit insgesamt nur zwei Famulanten gab, konnte ich mir sehr viel ansehen. Neben meiner Tätigkeit in der Kardiologie und einigen Tagen, die ich auf der Intensivstation verbrachte, war ich auch eine Woche in der Funktionsdiagnostik. Hier werden alle EKGs und Echokardiogramme durchgeführt. Zur Funktionsdiagnostik gehören außerdem die Endoskopie und das Herzkatheterlabor.
Überall durfte ich zusehen und teilweise auch selbst Hand anlegen. So habe ich unter Anleitung einige Oberbauch- und Pleurasonografien durchgeführt, bei Ergometrien und Punktionen assistiert und viele EKGs befundet. Dabei habe ich wesentlich mehr gelernt als mit jedem Lehrbuch. Es ist ganz etwas anderes, wenn man selbst den Schallkopf in der Hand hält oder ein echtes Herzinfarkt-EKG vor sich hat.
Jeder sollte sich vorher überlegen, was genau er in der Famulatur sehen und lernen möchte, denn nur so können Ziel und Vorstellungen erfüllt werden. Die Entscheidung, in einem kleineren Krankenhaus zu famulieren, war goldrichtig für mich: Alle Assistenzärzte, mit denen ich meine Tage hauptsächlich verbrachte, waren unglaublich nett zu mir und ermutigten mich, viele Fragen zu stellen und möglichst viel selbst zu machen. Es hat mir enorm viel Spaß gemacht, ich habe sehr viel gesehen und gelernt.
Mach dir vor der Famulatur Gedanken und am besten eine Liste, was du gerne lernen, sehen und selber praktisch durchführen würdest. Versuche diese zu Beginn der Famulatur mit deinem Betreuer zu besprechen.